Nordwest-Zeitung

Jäger dürfen auffällige Wölfe abschießen

Niedersach­sens Umweltmini­ster Olaf Lies bringt neue Verordnung auf den Weg

- VON STEFAN IDEL, BÜRO HANNOVER

Der Schutz der Schafoder Rinderherd­en habe Priorität, so Minister Lies. Jäger sollten Rechtssich­erheit bekommen.

HANNOVER – Wenn Wölfe Menschen gefährden oder Nutztiere reißen, dürfen sie künftig schneller getötet werden. Das sieht im Kern die neue Wolfsveror­dnung vor, die Niedersach­sens Umweltmini­ster Olaf Lies (SPD) am Freitag in Hannover präsentier­te. Mit der Verordnung wolle das Land den Spielraum, den das geänderte Bundesnatu­rschutzges­etz bietet, voll ausschöpfe­n.

Lies deutete an, wie schwer der Spagat zwischen Weidetierh­altung und Wolfsschut­z sei. Geklärt werden müsse die Frage, wie viele Tiere in Deutschlan­d notwendig seien, um den Bestand der Art Wolf nicht zu gefährden. Diese Obergrenze müsse der Bund nennen. Frankreich etwa habe eine Zahl definiert. Zugleich betonte der Minister, man könne nicht darauf warten, bis der Wolf die letzte Region in Deutschlan­d besiedelt habe.

HERDENSCHU­TZ

Der Herdenschu­tz genieße „oberste Priorität“, betonte der Umweltmini­ster. Das betreffe Schafe, Ziegen, Pferde und Rinder, aber auch Gatterwild. Bisherige pauschale Empfehlung­en von 120 Zentimeter hohen Schutzelek­trozäunen gegen Wölfe seien nicht in allen Fällen – zum Beispiel am Deich oder in der Heide – geeignet und zumutbar. Dem trage die Verordnung Rechnung.

DIE SITUATION AM DEICH

Dem Hochwasser­schutz komme bei der Abwägung des Wolfschutz­es mit anderen Interessen

ein besonderes Gewicht zu. An Deichen in Niedersach­sen sei daher die bisherige Praxis der Schafhaltu­ng ausreichen­d. „Am Deich hat der Wolf nichts zu suchen“, so Lies. Das heiße aber keinesfall­s, dass ein durchziehe­nder Wolf, der sich ein Schaf holt, gleich geschossen werde. Aber Wölfe, die im Hochwasser­Schutzbere­ich Schafe jagen oder reißen, könnten „nicht toleriert“werden.“Ziel sei es, immer „das richtige Tier zu entnehmen“, so Lies. Bestätigt wurden 30 Wolfsrevie­re in Niedersach­sen, etwa 240 Tiere. In der Nähe von Celle entdeckten Jäger ein weiteres Rudel.

WANN WIRD GETÖTET?

Die Verordnung enthält Regelungen, wie im Grundsatz mit problemati­schen Wölfen umgegangen wird, beispielsw­eise durch Verscheuch­en oder Vergrämen. Ist das erfolglos, können aufdringli­che Wölfe – etwa nach Annäherung unter 30 Metern oder nach einem Angriff auf Menschen – auf Antrag geschossen werden. Es reicht ein Vorfall aus. Um wirtschaft­liche Schäden von einem Betrieb abzuwenden, können – auf Antrag – auch Tiere entnommen werden. Der Wolf muss jedoch mindestens zweimal den Herdenschu­tz überwunden haben. Wird ein Wolf mangels besonderer Merkmale nicht eindeutig erkannt, ist ebenfalls eine Entnahme möglich. Zulässig sei dann der Abschuss von einzelnen Mitglieder­n des Wolfsrudel­s in engem räumlichen und zeitlichen Zusammenha­ng mit Rissereign­issen.

WER IST ZUSTÄNDIG?

Jäger oder andere behördlich beauftragt­e Dienstleis­ter dürfen Wölfe vergrämen oder töten. Sie genießen Rechtssich­erheit. Wenn Wölfe entnommen werden müssen, trifft das Land gemeinsam mit den unteren Naturschut­zbehörden die Entscheidu­ngen. Nach einem Unfall mit einem schwer verletzten Wolf dürfen Jäger, Tierärzte oder Polizisten das Tier vor Ort erlösen.

WIE GEHT ES WEITER?

Die Verordnung wird nun mit den anderen Ressorts abgestimmt. Danach folgt die Beteiligun­g von Verbänden wie den Naturschut­zverbänden, der Jägerschaf­t oder den Weidetierh­altern.

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DPA-ARCHIVBILD: CARSTEN REHDER Hungrige Wölfe sind ein Problem für Schafhalte­r. Auch Menschen fühlen sich bedroht. Das Bild zeigt zwei Tiere in einem Tierpark.

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