Jäger dürfen auffällige Wölfe abschießen
Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies bringt neue Verordnung auf den Weg
Der Schutz der Schafoder Rinderherden habe Priorität, so Minister Lies. Jäger sollten Rechtssicherheit bekommen.
HANNOVER – Wenn Wölfe Menschen gefährden oder Nutztiere reißen, dürfen sie künftig schneller getötet werden. Das sieht im Kern die neue Wolfsverordnung vor, die Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) am Freitag in Hannover präsentierte. Mit der Verordnung wolle das Land den Spielraum, den das geänderte Bundesnaturschutzgesetz bietet, voll ausschöpfen.
Lies deutete an, wie schwer der Spagat zwischen Weidetierhaltung und Wolfsschutz sei. Geklärt werden müsse die Frage, wie viele Tiere in Deutschland notwendig seien, um den Bestand der Art Wolf nicht zu gefährden. Diese Obergrenze müsse der Bund nennen. Frankreich etwa habe eine Zahl definiert. Zugleich betonte der Minister, man könne nicht darauf warten, bis der Wolf die letzte Region in Deutschland besiedelt habe.
HERDENSCHUTZ
Der Herdenschutz genieße „oberste Priorität“, betonte der Umweltminister. Das betreffe Schafe, Ziegen, Pferde und Rinder, aber auch Gatterwild. Bisherige pauschale Empfehlungen von 120 Zentimeter hohen Schutzelektrozäunen gegen Wölfe seien nicht in allen Fällen – zum Beispiel am Deich oder in der Heide – geeignet und zumutbar. Dem trage die Verordnung Rechnung.
DIE SITUATION AM DEICH
Dem Hochwasserschutz komme bei der Abwägung des Wolfschutzes mit anderen Interessen
ein besonderes Gewicht zu. An Deichen in Niedersachsen sei daher die bisherige Praxis der Schafhaltung ausreichend. „Am Deich hat der Wolf nichts zu suchen“, so Lies. Das heiße aber keinesfalls, dass ein durchziehender Wolf, der sich ein Schaf holt, gleich geschossen werde. Aber Wölfe, die im HochwasserSchutzbereich Schafe jagen oder reißen, könnten „nicht toleriert“werden.“Ziel sei es, immer „das richtige Tier zu entnehmen“, so Lies. Bestätigt wurden 30 Wolfsreviere in Niedersachsen, etwa 240 Tiere. In der Nähe von Celle entdeckten Jäger ein weiteres Rudel.
WANN WIRD GETÖTET?
Die Verordnung enthält Regelungen, wie im Grundsatz mit problematischen Wölfen umgegangen wird, beispielsweise durch Verscheuchen oder Vergrämen. Ist das erfolglos, können aufdringliche Wölfe – etwa nach Annäherung unter 30 Metern oder nach einem Angriff auf Menschen – auf Antrag geschossen werden. Es reicht ein Vorfall aus. Um wirtschaftliche Schäden von einem Betrieb abzuwenden, können – auf Antrag – auch Tiere entnommen werden. Der Wolf muss jedoch mindestens zweimal den Herdenschutz überwunden haben. Wird ein Wolf mangels besonderer Merkmale nicht eindeutig erkannt, ist ebenfalls eine Entnahme möglich. Zulässig sei dann der Abschuss von einzelnen Mitgliedern des Wolfsrudels in engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit Rissereignissen.
WER IST ZUSTÄNDIG?
Jäger oder andere behördlich beauftragte Dienstleister dürfen Wölfe vergrämen oder töten. Sie genießen Rechtssicherheit. Wenn Wölfe entnommen werden müssen, trifft das Land gemeinsam mit den unteren Naturschutzbehörden die Entscheidungen. Nach einem Unfall mit einem schwer verletzten Wolf dürfen Jäger, Tierärzte oder Polizisten das Tier vor Ort erlösen.
WIE GEHT ES WEITER?
Die Verordnung wird nun mit den anderen Ressorts abgestimmt. Danach folgt die Beteiligung von Verbänden wie den Naturschutzverbänden, der Jägerschaft oder den Weidetierhaltern.