1948 löst die D-Mark die Zigaretten ab
Die Währungsreform markiert den Wendepunkt – es folgt das Wirtschaftswunder
In den ersten Jahren nach dem Krieg stagniert die Wirtschaft auch im Nordwesten. Erst mit der Einführung der D-Mark gelingt 1948 die Wende zum wirtschaftlichen Aufschwung.
IM NORDWESTEN – Drei Jahre nach Kriegsende sind die immer noch im Umlauf befindlichen Geldscheine aus den Zeiten der Weimarer Republik auch im Nordwesten weitgehend wertlos geworden. Lebensmittel gibt es sowieso nur über Bezugsscheine und wer etwas anderes kaufen möchte, der bezahlt oft nicht in Reichsoder Rentenmark, sondern in Zigaretten. Am besten amerikanischen. Die mit Abstand stabilste Währung in dieser Zeit. Das ändert sich am 20. Juni 1948. An diesem Tag wird die D-Mark eingeführt.
Nach der Währungsreform gibt es endlich auch im Nordwesten wieder volle Schaufenster. Unmittelbar vor der Einführung der D-Mark gab es für die alte Währung kaum noch etwas zu kaufen.
auf einen Schlag nur wertloses Altpapier war.
Am Tag der Ausgabe des neuen Geldes ist der Oldenburger Fritz Göllner als Lehrling bei der Landessparkasse zu Oldenburg in vorderster Reihe mit dabei. In unserer Zeitung erinnert sich Göllner am 14. Juni 2008 an die Umtauschaktion: „Bei den zuständigen Stellen lagen Einwohnerlisten aus, die Namen wurden nach dem Geldwechsel abgehakt. Jeder erhielt sofort 40 D-Mark gegen 40 RM – im August dann weitere 20 DM gegen 20 RM.“
Auf einmal gibt es alles
Auch an die Folgen erinnert sich Göllner noch genau: „Das Kuriose: Nur Stunden nach der Tauschaktion waren die Schaufenster der Läden gefüllt mit bisher zurückgehaltenen Waren, die eigentlich als ausverkauft galten. Stattdessen
waren sie gelagert worden, um sie für neues Geld zu verkaufen.“
Schwarzmarkt endet
Die Einführung des neuen Geldes hat aber weitere sofort spürbare Auswirkungen. Der bis dahin blühende Schwarzmarkt bricht in der Region schlagartig zusammen. Weil für den Umtausch größerer Geldmengen Steuererklärungen vorgelegt werden müssen, verbrennt manch ein Schwarzhändler kurzerhand die verräterischen Altgeldbestände.
Es dauert eine Weile, bis sich die Menschen an den Wert des neuen Geldes und den Umgang damit gewöhnen. Kurzfristig steigen die Preise in irrwitzige Höhen und auch die Arbeitslosigkeit in der Region zieht an. Doch das ist im Großteil des Nordwestens nur eine schnell vorübergehende Phase.
Eine Ausnahme ist das rückständige Ostfriesland. Hier müssen erst im großen Stil Straßen gebaut werden, bevor es mit dem Gebiet aufwärts gehen kann. In einem Bericht der Kreisverwaltung Aurich heißt es Anfang der 50er Jahre rückblickend: „1947 hatten noch zwölf Gemeinden des Kreises keinen Anschluss an das Straßennetz und waren in den Moorgegenden, aber zum großen Teil auch auf der Geest, von Oktober bis April von motorisierten Fahrzeugen gar nicht und auch sonst nur sehr schwer zu erreichen“
Probleme in Ostfriesland
Für die Hafenstadt Emden kommt erschwerend der große Grad der Zerstörung hinzu. Obwohl dort schon Anfang der 50er Jahre wieder die ersten Schiffe vom Stapel laufen, erreicht das Wirtschaftswunder die Stadt erst sehr spät.
Wie schlimm es um Ostfriesland steht, ist einem Bericht der „Zeit“vom 8. Januar 1965 zu entnehmen. Demzufolge wanderten aus dem Gebiet um Emden allein zwischen 1953 und 1963 etwa 25 000 Menschen ab, weil sie keine lohnende Beschäftigung fanden: „Dreißig Millionen Mark Arbeitslosenunterstützung flossen jährlich aus den Wirtschaftswunderbezirken der Bundesrepublik nach Ostfriesland, dem einzigen Gebiet neben dem Bayerischen Wald, in dem das Wort ,Notstandsarbeiten‘ noch geläufig ist.“
Mit dem Bau des VW-Werkes kommen dann 1964 die dringend benötigten Arbeitsplätze endlich auch nach Ostfriesland. Bereits neun Monate nach Baubeginn laufen in Emden täglich 450 VW Käfer vom Band, die von 3000 Mitarbeitern gebaut werden. Damit endet die Nachkriegszeit auch im Nordwesten.