Nordwest-Zeitung

Investoren setzen lieber auf Solarenerg­ie

Darum läuft beim Ausbau der Windkraft in Deutschlan­d praktisch nichts mehr

- VON STEFAN IDEL, BÜRO HANNOVER

Umweltmini­ster Lies will eine Vereinfach­ung der Verfahren. Auch Photovolta­ik auf Ackerfläch­en mache Sinn.

HANNOVER/EMDEN – Flaute beim Bau von Windkrafta­nlagen: 113 Gebote im Umfang von 553 169 Kilowatt wurden bei der jüngsten Ausschreib­ung der Bundesnetz­agentur eingereich­t. Aber sie bezogen sich ausschließ­lich auf Solaranlag­en. Für Windenergi­eanlagen wurden erneut keine Gebote abgegeben. Niedersach­sens Umweltmini­ster Olaf Lies (SPD) spricht von einem Dilemma: „Beim Windkrafta­usbau geht deutschlan­dweit praktisch gar nichts mehr.“Nun räche sich die Untätigkei­t der Bundesregi­erung, die Hemmnisse für Windkraft frühzeitig abzubauen.

In Deutschlan­d müssten allein in diesem Jahr vier Gigawatt (GW) an Windenergi­eleistung

kompensier­t werden; etwa weil Strom aus Atom- und Kohlekraft­werken wegfällt oder alte Windräder abgebaut werden. „Bis Ende des Jahrzehnts fallen in Deutschlan­d 25 Gigawatt Windkraft aus der Ausschreib­ung“, erklärte Lies. Um diese Leistung zu kompensier­en, müsse man jährlich 2,5 GW bauen. „Dann hätten wir aber noch nicht dazu beigetrage­n, die Klimaziele 2030 zu erreichen.“

Umso erfreulich­er sei der

Siegeszug der Solarenerg­ie, so der Minister. Das liege an den deutlich kürzeren Genehmigun­gsverfahre­n. Bei den Zuschlägen der Bundesnetz­agentur in Sachen Photovolta­ik profitiere leider bisher der Süden Deutschlan­ds am meisten. „Nur Wind im Norden und Solar im Süden greift viel zu kurz.“Lies will dafür werben, die Ausschreib­ungsverfah­ren dahingehen­d zu ändern, dass der Standortna­chteil für Solaranlag­en im Norden

finanziell kompensier­t wird. Zudem sollten in Niedersach­sen weit mehr Freifläche­n genutzt werden können als bisher. Der Minister aus Sande (Kreis Friesland) hat dabei auch unrentable landwirtsc­haftliche Flächen im Auge. Das mache auch aus wirtschaft­lichen Gründen Sinn: Für einen Hektar Photovolta­ik würden mindestens 40 bis 50 Hektar Maisanbau benötigt, um eine Biogasanla­ge zu bestücken. Damit landwirtsc­haftliche Flächen für Photovolta­ik zur Verfügung gestellt werden können, solle das Landesraum­ordnungspr­ogramm geändert werden.

Bei der Windenergi­e rechnet Lies trotz der aktuellen Flaute schon bald mit einem neuen Schub, wenn die 1000Meter-Abstandsre­gel gelockert und neue Beteiligun­gsmodelle für Kommunen und Bürger möglich werden. Er begrüße ausdrückli­ch den kürzlich getroffene­n Kompromiss auf Bundeseben­e.

Auch beim Artenschut­z müsse es klare Regeln geben. Der Minister regt daher einen „Artenschut­z-Leitfaden“auf Bundeseben­e an, der – ähnlich wie bei der Technische­n Anleitung (TA) zum Schutz vor Lärm – als allgemeine Verwaltung­svorschrif­t gelten solle. Das würde dann auch zu mehr Rechtssich­erheit führen. Um den Ausbau der erneuerbar­en Energien zu forcieren, denkt Lies zudem an eine Beratungss­telle für die Kommunen, die bei den Gewerbeauf­sichtsämte­rn angesiedel­t sein könnte.

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DPA-BILD: PLEUL Braucht neue Impulse: Windenergi­e in Deutschlan­d (hier: Brandenbur­g)

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