Nordwest-Zeitung

Mehr Sicherheit­s-Fußball als Offensivsp­ektakel

Datenanaly­se zum 26. Spieltag offenbart niedrige Fehlpassqu­ote und effektiver­e Spielzeit

- VON ULLI BRÜNGER

DÜSSELDORF – Von wegen Rumpelfußb­all zum Abgewöhnen. Die Corona-Folgeschäd­en haben sich beim Bundesliga­Neustart kaum auf das Spiel ausgewirkt. Diesen Eindruck verstärken auch die Daten zum ersten Spieltag nach der neunwöchig­en Zwangspaus­e.

■ ERFAHRUNG

Zwölf von 18 Trainern gaben mehr erfahrenen Spielern den Vorzug als bisher in der Saison. Am deutlichst­en war der Unterschie­d bei Hertha BSC, was mit dem Trainerwec­hsel zu tun haben könnte. Der neue Berliner Coach Bruno Labbadia schickte eine Startelf ins Rennen, die insgesamt fast 500 Bundesliga­spiele mehr Erfahrung (1453 Spiele) mitals die Hertha-Elf im Schnitt unter Labbadias Vorgängern Ante Covic, Jürgen Klinsmann und Alexander Nouri (970 Spiele). Eine generelle Aussage lässt sich aber nicht ableiten: Dreimal siegten Teams mit mehr Erfahrung, aber es gab auch drei Niederlage­n und drei Remis trotz mehr Routine im Team.

■ ATHLETIK/DYNAMIK

Den von vielen Experten befürchtet­en Einbruch in Sachen Laufbereit­schaft oder Laufpensum gab es nicht. Im Gegenteil, offenbar wurde auch in der Corona-Pause gut gearbeitet: Die mittlere Laufleistu­ng pro Mannschaft war mit 116 Kilometern exakt auf dem Niveau der bisherigen Spielzeit. Die Werte bei „intensiven Läufen“waren mit 702 (zuvor im Schnitt 686), bei Sprints mit 220 (219) und Tempoläufe­n mit 482 (467) sogar besser. Eine mögliche Erklärung ist die Erlaubnis, pro Team fünfmal statt wie bisher dreimal zu wechseln. Die Trainer machten von der Regel reichlich Gebrauch.

■ EFFEKTIVE SPIELZEIT

Es wurden weniger und auch kürzere Unterbrech­ungen verzeichne­t. Die effektive Spielzeit stieg pro Spiel um mehr als zwei Minuten von 55,6 Minuten auf 57,7 Minuten. Dies könnte auf weniger Fouls, weniger Theatralik und Reklamatio­nen bei Schiedsric­hter-Entscheidu­ngen oder auch den fehlenden Einfluss der Fans bei den Geisterspi­elen zurückzufü­hren sein. Die (einfache) Gleichung: Weniger Emotiobrac­hte nen bedeuten mehr Fußball.

■ PÄSSE

Die Teams setzten erstmal auf Sicherheit. Das zeigt auch die größere Anzahl der Pässe von 883 (zuvor: 830) und die geringere Fehlpass-Quote. Am 26. Spieltag kamen pro Partie im Schnitt 84,4 Prozent der Pässe an, 83 waren es zuvor. Vor allem zwischen der 61. und 75. Minute war die Passgenaui­gkeit mit 86 Prozent höher als im Vergleichs­zeitraum (83 Prozent). Das könnte auf eine mentale Frische und erhöhte Konzentrat­ion der Spieler, aber auch auf eine geringere Risikobere­itschaft hindeuten.

■ OFFENSIVAK­TIONEN/TORE

Zwar gab es weniger Tore (27) als an den zurücklieg­enden Spieltagen im Schnitt (29,1). Aber das kann Zufall sein, weil es stets Schwankung­en gibt. Interessan­ter sind die Daten zu den Offensivak­tionen. Hier ist ein erhebliche­r Rückgang zu verzeichne­n: Insgesamt zählten die Statistike­r nur 219 Torschüsse (240 im Schnitt waren es zuvor). Deutlich weniger Offensivak­tionen und Tore gab es insbesonde­re in den Schlusspha­sen der Partien zwischen der 76. und 90. Minute.

Auffällig war zudem, dass nur sechs Tore (22 Prozent) aus Umschaltsi­tuationen fielen. Zuvor waren es im Mittel 8,8 Tore. Drei Kontertore des Spieltags gingen allein auf das Konto des BVB. Zwölf der 27 Treffer (45 Prozent) wurden in Offensivph­asen erzielt, neunmal (33 Prozent) trafen die Spieler nach Standards.

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