Pferdebahn auf Spiekeroog vor ungewisser Zukunft
Altes Deichschart müsste für zwei Millionen Euro erneuert werden
Spiekeroog – Diesen Sommer verstummt das Geklapper, so viel steht fest. Die weitere Zukunft der Spiekerooger Pferdebahn ist indes ungewiss. Zu ihrem 135. Geburtstag drängt sich in diesem Jahr das Thema Sturmflutsicherheit auf. Das Problem ist das in die Jahre gekommene Tor im Deich, durch das die Bahn gezogen wird.
Das sogenannte Deichschart müsse langfristig durch einen Neubau oder einen Lückenschluss des Deiches ersetzt werden, bilanziert die zuständige Behörde, der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), nun nach eingehender Prüfung. Der Bürgermeister der Inselgemeinde, Matthias Piszczan (CDU), übersetzt das so: Minimum zwei Millionen Euro, die die Touristik-Gesellschaft Nordseebad Spiekeroog ein neues Schart kosten würde – gegenüber einem mittleren sechsstelligen Betrag für den schlichten Lückenschluss. Nach finanziellen Gesichtspunkten ist die Sache klar. „Aber durchs Schart verläuft die Trasse der ehemaligen Inselbahn von 1885“, erklärt der Bürgermeister. Auch sie wurde von Pferden gezogen. Im Juli 1885 wurde die Verbindung vom Dorf zum damaligen Herrenbadestrand eingeweiht und später zum Schiffsanleger erweitert.
„Früher standen die Leute hier und warteten auf die Urlaubsgäste, amüsierten sich, wie unpraktisch die angezogen waren“, erzählt Dieter Mader beim Spaziergang durch den pittoresken Dorfkern. Der 74-Jährige ist Vorsitzender des Museumsvereins Spiekeroog. „Wenn sie genug gelästert haben, sind sie nach Hause – aber immer mit einem Kopfschütteln: Freiwillig ins Wasser gehen? Auf so was Verrücktes kommen nur Leute vom Festland.“
Vom Transportmittel hat sich die Bahn zur reinen Touristenattraktion gewandelt – rund 15 000 Menschen fahren jedes Jahr mit der Museumspferdebahn. Sie ist eine Rarität. Im sächsischen Döbeln fährt zum Beispiel eine Pferde-Straßenbahn. Auf Spiekeroog ruckelt das Gespann mit 16 Sitzplätzen im Sommer mehrmals am Tag auf der rund einen Kilometer langen Strecke hin und her. Zwei Pferde ziehen es im Wechsel.
Aber wie geht es weiter? Der Bürgermeister denkt an Spendensammlung. Oder daran, den Bahnhof vor den Deich zu verlegen – was die knappe Strecke weiter verkürzen würde. „Es wäre mit einem riesigen Aufwand verbunden, aber man könnte auch die alte Abzweigung wieder nutzen und bis zum Zeltplatz fahren“, sagt Piszczan.