Bei Neustart zeigt Werder alte Schwächen
Bremer bei 1:4 gegen Leverkusen vorne harmlos und hinten anfällig – Baumann stärkt Kohfeldt
Das erste Geisterspiel an der Weser endete für Werder enttäuschend. Die Probleme sind nach der Corona-Pause geblieben – und die Chancen, Punkte zu sammeln, werden weniger.
BREMEN – Es musste Florian Kohfeldt wie ein Déjà-vu vorgekommen sein an der Seitenlinie. Rund zwei Monate dauerte die Corona-Auszeit für den Fußball-Bundesligisten SV Werder, doch beim Neustart am Montagabend gegen Bayer Leverkusen erweckte dieser den Eindruck, als habe es diese Pause nie gegeben.
Werder machte genau jene Fehler, die die Mannschaft in den ersten 24 Spielen mit Fans auf den Rängen auf Platz 17 hatte abstürzen lassen. Das 1:4 im ersten Geisterspiel ohne Unterstützung von den Rängen offenbarte, wie schlecht es weiter um Werder steht und wie realistisch der zweite Abstieg der Vereinsgeschichte ist.
„Das war kein K.o.-Schlag“, bemühte sich Kohfeldt im Anschluss an den ernüchternden Auftritt seiner Elf, sich kämpferisch zu zeigen. Er habe vorher gesagt, dass das Duell mit Leverkusen kein Endspiel und der Gegner stark sei: „Ich kann jetzt nicht auf die Mannschaft eindreschen. Wir müssen das Positive behalten, sonst wird es nicht gehen.“
Keine Durchschlagskraft
Dass der Trainer überhaupt Gutes sah, musste durchaus überraschen. „Was mich positiv stimmt ist, dass wir deutlich mehr Chancen herausgespielt haben als vor der Corona-Pause“, sagte Kohfeldt. Tatsächlich aber ließ Werder wie schon in der gesamten Saison jegliche Durchschlagskraft in der Offensive vermissen, hatte neben dem Treffer nach einer Ecke durch Theodor Gebre Selassie zum zwischenzeitlichen 1:1 (30. Minute) mit Ausnahme einer Möglichkeit für LeonarBittencourt kaum eine klare Torchance. Die zweitschlechteste Offensive der Liga (28 Tore) zeigte ganz deutlich, warum sie so ungefährlich ist. Davie Selke war im Sturmzentrum völlig überfordert, Milot Rashica läuft seiner Form in der Rückrunde hinterher.
Offensiv harmlos, defensiv anfällig – so war es auch beim Neustart. Die schlechteste Abwehr der Liga (59 Gegentore) wurde ein ums andere Mal ausgespielt von ballsicheren Leverkusenern. Beim 0:1 durch Kai Havertz (28.) sah der schwache Linksverteidiger Marco Friedl ganz schlecht aus, beim 1:2 durch Havertz (33.) nach einer Freistoßflanke pennte die gesamte Bremer Abwehr. „Das war einfach nur ganz schlecht verteidigt“, ärgerte sich Kohfeldt über das Defensivverhalten seines Teams in dieser Szene. Beim 1:3 durch Mitchell Weiser (61.) ließ sich Werder simpel auskontern, beim 1:4 durch Kerem Demirbay (78.) stellte die ganze Hintermannschaft das Verteidigen ein. „Wir müssen ekliger werden und uns dagegen stemmen“, forderte Kevin Vogt, der die Bremer Abwehr zwar lautstark dirigierte, vor dem 1:3 aber selbst sehr schlecht aussah, als er bei einer Flanke auf den Ball wartete anstatt ihm entgegenzugehen.
Hoffen auf Rhythmus
„Beim nächsten Spiel ist schon ein bisschen mehr Rhythmus da. Da müssen wir es besser machen“, klammerte sich Kohfeldt an die Hoffnung, dass seine Mannschaft an diesem Samstag beim SC Freiburg (15.30 Uhr) bereits ein anderes Gesicht zeigen könnte. Nur ein Sieg in den vergangenen zwölf Partien, bereits fünf Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz, den Fortuna Düsseldorf belegt, und schon neun Zähler Rückstand auf Rang 15 mehren jedoch die Zweifel an der Erstdo ligatauglichkeit der Mannschaft.
Manager Frank Baumann erneuerte indes auch nach der neunten Heimniederlage der schwächsten Heimmannschaft der Bundesliga sein Bekenntnis zu Kohfeldt. „Wir sind von Florian absolut überzeugt. Er ist der richtige Trainer für diese Situation, für diese Mannschaft, für diesen Verein“, beteuerte der frühere Nationalspieler. Es sei eine klare Handschrift zu erkennen gewesen gegen einen Gegner, der „Champions-League-Niveau hat. Im athletischen Bereich waren wir sehr gut dabei. Wir hatten eine hohe Laufleistung“, meinte Baumann.
Wenn es etwas Positives an diesem Abend gab, dann dieses: Die Bremer Fans hielten sich vom Stadien fern und damit an die Vorgaben der Politik. „Die Fans haben verstanden, dass sie sich da nicht versammeln können“, lobte Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) am Dienstag. Er werde die Geisterspiele dennoch weiter kritisch beäugen.