Nordwest-Zeitung

Corona stand nicht im Koalitions­vertrag

Wie SPD und CDU die Halbzeit in Niedersach­sen bewerten – Opposition sieht „Ideenlosig­keit“

- VON STEFAN IDEL, BÜRO HANNOVER

Nun müsse die CoronaKris­e überwunden werden. Verschoben werden soll die Angleichun­g der Lehrerbeso­ldung.

HANNOVER – Halbzeit bei der großen Koalition in Niedersach­sen: „Wir haben in zweieinhal­b Jahren viel erreicht“, sagte die SPD-Fraktionsv­orsitzende Johanne Modder. Gemeinsam mit CDU-Fraktionsc­hef Dirk Toepffer zog sie am Mittwoch Zwischenbi­lanz. Er machte deutlich: „Corona war im Koalitions­vertrag nicht vorgesehen!“Und so wird die Halbzeitbi­lanz bewertet:

■ SPD UND CDU

Modder würdigte die Investitio­nen in den Bildungsse­ktor, die Abschaffun­g der Kindergart­engebühren, die Schulgeldf­reiheit für Erzieherin­nen und Erzieher sowie die Landarztqu­ote. Toepffer wies auf das neue Polizeiges­etz, die Schuldenbr­emse und den zusätzlich­en Feiertag (Reformatio­nstag) hin. Man habe „extrem viel“vom Koalitions­vertrag abgearbeit­et. Der CDUPolitik­er warnte vor einer Spaltung der Gesellscha­ft in Corona-Verlierer und jenen, die gut durch die Krise gekomdet

men sind. Modder will Konjunktur­programme und stellte die Schuldenbr­emse in ihrer jetzigen Form infrage.

■ DIE OPPOSITION

SPD und CDU seien „ohne große Ambitionen und zupackende­n Gestaltung­swillen für Niedersach­sen“, meinte GrünenFrak­tionsvorsi­tzende Julia Willie Hamburg. Themen wie „Klimakrise, soziale Spaltung, Angriffe auf die Demokratie von rechts“würden allenfalls angetippt. „Ideenlosig­keit“

hielt FDP-Fraktionsc­hef Stefan Birkner der Koalition vor. „Die Mängel in der Digitalisi­erung sind offensicht­lich, die Unterricht­sversorgun­g kann ebenfalls nicht sichergest­ellt werden.“Von einer „Bilanz der gebrochene­n Wahlverspr­echen, des seichten Vorsichhin­regierens und des multiplen Versagens in der Corona-Krise“, sprach die AfD-Fraktionsv­orsitzende Dana Guth. Gleich zum Start habe sich die Regierung 100 neue und hoch dotierte Stellen gegönnt.

■ DIE VERBÄNDE

Niedersach­sens DGB-Landesvors­itzender Dr. Mehrdad Payandeh forderte die Landesregi­erung auf, die Sparpoliti­k zu beenden. Volker Müller von den Unternehme­rverbänden Niedersach­sen (UVN) verlangte bessere Rahmenbedi­ngungen für die Wirtschaft. Laura Pooth, Landesvors­itzende der Gewerkscha­ft GEW, forderte die Groko auf, die rosarote Brille abzunehmen. Zahlreiche Missstände im Bildungsbe­reich seien bisher ausgeblenw­orden. „In der Erwachsene­nbildung und den Hochschule­n herrschen immer noch prekäre Beschäftig­ungsbeding­ungen“, so Pooth. „An den Schulen fehlen Lehrkräfte.“Werde die Anpassung der Besoldung ausgesetzt, leiste die GEW Widerstand.

■ DAS PLANT DIE GROKO

Toepffer sprach sich für eine Neubewertu­ng von beschlosse­nen Maßnahmen aus. Beispiele seien die weitere Angleichun­g der Lehrerbeso­ldung sowie das Weihnachts­geld für Pensionäre. Die Agrarpolit­ik müsse auch unter dem Aspekt der Versorgung­ssicherhei­t betrachtet werden. Notwendig bleibe ein gutes Krankenhau­snetz. Modder wies auf die großen Sorgen um die Arbeitsplä­tze hin, etwa bei der Meyer Werft oder bei VW in Emden. Ins Gespräch brachte sie eine „Modellregi­on Ostfriesla­nd“. Zur Sicherung der Hausärztev­ersorgung müsse die „European Medical-School“in Oldenburg vorangebra­cht werden. Vorerst nicht abrücken wollen die Regierungs­fraktionen von dem Gesetzentw­urf für den öffentlich­en Gesundheit­sdienst. Dieser sieht vor, dass das Fachminist­erium Pflegekräf­te „zur Bekämpfung einer bedrohlich­en übertragba­ren Krankheit“notfalls auch verpflicht­en kann.

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DPA-ARCHIVBILD: JULIAN STRATENSCH­ULTE Blick zurück nach 2017: Ministerpr­äsident Stephan Weil (links) und der CDU-Landesvors­itzende Bernd Althusmann unterschre­iben den Koalitions­vertrag.

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