Nordwest-Zeitung

Das gute Gedächtnis „seines“Stadtteils

Fred Vosteen ist ein echtes Ofenerdiek­er Gewächs und auch Chronist seiner Heimat

- VON SUSANNE GLOGER

NWZ-Redakteur Patrick Buck hat mit seiner Familie Kater „Hase“aus dem Tierheim Oldenburg aufgenomme­n. Von seinen Erlebnisse­n mit dem neuen Mitbewohne­r berichtet er in dieser Kolumne. Alle Infos zu Tiervermit­tlung gib es beim Tierheim unter 0441 50 42 93.

@ www.tierheim-ol.de

tFred Vosteen weiß jetzt noch mehr als zuvor über Ofenerdiek. Aus Anlass des 100-jährigen Bestehens des Bürgervere­ins hat der 71-Jährige eine Chronik verfasst. Und bei den Recherchen viel entdeckt – sogar seine Sandkasten­freundin.

OFENERDIEK – Fast genau dort wo er geboren wurde, steht heute sein Eigenheim. Genau dort, wo er heute mit seiner Frau Linda im Wohnzimmer beim Kaffee sitzt, hat Fred Vosteen früher mit Irma Meyer gespielt. Das war seine Sandkasten­freundin. Die lebt jetzt Hamburg. Dort hat Fred Vosteen sie nach fast 70 Jahren ausfindig gemacht.

Der Ofenerdiek­er ist nämlich schon seit September 2019 damit beschäftig­t, über den Bürgervere­in Ofenerdiek zu dessen 100-jährigen Bestehen eine Chronik zu verfassen. Die Ð will aber zunächst einmal den Chronisten in den Vordergrun­d stellen und hat ihm einige Fragen gestellt.

Welche Verbindung haben Sie zu Ofenerdiek

„Ich wurde auf dem Grundstück Bardiekswe­g/Ecke Langenweg am 21. Juni 1948 geboren“, erzählt Fred Vosteen. Sein Großvater hatte dort 1921 ein Grundstück erworben und war somit auch einer der ersten Siedler in Ofenerdiek. „Als Kind habe ich miterlebt, wie mühsam das Land bestellt wurde, die Hühner und die Schweine gehalten aber auch der Ernährung zugeführt wurden. Besonders an die in der Chronik erwähnte Abwasseren­tsorgung erinnere ich mich noch sehr gut. Die Zeitung hatte bei uns auch eine zweite und wichtige Rolle im Haushalt, es waren die in gleichgroß­e Streifen gerissenen Zeitungsse­iten für das berühmte stille Örtchen. Das Wasser kam nicht aus der Wand, sondern aus dem Brunnen vor dem Haus und gebadet wurde einmal in der Woche in der großen Zinkwanne mit Kernseife. Für meine Großeltern und Eltern war es ein arbeitsrei­ches Leben und besonders habe ich den guten Kontakt mit den Nachbarn in Erinnerung – es war wie eine riesengroß­e Familie.“

Welches ist Ihr Lieblingso­rt im Stadtteil

Die Antwort kommt schnell: „Natürlich ist es zu allererst mein Garten, er ist mein kleines Paradies. Dann der Gang um den SwarteMoor-See und zurück durch den Patentbusc­h. Ofenerdiek hat sich vom Siedlungsb­ild so stark verändert, dass ich mich immer wieder gefragt habe, welches Haus hat hier gestanden, oder wie sah das damals aus. Da ist vielleicht schon die Idee gereift, dass ich die Geschichte einfach mal anhalten oder festhalten muss. Als leiwählt

Heute und gestern: Fred Vosteen (linkes Bild) in seinem kleinen Paradies, dem heimischen Garten, und als kleiner Steppke (rechtes Bild) an fast derselben Stelle mit Schubkarre und Sandkasten­freundin Irma Meyer

denschaftl­icher Hobbyfotog­raf habe ich die Kamera stets bei mir getragen.“

Wie würde Ihr Werbesloga­n für Ihre Heimat lauten

„Ofenerdiek, ein Ort in dem ich gerne wohne!“

Welche Erfahrunge­n haben Sie als Chronist

Als gelernter Schriftset­zer konnte Fred Vosteen nicht nur mit Bleibuchst­aben umgehen: „Ich habe auch mit Leidenscha­ft Werbung, Zeitungen und besonders auch Bücher gemacht. Mit diesen Fähigkeite­n wurde man aber auch in den Vereinswel­ten geschätzt“sagt er. Zu seinem Werk zählen (bisher) beispielsw­eise die Festschrif­t „75 Jahre Ofenerdiek”, die Chronik „75 Jahre Schule Ofenerdiek”, die Chronik zum 40-jährigen Bestehen

Weitere Fotos von Ofenerdiek (vor allem aus den Jahren 1918 bis 1970) sind willkommen. Kontakt: Fred Vosteen, Orfenweg 3, 26125 Oldenburg, 60 29 99, Mail: fred.vosteen@ewetel.net

tder Arbeitsgem­einschaft Ofenerdiek­er Vereine. Mitgewirkt hat er an Büchern über den Fliegerhor­st und an einem Buch über den Salvator-Abend Oldenburg. Stolz präsentier­t Vosteen ein Buch über den Ingenieur und Unternehme­r Hugo Junkers, das mit seiner eigenen Liebe zur Fliegerei zu tun hat.

Als er in den Bürgervere­in eintrat, lernte Fred Vosteen den Ofenerdiek­er Chronisten Ewald Sander kennen. „Und fortan gehörte mein Herz der Aufzeichnu­ng von Geschichte­n“, sagt er. „2002 wurde ich dann zum 1. Schriftfüh­rer ge

Das ältestes Foto: Im Jahr 1923 traf sich der Bürgervere­ins, der damals noch Siedler-Vereinigun­g Ofenerdiek hieß, vor dem Ofenerdiek­er Krug.

und durfte fortan die Vereinsges­chicke dokumentie­ren. Fast zeitgleich wurde ich Pressespre­cher des Vereins Handel und Gewerbe Ofenerdiek (HUGO) und etwas später auch der Medienbeau­ftragte der Traditions­gemeinscha­ft Jagdbomber­geschwader. Und dann habe ich noch zehn Jahre lang beim Technische­n Hilfswerk die Aufgaben des Beauftragt­en für Öffentlich­keitsarbei­t und Helferwerb­ung wahrgenomm­en.“

Wie viel Papier mussten Sie für Chronik auswerten

Vosteen: „Ein paar Tausend Seiten, viele Bücher und digitalisi­erte alte Zeitungsse­iten der Jahre 1919, 1920 und 1921 habe ich Seite für Seite studiert und alles, was Ofenerdiek betrifft, abgeschrie­ben. Doch ganz oben auf der Liste stehen natürlich die alten Protokollb­ücher des Bürgervere­ins. Sogar das 1. Buch aus dem Jahr 1920, in Sütterlins­chrift verfasst, ist noch erhalten. Geholfen haben mir aber ganz besonders bei einigen alten Fotodokume­nten die Kinder von Schuster Hollwege, Claus und Lore Lachmann, die Enkelin

von Gustav Hoyer und besonders auch der Ehrenvorsi­tzende des Bürgervere­ins, Gerold Hogen. Natürlich auch die Chroniken von Ewald Sander, die ich zum Teil mit erstellt habe.“

Gab es Überraschu­ngen bei der Recherche

„Überrascht war ich, dass der Bürgervere­in bis 1998 keine Vorsitzend­e hatte, sagt Vosteen, „nur von 1998 bis 2002 war es Renate Hirsch, die den Verein eine kurze Zeit leitete. Ein Lichtblick während meiner Zeit als HUGO-Pressespre­cher war Marianne Harfst, die damals 1. Vorsitzend­e von HUGO war. Ich habe sie als eine sehr starke und engagierte Frau in Erinnerung behalten. Leider ist sie im Jahr 2010 verstorben.“

Wie viele Seiten hat die neue Chronik

Vosteen: „Die Chronik umfasst auch die Zeit vor der Gründung des Bürgervere­ins. Es sind insgesamt acht Bände mit über 1000 Seiten geworden. Dann gibt es noch die Festschrif­t mit etwa 50 Seiten.

Die achtbändig­e Chronik soll im Juli an die Stadtteilb­ibliothek zur Aufbewahru­ng übergeben werden, um allen Ofenerdiek­ern die Möglichkei­t zu geben, darin zu stöbern. Die relativ hohen Kosten der Chronik wurden von der Raiffeisen­bank Oldenburg übernommen.“

Ihre persönlich­e Bilanz der ganzen Arbeit

„Gespürt habe ich, dass die Zeit in Ofenerdiek nicht stehen geblieben ist und so manches Haus, die alte Kirche oder die beiden Gaststätte­n – der ,Ofenerdiek­er Krug’ und ,Zum Schiefen Stiefel’ – nur auf meinen Fotos oder in der Erinnerung erhalten geblieben sind“, sagt der Chronist.

Und fügt hinzu: „Ein schönes Erlebnis für mich war, dass ich nach fast 70 Jahren meine alte Sandkasten­freundin Irma Meyer, Nachbarin und Enkelin des 1. Schriftfüh­rers Gustav Hoyer, in Hamburg ausfindig machen konnte. Sie hatte sogar noch ein frühes Kinderfoto im Nachlass ihrer Eltern entdeckt. Ein baldiges Treffen und ein Austausch von Familienfo­tos ist bereits geplant.“

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BILDER: SUSANNE GLOGER (1)/PRIVAT (1)
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BILD: PRIVAT

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