Ist der Ruf erst ruiniert . . .
Für den Autoriesen VW und seinen Chef Herbert Diess gab es schon mal bessere Zeiten. Derzeit kämpfen der Konzern und sein Spitzenmann gleich an mehreren Fronten. Es geht dabei um viel, auch für Zigtausende Beschäftigte. An einer dieser Fronten hat sich VW jetzt Ruhe verschafft. Das Verfahren gegen Diess und Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch wegen möglicher Marktmanipulationen wird wohl eingestellt. Die beiden Manager sollen die gebeutelten Aktionäre beim Bekanntwerden des Diesel-Abgasskandals 2015 nicht rechtzeitig über dessen Ausmaß und die finanziellen Folgen unterrichtet haben. So etwas ist teuer für die Anteilseigner, zu denen bekanntermaßen auch der Staat in Gestalt des Landes Niedersachsen zählt. Ganz billig wird das Verfahrensende auch für den Autobauer nicht: Er muss dafür immerhin neun Millionen Euro auf den Tisch des Hauses blättern.
Wohl dem, der sich ein Verfahren auf diese Weise vom Hals schaffen kann, mag sich mit gelindem Unverständnis manch wenig rechtskundiger Bürger sagen. Doch juristisch ist eine solche Freikauf-Operation offenbar nicht zu beanstanden. Sie sorgt allerdings für einen weiteren unschönen Fleck auf der gar nicht mehr reinen Weste von VW. Und das ist keine Kleinigkeit, obwohl man das im ersten Moment glauben könnte. Vielmehr haben sich der Konzern und andere deutsche Autobauer mit unsäglichen Abgasmanipulationen und dem Umgang damit einen Imageschaden eingehandelt, der nun durchschlägt. Wenn VW-Chef Diess und seine Kollegen sich gerade dieser Tage vor die Kameras stellen und mit Blick auf das Konjunkturprogramm, das der deutschen Wirtschaft den Weg aus der Corona-Krise weisen soll, Kaufprämien für ihre Neufahrzeuge fordern, treffen sie auf ungewohnten Widerstand selbst von Seiten, die ihnen viele Jahre wohlgesonnen waren. Die Zeiten, in denen der Eindruck bestand, die Autoindustrie brauche nur zu pfeifen, dann werde die deutsche Regierung schon springen, sind unweigerlich vorbei. Ist der Ruf erst ruiniert, wird das Leben beschwerlich. Das spüren auch VW und Konzernchef Herbert Diess gerade.
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