Hohe Akzeptanz für Corona-Einsätze der Polizei
Innenminister Boris Pistorius (SPD) spricht von ruhiger Stimmungslage in Niedersachsen
Herr Minister, gibt es im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Corona-Verordnungen in Niedersachsen bereits tätliche Angriffe gegen Polizeibeamte, wie es leider kürzlich in einem Supermarkt in Troisdorf (Nordrhein-Westfalen) zu beobachten war? Pistorius: Der Fall aus NRW, den Sie ansprechen, war sicherlich außergewöhnlich, keine Frage. Etwas Vergleichbares im Kontext Corona hatten wir in Niedersachsen zuletzt nicht. Ich möchte den Fall aber auch nicht weiter bewerten, da ich ihn nur aus den Medien kenne. Für Niedersachsen kann ich sagen: Die allermeisten Menschen haben weiterhin Verständnis für die Maßnahmen der Behörden. Trotzdem gab es Widerstände, auch gewalttätige. So etwas gehört – leider – zum beruflichen Alltag der Polizei, wir versuchen die Beamtinnen und Beamten darum, so gut es geht, in solchen Situationen zu schützen, mit der entsprechenden Ausrüstung, dem Training und auch, was aktuell den Umgang mit der virologischen Gefahr angeht.
Spüren die Polizeibeamten bei den Kontrollen, vor allem bei Ansammlungen von Gruppen, eine Zunahme der Aggressivität?
Pistorius: Insgesamt ist die Stimmungslage in Niedersachsen ruhig. Bei den meisten Menschen gibt es wie gesagt eine hohe Akzeptanz für die polizeilichen Maßnahmen, aber natürlich gibt es Ausnahmen. Einige Jugendliche oder Heranwachsende verhalten sich zum Beispiel nicht entsprechend der Regelungen des Kontakt- und Ansammlungsverbots. Dann muss die Polizei das ansprechen und angemessen durchsetzen. Was die Versammlungen in Bezug auf die Corona-Maßnahmen angeht, muss man sicherlich differenzieren. Da gibt es einerseits Menschen, die ihre berechtigten Anliegen auch wegen eigener Existenzängste – ich denke da an die Tourismusbranche oder Sportstudios – in der Öffentlichkeit vortragen und sich dabei auch an die Hygieneregeln halten. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Versammlungen, in denen direkt die Beschränkungen zum Zwecke des Infektionsschutzes in den Zusammenhang mit teilweise absurden Verschwörungstheorien gebracht werden. Hier kann man durchaus eine Tendenz erkennen, die mir nicht gefällt und für die ich persönlich auch kein Verständnis habe. Aber jeder hat in Deutschland natürlich das Recht darauf, seine Meinung öffentlich und frei zu äußern. Dies wird – wo es nötig ist – auch durch die Polizei vor Ort geschützt.
Hat sich das Anzeige-Verhalten der Bürger verändert? Pistorius: Ja, es hat sich zunehmend digitalisiert. Deutlich mehr Bürgerinnen und Bürger machen von den Möglichkeiten
der Online-Wache Gebrauch. Da haben wir zeitweise rund doppelt so viele Aufrufe im Vergleich zu den Monaten vor Corona.
Können Sie aus polizeilicher Sicht die Darstellung von Medizinern bestätigen, dass die häusliche Gewalt zugenommen hat?
Pistorius: Wir haben schon im Februar, auch sensibilisiert durch Berichte aus dem Ausland, ein besonderes Augenmerk auf das Thema gelegt. Nach derzeitigem Stand hat die Polizei allerdings keinen Anstieg von Gewalt in Paarbeziehungen, wie es technisch heißt, festgestellt. Wir wissen aber auch, dass es gerade bei der häuslichen Gewalt ein sehr hohes Dunkelfeld gibt.
Hat sich in der Zeit der CoronaKrise die Zahl der Überstunden bei der Polizei deutlich erhöht? Gibt es Personalengpässe? Pistorius: Nein, das ist beides nicht der Fall.