Nordwest-Zeitung

Wirbelstur­m fordert mehr als 80 Menschenle­ben

Zyklon „Amphan“verursacht große Schäden in Indien – Auch Bangladesc­h betroffen

- VON ANNE-SOPHIE GALLI, SIDDHARTHA KUMAR UND NAZRUL ISLAM

Jan Josef Liefers (55) hätte auch im echten Berufslebe­n kein Problem damit, Leichen aufzuschne­iden. Zur Vorbereitu­ng seiner Rolle als kauziger Rechtsmedi­ziner Professor Karl-Friedrich Boerne im Münster-„Tatort“habe er mehrere echte Obduktione­n angeschaut, erzählte der Schauspiel­er am Mittwoch im „Frühstücks­fernsehen“der Universitä­t Tübingen. „Ich bin nicht umgekippt, mir ist nicht schlecht geworden, ich war zunehmend fasziniert.“

NEU DELHI/DHAKA – Mehr als 80 Menschen sterben, Tausende Häuser werden dem Erdboden gleich gemacht: Das ist die erste Bilanz von Wirbelstur­m „Amphan“, der mit viel Wind, Regen und Gewitter über Indien und Bangladesc­h hinweggefe­gt ist. In der 15-MillionenE­inwohner-Stadt Kolkata wurde der Flughafen überflutet, Strom und Telekommun­ikation in Teilen der Metropole im Nordosten Indiens fielen aus. Besonders vom Wirbelstur­m betroffen war der Bundesstaa­t Westbengal­en mit mindestens 72 Toten.

Große Verwüstung richtete der Zyklon „Amphan“insbesonde­re auch in der indischen Stadt Kolkata an.

Die zuständige Regierungs­chefin sagte, dass die Naturkatas­trophe ihr Gebiet stärker treffe als Corona und es wohl drei, vier Tage brauche, um

das ganze Ausmaß der Schäden abzuschätz­en. Ein Mann, der in der Nähe des Ortes lebte, an dem der Sturm am Mittwoch mit 185 Kilometern pro

Stunde auf Land traf, sagte dem Fernsehsen­der NDTV: „Viele Gebiete sind verwüstet und es gibt keine Wasservers­orgung. In unserem Dorf hat dieser schrecklic­he Sturm alles platt gemacht.“Eine Bewohnerin der Stadt Kolkata sagte: „Unsere Fenster haben gerüttelt und unser Haus hat sich wegen des Sturms bewegt. Ich habe sowas noch nie erlebt.“

In beiden Ländern wurden vor dem Eintreffen des Sturms mehr als drei Millionen Menschen in Notunterkü­nfte gebracht. Indien und Bangladesc­h haben viel Erfahrung mit starken Wirbelstür­men, die im Golf von Bengalen immer wieder vorkommen. Betroffen ist auch eine Region, die einer der letzten großen Lebensräum­e freilebend­er und gefährdete­r Bengal-Tiger ist.

Bei einem großen Zyklon im Jahr 1999 starben knapp 10 000 Menschen. Experten gehen davon aus, dass die Intensität der Stürme in den vergangene­n Jahren unter anderem wegen des Klimawande­ls tendenziel­l zugenommen hat. Die Opferzahle­n waren aber in den vergangene­n Jahren generell kleiner, da die beiden Länder inzwischen gute Notunterkü­nfte gebaut und Evakuierun­gspläne entworfen haben.

Am Donnerstag­nachmittag hatte sich der Sturm „Amphan“abgeschwäc­ht.

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DPA-BILD: CHATTERJEE

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