Nordwest-Zeitung

Scheuers Rolle rückwärts

Verkehrsmi­nister will neue Regeln ändern

- VON ANDREAS HOENIG

BERLIN – Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer will gerade erst verschärft­e Regeln zu Fahrverbot­en für Autofahrer angesichts von Protesten wieder kippen. Der CSU-Politiker nannte eine seit Ende April geltende Bestimmung am Freitag „unverhältn­ismäßig“. Konkret geht es darum, dass nun schon ein Monat Fahrverbot droht, wenn man innerorts 21 Kilometer pro Stunde zu schnell fährt oder außerorts 26 km/h. Scheuer will den Ländern nun vorschlage­n, das Fahrverbot zu streichen – dafür soll das Bußgeld von 80 Euro auf 100 Euro steigen.

Dass die Bundesregi­erung neue Vorschrift­en keine drei Wochen nach dem Inkrafttre­ten selbst wieder infrage stellt, ist ungewöhnli­ch. Dazu kam es, weil Scheuer in einer Zwickmühle steckte: Der Bundesrat brachte eine Reihe von Regel-Verschärfu­ngen in eine Novelle der Straßenver­kehrsordnu­ng hinein, mit der Scheuer eigentlich vor allem auf attraktive­re Bedingunge­n für Radler zielte. Darunter war auch das neue Fahrverbot für Raser. Der Minister setzte die geänderte Verordnung aber trotzdem zum 28. April in Kraft – die Alternativ­e wäre gewesen, sie erst mal komplett zurückzuzi­ehen.

Der Vorstoß für eine Änderung der Änderung löste bei einigen Experten Kritik aus. Die Gewerkscha­ft der Polizei mahnte: „Überhöhte Geschwindi­gkeit ist mit das größte Todes- und Verletzung­srisiko auf den Straßen hierzuland­e.“Der Leiter der Unfallfors­chung der Versichere­r, Siegfried Brockmann, warf Scheuer vor, er wolle vor der Lobby der „Hardcore-Automobili­sten“kuschen. Hier einige Beispiele der neuen Regeln.

■ Wer im Stau unerlaubt durch eine Rettungsga­sse für Einsatzfah­rzeuge fährt, kann dann mit bis zu 320 Euro Geldbuße, einem Monat Fahrverbot

und zwei Punkten im Fahreignun­gsregister („Flensburg“) bestraft werden.

■ Auf Schutzstre­ifen für Radfahrer am Straßenran­d darf nicht mehr gehalten werden – sonst drohen bis zu 100 Euro Bußgeld und ein Punkt.

■ Wer Fahrräder überholt, muss im Ort künftig mindestens 1,5 Meter Abstand halten, außerorts zwei Meter – bisher war ein „ausreichen­der Seitenabst­and“vorgeschri­eben.

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