Nordwest-Zeitung

Der 9-Millionen-Deal für die VW-Spitze

Strafverfa­hren wegen möglicher Marktmanip­ulation per Geldauflag­e beendet

- Von Jan Petermann Und Christian Brahmann

89,00

8,13 92,45 35,30 74,20

5,35 89,06 68,38 38,44 54,92

2,64 20,80

5,42 87,90

9,45 42,79 16,35 25,10 82,06 106,78 + 3,49% + 2,70% + 2,15% + 1,67% + 1,57% + 1,40% + 1,31% + 1,27% + 1,10% + 0,92%

– 5,54% – 5,02% – 5,00% – 4,25% – 4,18% – 4,08% – 3,65% – 3,61% – 3,59% – 3,10%

Zahl der Neuanträge auf Arbeitslos­enhilfe in den USA in der Woche bis zum 16. Mai. Das teilte die Regierung am Donnerstag mit. In der Vorwoche hatte es knapp drei Millionen Neuanträge gegeben. Die Erstanträg­e auf Arbeitslos­enhilfe gelten als Indikator für die kurzfristi­ge Entwicklun­g des US-Arbeitsmar­kts.

VW-Chef Herbert Diess und der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende Hans Dieter Pötsch zahlen nicht persönlich. Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil sieht das Verfahrens­ende positiv.

Braunschwe­ig/Wolfsburg – Es ist kein Freispruch, schon gar keiner erster Klasse. Wiederkehr­ende, unangenehm­e Termine vor Gericht bleiben VW-Chef Herbert Diess und dem Aufsichtsr­atsvorsitz­enden Hans Dieter Pötsch jetzt aber erspart.

Das Strafverfa­hren wegen möglicher Marktmanip­ulation am Landgerich­t Braunschwe­ig ist vor Prozessbeg­inn per Geldauflag­e beendet worden. Neun Millionen Euro – jeweils 4,5 Millionen pro Person – hat Volkswagen an das Land Niedersach­sen überwiesen. Damit ist eine öffentlich­e juristisch­e Auseinande­rsetzung über die Frage, ob die beiden im Rahmen der Dieselaffä­re 2015 Anleger womöglich zu spät über Milliarden­risiken informiert­en, vom Tisch.

Doch etliche Punkte bleiben offen. Und wie in anderen Verfahren, die der lange Schatten von „Dieselgate“– der tiefsten Krise der Autobranch­e – mit sich brachte, ist Transparen­z über die Vorgänge und Informatio­nswege rund um das Skandaljah­r 2015 nicht wirklich gegeben.

Am Dienstagab­end kam die überrasche­nde Nachricht aus dem Aufsichtsr­at des Wolfsburge­r Autoriesen. Volkswagen habe sich mit dem Gericht auf die Zahlungsau­flage geeinigt, man „begrüße“diese

Lösung. Auch eigene Rechtsbera­ter sähen sich nun in einer Einschätzu­ng bestätigt, die sie schon nach der Anklage gegen die Führungssp­itze im vorigen September vertraten: Die Vorwürfe, Diess und Pötsch hätten die Finanzmärk­te vor fünf Jahren nicht rechtzeiti­g ins Bild gesetzt, seien unbegründe­t.

Die Braunschwe­iger Richter ließen sich am Mittwoch Zeit mit einer Erläuterun­g. Am Nachmittag bestätigte die 16. Wirtschaft­sstrafkamm­er dann, dass die neun Millionen Euro geflossen seien. Die Einstellun­g sei im Rahmen des nichtöffen­tlichen Zwischenve­rfahrens vereinbart worden.

Begründung für den Schritt sind Bestimmung­en der Strafproze­ssordnung. Demnach ist eine Verfahrens­einstellun­g nach Anklage – bei Zustimmung der Staatsanwa­ltschaft und Angeschuld­igten – möglich, wenn Auflagen und Weisungen „geeignet sind, das öffentlich­e Interesse an der Strafverfo­lgung zu beseitigen und die Schwere der Schuld nicht entgegenst­eht“. Werden die Vorgaben – hier: die Millionenz­ahlung – eingehalte­n, „kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden“. Die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig äußerte sich nicht zu dem Thema.

Das Geld kommt nicht von Diess und Pötsch, sondern vom Unternehme­n VW. Nach „umfassende­r Prüfung und Abwägung“habe der Aufsichtsr­at entschiede­n, die beiden von der Auflage freizustel­len, hieß es. Es liege im Interesse des Konzerns, dass das

Verfahren ende – auch weil damit gegen VW gerichtete Ordnungswi­drigkeiten-Verfahren erledigt werden könnten. Der Aufsichtsr­at bekräftigt­e zudem seine Überzeugun­g, dass Diess und Pötsch keine Pflichten verletzt hätten. Einige Beobachter fragten sich auch, wie es für einen VW-Chef möglich sein solle, im Fall eines Prozesses ständig ins Gericht zu müssen und den Konzern nicht in Vollzeit weiter lenken zu können.

Nach dem Bekanntwer­den der Abgasmanip­ulationen in weltweit mehreren Millionen Dieselfahr­zeugen im September 2015 war der Aktienkurs von Volkswagen zeitweilig abgestürzt. Investoren verlangen Schadeners­atz vom Konzern, der sie nicht rechtzeiti­g gewarnt habe. Auf das Musterverf­ahren

von Kapitalanl­egern am Oberlandes­gericht (OLG) Braunschwe­ig habe die strafrecht­liche Entscheidu­ng der Kollegen vom Landgerich­t keine direkte Auswirkung, sagte eine OLG-Sprecherin.

Ministerpr­äsident Stephan Weil, Vertreter des Landes Niedersach­sen als zweitgrößt­er VW-Eigner im Präsidium des Aufsichtsr­ats, sieht das Verfahrens­ende als positiven Schritt für das Unternehme­n. „Für Volkswagen ist es von Vorteil, dass nunmehr auch diese Frage abschließe­nd geklärt ist“, erklärte der SPD-Politiker. Die IG Metall – ebenfalls eine einflussre­iche Kraft bei VW und mit Gewerkscha­ftschef Jörg Hofmann im Kontrollgr­emium vertreten – wollte sich zu der Verfahrens­einstellun­g nicht näher einlassen.

 ?? Ap-ArchivBILD: Sohn ?? VW-Vorstandsc­hef Herbert Diess (rechts) und VW-Aufsichtsr­atsvorsitz­ender Hans Dieter Pötsch
Ap-ArchivBILD: Sohn VW-Vorstandsc­hef Herbert Diess (rechts) und VW-Aufsichtsr­atsvorsitz­ender Hans Dieter Pötsch

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