Investoren setzen lieber auf Solarenergie
Darum läuft beim Ausbau der Windkraft in Deutschland praktisch nichts mehr
Umweltminister Lies will eine Vereinfachung der Verfahren. Auch Photovoltaik auf Ackerflächen mache Sinn.
HANNOVER/EMDEN – Flaute beim Bau von Windkraftanlagen: 113 Gebote im Umfang von 553 169 Kilowatt wurden bei der jüngsten Ausschreibung der Bundesnetzagentur eingereicht. Aber sie bezogen sich ausschließlich auf Solaranlagen. Für Windenergieanlagen wurden erneut keine Gebote abgegeben. Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) spricht von einem Dilemma: „Beim Windkraftausbau geht deutschlandweit praktisch gar nichts mehr.“Nun räche sich die Untätigkeit der Bundesregierung, die Hemmnisse für Windkraft frühzeitig abzubauen.
In Deutschland müssten allein in diesem Jahr vier Gigawatt (GW) an Windenergieleistung
kompensiert werden; etwa weil Strom aus Atom- und Kohlekraftwerken wegfällt oder alte Windräder abgebaut werden. „Bis Ende des Jahrzehnts fallen in Deutschland 25 Gigawatt Windkraft aus der Ausschreibung“, erklärte Lies. Um diese Leistung zu kompensieren, müsse man jährlich 2,5 GW bauen. „Dann hätten wir aber noch nicht dazu beigetragen, die Klimaziele 2030 zu erreichen.“
Umso erfreulicher sei der
Siegeszug der Solarenergie, so der Minister. Das liege an den deutlich kürzeren Genehmigungsverfahren. Bei den Zuschlägen der Bundesnetzagentur in Sachen Photovoltaik profitiere leider bisher der Süden Deutschlands am meisten. „Nur Wind im Norden und Solar im Süden greift viel zu kurz.“Lies will dafür werben, die Ausschreibungsverfahren dahingehend zu ändern, dass der Standortnachteil für Solaranlagen im Norden
finanziell kompensiert wird. Zudem sollten in Niedersachsen weit mehr Freiflächen genutzt werden können als bisher. Der Minister aus Sande (Kreis Friesland) hat dabei auch unrentable landwirtschaftliche Flächen im Auge. Das mache auch aus wirtschaftlichen Gründen Sinn: Für einen Hektar Photovoltaik würden mindestens 40 bis 50 Hektar Maisanbau benötigt, um eine Biogasanlage zu bestücken. Damit landwirtschaftliche Flächen für Photovoltaik zur Verfügung gestellt werden können, solle das Landesraumordnungsprogramm geändert werden.
Bei der Windenergie rechnet Lies trotz der aktuellen Flaute schon bald mit einem neuen Schub, wenn die 1000Meter-Abstandsregel gelockert und neue Beteiligungsmodelle für Kommunen und Bürger möglich werden. Er begrüße ausdrücklich den kürzlich getroffenen Kompromiss auf Bundesebene.
Auch beim Artenschutz müsse es klare Regeln geben. Der Minister regt daher einen „Artenschutz-Leitfaden“auf Bundesebene an, der – ähnlich wie bei der Technischen Anleitung (TA) zum Schutz vor Lärm – als allgemeine Verwaltungsvorschrift gelten solle. Das würde dann auch zu mehr Rechtssicherheit führen. Um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu forcieren, denkt Lies zudem an eine Beratungsstelle für die Kommunen, die bei den Gewerbeaufsichtsämtern angesiedelt sein könnte.