Corona stand nicht im Koalitionsvertrag
Wie SPD und CDU die Halbzeit in Niedersachsen bewerten – Opposition sieht „Ideenlosigkeit“
Nun müsse die CoronaKrise überwunden werden. Verschoben werden soll die Angleichung der Lehrerbesoldung.
HANNOVER – Halbzeit bei der großen Koalition in Niedersachsen: „Wir haben in zweieinhalb Jahren viel erreicht“, sagte die SPD-Fraktionsvorsitzende Johanne Modder. Gemeinsam mit CDU-Fraktionschef Dirk Toepffer zog sie am Mittwoch Zwischenbilanz. Er machte deutlich: „Corona war im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen!“Und so wird die Halbzeitbilanz bewertet:
■ SPD UND CDU
Modder würdigte die Investitionen in den Bildungssektor, die Abschaffung der Kindergartengebühren, die Schulgeldfreiheit für Erzieherinnen und Erzieher sowie die Landarztquote. Toepffer wies auf das neue Polizeigesetz, die Schuldenbremse und den zusätzlichen Feiertag (Reformationstag) hin. Man habe „extrem viel“vom Koalitionsvertrag abgearbeitet. Der CDUPolitiker warnte vor einer Spaltung der Gesellschaft in Corona-Verlierer und jenen, die gut durch die Krise gekomdet
men sind. Modder will Konjunkturprogramme und stellte die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form infrage.
■ DIE OPPOSITION
SPD und CDU seien „ohne große Ambitionen und zupackenden Gestaltungswillen für Niedersachsen“, meinte GrünenFraktionsvorsitzende Julia Willie Hamburg. Themen wie „Klimakrise, soziale Spaltung, Angriffe auf die Demokratie von rechts“würden allenfalls angetippt. „Ideenlosigkeit“
hielt FDP-Fraktionschef Stefan Birkner der Koalition vor. „Die Mängel in der Digitalisierung sind offensichtlich, die Unterrichtsversorgung kann ebenfalls nicht sichergestellt werden.“Von einer „Bilanz der gebrochenen Wahlversprechen, des seichten Vorsichhinregierens und des multiplen Versagens in der Corona-Krise“, sprach die AfD-Fraktionsvorsitzende Dana Guth. Gleich zum Start habe sich die Regierung 100 neue und hoch dotierte Stellen gegönnt.
■ DIE VERBÄNDE
Niedersachsens DGB-Landesvorsitzender Dr. Mehrdad Payandeh forderte die Landesregierung auf, die Sparpolitik zu beenden. Volker Müller von den Unternehmerverbänden Niedersachsen (UVN) verlangte bessere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft. Laura Pooth, Landesvorsitzende der Gewerkschaft GEW, forderte die Groko auf, die rosarote Brille abzunehmen. Zahlreiche Missstände im Bildungsbereich seien bisher ausgeblenworden. „In der Erwachsenenbildung und den Hochschulen herrschen immer noch prekäre Beschäftigungsbedingungen“, so Pooth. „An den Schulen fehlen Lehrkräfte.“Werde die Anpassung der Besoldung ausgesetzt, leiste die GEW Widerstand.
■ DAS PLANT DIE GROKO
Toepffer sprach sich für eine Neubewertung von beschlossenen Maßnahmen aus. Beispiele seien die weitere Angleichung der Lehrerbesoldung sowie das Weihnachtsgeld für Pensionäre. Die Agrarpolitik müsse auch unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit betrachtet werden. Notwendig bleibe ein gutes Krankenhausnetz. Modder wies auf die großen Sorgen um die Arbeitsplätze hin, etwa bei der Meyer Werft oder bei VW in Emden. Ins Gespräch brachte sie eine „Modellregion Ostfriesland“. Zur Sicherung der Hausärzteversorgung müsse die „European Medical-School“in Oldenburg vorangebracht werden. Vorerst nicht abrücken wollen die Regierungsfraktionen von dem Gesetzentwurf für den öffentlichen Gesundheitsdienst. Dieser sieht vor, dass das Fachministerium Pflegekräfte „zur Bekämpfung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit“notfalls auch verpflichten kann.