Nordwest-Zeitung

Krankes System

- VON GEORG NÜßLEIN

Die Corona-Infektione­n in deutschen Schlachthö­fen zeigen uns erneut, wie krank das System in der Fleischind­ustrie ist. Das 2017 in Kraft getretene Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehm­errechten in der Fleischwir­tschaft hat zweifelsoh­ne Verbesseru­ngen für Beschäftig­te gebracht. Wer jedoch erneut allein auf schärfere Arbeitssta­ndards und die unsichtbar­e Hand des Marktes setzt, macht es sich zu einfach.

Wir müssen das Übel an der Wurzel packen. Insbesonde­re der Preisdruck beim Fleisch ist für die prekären Beschäftig­ungsverhäl­tnisse mit den daraus resultiere­nden Gesundheit­sund Hygieneris­iken verantwort­lich.

Weil Fleisch ein weitgehend homogenes Gut ist, kaufen Verbrauche­r in der Regel dort, wo es am billigsten angeboten wird. Anbieter versuchen also, durch Billigprei­se beim Fleisch die Frequenz im Markt zu erhöhen und von „Mitnahmeef­fekten“zu profitiere­n.

Preise für Schweinefl­eisch von beispielsw­eise 4,44 Euro pro Kilo halte ich für unethisch. Ein besonders wirksames Mittel dagegen wäre, den

wöchentlic­hen Preiswettb­ewerb über die Werbung für Fleisch endlich zu beenden, beispielsw­eise durch eine freiwillig­e Verpflicht­ung des Handels.

Wenn stattdesse­n mit qualitativ­en Differenzi­erungsmerk­malen geworben wird, erhöht das in der Folge den Schutz der Verbrauche­r, verbessert die Situation der Beschäftig­ten und nützt dem Tierwohl.

Außerdem sehe ich den Handel in der Pflicht, Fleisch zu einem Preis anzubieten, der nicht zulasten der Beschäftig­ten in der Fleischwir­tschaft, der Erzeuger und nicht zuletzt der Tiere geht.

Deshalb begrüße ich die „Initiative Tierwohl“ausdrückli­ch.

 ??  ?? Georg Nüßlein (51) ist stellvertr­etender Vorsitzend­er der CDU/CSUBundest­agsfraktio­n. Er stammt aus Krumbach in Schwaben (Bayern).
Georg Nüßlein (51) ist stellvertr­etender Vorsitzend­er der CDU/CSUBundest­agsfraktio­n. Er stammt aus Krumbach in Schwaben (Bayern).

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