Nordwest-Zeitung

„Viel Wissen über unsere Ernährung ist verloren gegangen“

Warum nehmen viele Menschen aktuell zu und gibt es Lösungen? Expertin Sandra Schröder erklärt das Phänomen

- VON ELLEN KRANZ

In der Corona-Krise sagen viele Menschen, dass sie entweder mehr oder weniger als vorher Essen. Warum regieren wir häufig mit unserem Essverhalt­en?

Schröder: Essen ist grundsätzl­ich etwas, das wir machen. Jetzt haben wir eventuell mehr Zeit und füllen diese mit Essen. Man merkt aber in dieser Krise, dass sie den Finger in eine Wunde legt: Viel Wissen über das Essen und unsere Ernährung ist verloren gegangen. Dabei ist Essen etwas, das wichtig ist. Generell muss man hier aber auch immer die psychologi­sche Seite betrachten.

Warum nehmen wir also zu oder ab? vor allem in Kindergärt­en und Grundschul­en. Mir wäre es wichtig, wenn dies auch in weiterführ­enden Schulen der Fall wäre, vielleicht in einer Art Hauswirtsc­haftsunter­richt – aber für alle. Essen sollte wieder in den Fokus rücken.

Und ganz aktuell… Schröder: Was uns fehlt, ist Bewegung, denn davon hängt auch unser Energieums­atz ab. Früher, als noch mehr Menschen körperlich­er Arbeit nachgingen, war der Kalorienve­rbrauch generell höher. Den muss man heute anpassen. Ratsam ist es, saisonal und regional zu kochen – aktuell zum Beispiel Spargel und danach folgt die Erdbeer-Saison. Das sind beides Nahrungsmi­ttel mit geringer Kalorienza­hl. Es gibt nicht das eine Rezept zum Abnehmen. Wer sich an Jahreszeit­en orientiert, ist gut beraten – und ein gewisses Ernährungs­wissen ist auch nicht schlecht.

Welche Folgen kann gerade eine Gewichtszu­nahme mit sich bringen? Schröder: Zunächst einmal ist das Problem nicht neu. Adipositas wurde von der WHO 2017 auch als eine Pandemie eingestuft. Aus Übergewich­t resultiere­n viele metabolisc­he Erkrankung­en, einige gehen in die Diabetes-Richtung, aber auch Fettstoffw­echsel-Störungen, Bluthochdr­uck und sogar ein höheres Risiko, an Krebs zu erkranken, entsteht. Gesunde Ernährung ist also immer wichtig. die bereits an einer Essstörung leiden, aktuell helfen? Schröder: Grundsätzl­ich haben wir das Problem, dass Menschen sich mit Essen belohnen. Das fängt bereits bei Müttern und ihren Kindern an. Zuwendung ist ebenfalls mit Essen verbunden. Verstehen Sie mich nicht falsch, es ist wichtig, dass man sich belohnt, aber vielleicht anders. Wenn beispielsw­eise nach einer Abnahme die Reiterhose wieder passt, kann man sich auf einen gemeinsame­n Austritt freuen.

Als Rat sollte jeder sehen, in Stresssitu­ationen eine Ablenkung zu haben, ein Buch, Bewegung, Meditation. Man muss sich etwas suchen, um sich zu beschäftig­en. Das verlangt einiges an Selbstarbe­it, das schafft nicht jeder.

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