EIN HOF-BESUCH: SO GEHT ES CARMEN HANKEN HEUTE
Betrieb von Corona-Krise betroffen – Witwe des Knochenbrechers bleibt zuversichtlich
Die Witwe sagt: „Schon nach Tammes Tod hätte ich den Kopf in den Sand stecken können.“Hat sie aber nicht.
FILSUM – Carmen Hanken steht im kühlen Frühlingswind vor ihrem Hof, blickt über die Rhododendron-Beete, lässt den Blick in die Ferne zu den Pferdekoppeln schweifen und erzählt. Von ihren Tieren, den Pferden, Hunden und auch den Hühnern, mit denen sie neuerdings Freundschaft geschlossen hat. Ein eisiger Tag im Krisen-Mai, aber die 60Jährige strahlt. Gerade jetzt – in der Zeit der schlechten Nachrichten – will sie positiv bleiben.
Ja klar, auch sie habe sich Sorgen gemacht, als der Lockdown kam, Tiermessen abgesagt wurden und kaum noch Leute mit ihren Hunden und Pferden auf den Hankenhof kamen. 18 Events, bei denen sie vertreten sein wollte, seien ausgefallen. Auch ihre Ferienwohnung musste sie vorübergehend schließen. „Meine Einnahmen ziehe ich aus einem Mix von Angeboten“, sagt die 60-Jährige. „Wenn alles wegbrechen würde, wäre das schlecht.“
Tod ist bald vier Jahre her
Aber so leicht kann die Krise ihr nichts anhaben: „Schon nach Tammes Tod hätte ich den Kopf in den Sand stecken können.“Hat sie aber nicht. Stattdessen hat sie sich aufgerappelt, weitergemacht und neue Ideen für den Hankenhof umgesetzt. Es sei schwierig gewesen, weil „die meisten Leute halt zu Tamme wollten“und sie sich erst nach und nach einen Kundenstamm aufbauen konnte.
Schon fast vier Jahre ist es jetzt her, dass der berühmte Knochenbrecher starb. Wo gehst du hin? Ziehst du in eine Mietwohnung?, hatte sich Carmen Hanken damals gefragt, und schnell die Antwort gefunden: „Wenn ich die Tür zum Hof aufmachte, wusste ich: Nö, ich will hierbleiben!“
Sie liebt ihre Beete, die Terrasse und die Weiden. Und die Tiere, die am meisten. Also kämpfte sie dafür, dass sie in ihrem „Reich“bleiben konnte. Inzwischen hat sie einen großen Teil des Geländes verkauft und den Hankenhof so umgestaltet, dass sie ihn allein in Schuss halten kann. „Finanziell habe ich vieles umdrehen müssen“, sagt sie.
Dieses Wissen gibt ihr auch
jetzt in der Krise Kraft: „Ich sehe die negativen, aber auch die positiven Effekte.“Die 60Jährige bleibt zuversichtlich. Immerhin durfte sie während des Lockdown die Tiere weiterbehandeln, auch wenn alles eingeschränkter lief als sonst: „Ich habe eine systemrelevante Tätigkeit“, erklärt Carmen Hanken. „Tiere dürfen laut Tierschutzgesetz auch während der Pandemie nicht leiden.“
Viele Mitbewohner
Ihre „Familie“, die Pferde und ihre Hunde Lilly und Socke, geben der 60-Jährigen Halt. „Die Hunde genießen es pur, dass ich zurzeit so viel zu Hause bin“, sagt Carmen Hanken.
„Es ist einfach herrlich! Einer der beiden ist immer in meiner Nähe und passt auf mich auf.“Ein neuer Hankenhof-Bewohner ist im vergangenen Jahr dazugekommen: Weil der Kaltblüter JR, Nachkomme von Tammes Lieblingspferd Jumper, nach dem Tod seines Vaters so allein war, hat Carmen Hanken für neue Gesellschaft gesorgt: Das Pony Lenny ist im Mai 2019 auf den Hankenhof gezogen.
Puzzeln, nähen, Musik machen – viele Menschen entdecken während der Corona-Krise neue Hobbys für sich. Carmen Hanken ist in dieser Zeit „aufs Huhn gekommen“. Ausgerechnet das frechste Huhn im Stall hat sie gezähmt – „Else“steht jetzt schon immer am Tor und grüßt sie aufgeregt mit den Flügeln. Drei weitere Hühner kamen hinzu.
Pferdesauna auf dem Hof
„Mir macht es nichts aus, allein zu sein“, sagt Carmen Hanken. „Ich kann mich gut mit der Natur arrangieren. Ich brauche gar kein Brimborium.“Schon zu Tammes Zeiten sei sie lieber die „Organisatorin im Hintergrund“gewesen, als Jugendliche sei sie sogar „megaschüchtern“gewesen. Sie beschäftigt sich am liebsten mit ihren Tieren und sammelt weiter wissbegierig neue Erkenntnisse zu Therapiemöglichkeiten, das ist ihre Leidenschaft.
Glück ist für sie, wenn sie einem gelähmten Hund zum Laufen bringt. Oder Frauchen und Herrchen darüber aufklärt, was ihren „Fellnasen“gut tut. „Viele Besitzer kennen ihre Tiere gar nicht richtig“, weiß Carmen Hanken. Auf den Hankenhof können nicht nur kranke Pferde und Hunde kommen. Mit der Pferdesauna und dem Aquatrainer gibt es auch eine „Fitnessinsel“, darum strich sie das „Reha-Zentrum“im Namen und nannte ihr Unternehmen stattdessen „Hankenhof – Tier und Natur im Einklang“.
Glück ist für Carmen Hanken auch, wenn sie ihre Angebote festigen und den Hankenhof erhalten kann. Bei der Arbeit mit den Tieren schaue Tamme ihr weiterhin über die Schulter. „Er lebt hier einfach für mich weiter“, sagt sie, voller Dankbarkeit, dass er sie damals in ihre Berufung „geschubst“habe. „Wenn ich die Uhr zurückdrehen würde, würde ich alle andere Tätigkeiten, die ich ausgeübt habe, lassen und mich von Anfang an nur den Tieren widmen.“
Ein Video dazu gibt es unter nwzonline.de/videos