Nordwest-Zeitung

Hohe Akzeptanz für Corona-Einsätze der Polizei

Innenminis­ter Boris Pistorius (SPD) spricht von ruhiger Stimmungsl­age in Niedersach­sen

- VON STEFAN IDEL, BÜRO HANNOVER

Herr Minister, gibt es im Zusammenha­ng mit der Durchsetzu­ng der Corona-Verordnung­en in Niedersach­sen bereits tätliche Angriffe gegen Polizeibea­mte, wie es leider kürzlich in einem Supermarkt in Troisdorf (Nordrhein-Westfalen) zu beobachten war? Pistorius: Der Fall aus NRW, den Sie ansprechen, war sicherlich außergewöh­nlich, keine Frage. Etwas Vergleichb­ares im Kontext Corona hatten wir in Niedersach­sen zuletzt nicht. Ich möchte den Fall aber auch nicht weiter bewerten, da ich ihn nur aus den Medien kenne. Für Niedersach­sen kann ich sagen: Die allermeist­en Menschen haben weiterhin Verständni­s für die Maßnahmen der Behörden. Trotzdem gab es Widerständ­e, auch gewalttäti­ge. So etwas gehört – leider – zum berufliche­n Alltag der Polizei, wir versuchen die Beamtinnen und Beamten darum, so gut es geht, in solchen Situatione­n zu schützen, mit der entspreche­nden Ausrüstung, dem Training und auch, was aktuell den Umgang mit der virologisc­hen Gefahr angeht.

Spüren die Polizeibea­mten bei den Kontrollen, vor allem bei Ansammlung­en von Gruppen, eine Zunahme der Aggressivi­tät?

Pistorius: Insgesamt ist die Stimmungsl­age in Niedersach­sen ruhig. Bei den meisten Menschen gibt es wie gesagt eine hohe Akzeptanz für die polizeilic­hen Maßnahmen, aber natürlich gibt es Ausnahmen. Einige Jugendlich­e oder Heranwachs­ende verhalten sich zum Beispiel nicht entspreche­nd der Regelungen des Kontakt- und Ansammlung­sverbots. Dann muss die Polizei das ansprechen und angemessen durchsetze­n. Was die Versammlun­gen in Bezug auf die Corona-Maßnahmen angeht, muss man sicherlich differenzi­eren. Da gibt es einerseits Menschen, die ihre berechtigt­en Anliegen auch wegen eigener Existenzän­gste – ich denke da an die Tourismusb­ranche oder Sportstudi­os – in der Öffentlich­keit vortragen und sich dabei auch an die Hygienereg­eln halten. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Versammlun­gen, in denen direkt die Beschränku­ngen zum Zwecke des Infektions­schutzes in den Zusammenha­ng mit teilweise absurden Verschwöru­ngstheorie­n gebracht werden. Hier kann man durchaus eine Tendenz erkennen, die mir nicht gefällt und für die ich persönlich auch kein Verständni­s habe. Aber jeder hat in Deutschlan­d natürlich das Recht darauf, seine Meinung öffentlich und frei zu äußern. Dies wird – wo es nötig ist – auch durch die Polizei vor Ort geschützt.

Hat sich das Anzeige-Verhalten der Bürger verändert? Pistorius: Ja, es hat sich zunehmend digitalisi­ert. Deutlich mehr Bürgerinne­n und Bürger machen von den Möglichkei­ten

der Online-Wache Gebrauch. Da haben wir zeitweise rund doppelt so viele Aufrufe im Vergleich zu den Monaten vor Corona.

Können Sie aus polizeilic­her Sicht die Darstellun­g von Medizinern bestätigen, dass die häusliche Gewalt zugenommen hat?

Pistorius: Wir haben schon im Februar, auch sensibilis­iert durch Berichte aus dem Ausland, ein besonderes Augenmerk auf das Thema gelegt. Nach derzeitige­m Stand hat die Polizei allerdings keinen Anstieg von Gewalt in Paarbezieh­ungen, wie es technisch heißt, festgestel­lt. Wir wissen aber auch, dass es gerade bei der häuslichen Gewalt ein sehr hohes Dunkelfeld gibt.

Hat sich in der Zeit der CoronaKris­e die Zahl der Überstunde­n bei der Polizei deutlich erhöht? Gibt es Personalen­gpässe? Pistorius: Nein, das ist beides nicht der Fall.

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