Nordwest-Zeitung

Die Umfallerin­nen

- Alexander Will über die CDU und ihre Kanzlerin

Dieser Tage geht der Deutsche in einer Welt zu Bett und wacht in einer gänzlich anderen auf. Das hat er seiner Kanzlerin Angela Merkel und der CDU zu verdanken.

Erstere hatte noch vor wenigen Wochen Euro-Bonds, also gemeinsame Anleihen aller EU-Länder, vehement abgelehnt. Am Montag fiel sie um, und der Deutsche fand sich in einer Welt wieder, die ihn für die Schulden anderer in Mithaftung nimmt. Irgendjema­nd wird die Party irgendwann bezahlen müssen, und weil Ländern wie Italien, Griechenla­nd oder auch Frankreich bereits heute das Wasser bis zum Hals steht, bleiben nur die Volkswirts­chaften und die Vermögen der Bürger relativ stabiler Volkswirts­chaften wie Österreich, Niederland­e oder eben Deutschlan­d.

Niemand soll nun glauben, die Gemeinscha­ftsschulde­n seien ausschließ­lich der Lage in der Corona-Krise geschuldet, auch wenn Emmanuel Macron und die Kanzlerin versuchen, diesen Eindruck zu erwecken. Euro-Bonds, bei der die Nordstaate­n für den Süden haften, stehen schon lange auf der Agenda Roms und Paris’. Zudem verhalten sich Staaten immer wie Süchtige, die von einer einmal aufgetanen Quelle für ihre Droge, hier Kredite, nicht mehr lassen können. Das lehrt die Erfahrung. Am Ende ihrer Karriere hat Angela Merkel den Deutschen durch ihre Kapitulati­on einen schlechten Dienst erwiesen.

Dabei gilt: „Wie der Herr, so’s Gescherr“: Das hat Merkels

eigener CDU-Landesverb­and Mecklenbur­g-Vorpommern ausgerechn­et am Tag des Kanzlerinn­en-Umfallers eindrucksv­oll bewiesen. Einst hatte man den Ostdeutsch­en geschworen, niemals den antitotali­tären Konsens gegen links oder rechts zu brechen. Und nun das: In Schwerin stimmten CDU-Abgeordnet­e für eine neue Verfassung­srichterin, die Mitglied in einer verfassung­sfeindlich­en Organisati­on ist.

Barbara Borchardt (Linksparte­i) ist DDR-Juristin, war seit 1976 in der SED und gehört der vom Verfassung­sschutz beobachtet­en „Antikapita­listischen Linken“an. Diese Truppe will unter anderem „Eigentumsv­erhältniss­e“ändern. Das verteidigt Borchardt ungebroche­n und man kann sich vorstellen, wie diese Dame den verfassung­smäßigen Schutz des Eigentums als Richterin handhaben wird. Borchardt war zudem an einem Papier der Linksparte­i beteiligt, das den Mauerbau lobte: „Die Errichtung der Mauer leitete eine Periode friedliche­r Koexistenz in Europa ein“, heißt es da.

Dass die CDU Steigbügel­halter solcher Leute wird, passt in das Bild einer Partei, die sich kaum mehr in der Senkrechte­n halten kann. Motto: „Was schert mich mein Geschwätz von gestern.“Das macht prinzipien­feste SEDFossile wie Borchardt fast schon wieder ein winziges Bisschen sympathisc­h.

@ Den Autor erreichen Sie unter Will@infoautor.de

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