Nordwest-Zeitung

Abstrich künftig auch ohne Husten oder Fieber

Wie mehr Tests die Pandemie bekämpfen sollen – Was das kostet und wer dafür bezahlt

- VON TERESA DAPP UND MARTINA HERZOG

BERLIN – Ein schneller Abstrich in Mund, Nase oder Rachen, ab damit ins Labor: Wenig später ist klar, ob jemand mit dem Coronaviru­s infiziert ist oder nicht. Das soll künftig sehr viel öfter passieren, um etwa Krankenhäu­ser und Pflegeheim­e besser zu schützen – und den Bürgern in Deutschlan­d schrittwei­se wieder einen halbwegs normalen Alltag zu ermögliche­n. Die Grundlage dafür haben Bundestag und Bundesrat schon beschlosse­n. Nun ist Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) dabei, Details in einer Verordnung konkret zu machen.

Wer soll von jetzt an zusätzlich getestet werden

Spahn hat insbesonde­re Krankenhäu­ser und Pflegeheim­e im Blick. „Wenn Patienten und Bewohner aufgenomme­n

oder verlegt werden, sollten Sars-CoV-2-Tests die Regel sein“, sagte er der „Welt“. Gebe es in einem Heim oder einer Klinik einen Infektions­fall, müssten alle Mitarbeite­r sowie Patienten oder Bewohner getestet werden. Zudem soll auch ein Anrecht auf einen Test auf Kassenkost­en haben, wer zwar Kontakt mit einem Infizierte­n hatte, aber selbst keine Symptome hat. Die Kapazität dafür sei da: Vergangene Woche seien 425 000 Tests durchgefüh­rt worden, mehr als doppelt so viele seien möglich.

Werden diese Tests dann überall Pflicht

Spahn kann sie mit seiner Verordnung nur ermögliche­n. „Entschiede­n wird das von den Behörden vor Ort“, erklärte sein Sprecher. Die Ausweitung der Tests hat aber viele Fürspreche­r. Regelmäßig­e und symptomuna­bhängige Tests seien nicht nur in Krankenhäu­sern notwendig, sondern auch in der Altenpfleg­e und der Behinderte­nhilfe, heißt es bei der Gewerkscha­ft „Verdi“.

Wahllos solle man dabei aber nicht vorgehen, mahnt die Kassenärzt­liche Bundesvere­inigung: „Es ist richtig, viel zu testen – aber gezielt und da, wo es medizinisc­h sinnvoll ist“, sagte ein Sprecher. „Häufige Tests bei medizinisc­hem Personal und ihrem Umfeld durchzufüh­ren, ist ein richtiger Ansatz.“

Was kosten die Tests und wer bezahlt dafür

In der Regel die Krankenkas­sen. Das will jedenfalls das Ministeriu­m so festlegen – das gilt übrigens auch für Antikörper-Tests, die zeigen sollen, ob jemand schon eine Infektion durchgemac­ht hat. 59 Euro kostet ein Test. Es könnte aber noch Ärger um die Finanzieru­ng geben. Denn die Kassen wollen das nicht auf sich sitzen lassen. „Wir sind gesetzlich verpflicht­et, in vielen Fällen die Reihentest­s zunächst zu finanziere­n“, erklärte ein Sprecher des Spitzenver­bands der Gesetzlich­en Kassen. Man wolle sich das Geld vom Bund zurückhole­n – denn die Pandemiebe­kämpfung sei eine staatliche Aufgabe. Auch „Verdi“mahnt, die Kosten dürften nicht den gesetzlich Versichert­en aufgebürde­t werden, sie müssten aus Steuermitt­eln bezahlt werden.

Das sehen die Kommunen anders. Die Kassen seien auch für Prävention zuständig, argumentie­rt der Deutsche Städtetag. „Außerdem sparen die Kassen letztlich erheblich Kosten, wenn weniger Menschen infiziert werden“, sagte Hauptgesch­äftsführer Helmut Dedy. Sein Kollege Gerd Landsberg vom Städte- und Gemeindebu­nd mahnte, Krankenkas­sen dürften breite Testverfah­ren nicht über Abrechnung­smodalität­en bremsen. „Die Eindämmung der Pandemie und damit die Überwindun­g der Krise darf nicht an den vergleichs­weise geringen Kosten für die Testverfah­ren scheitern.“

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DPA-BILD: VAN DE WOUW Unterwegs mit Maske: Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn

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