Von Schuldgefühl oder Reue keine Spur
Tödlicher Messerangriff auf Fritz von Weizsäcker – Angeklagter schildert Tat emotionslos
Daniel Hope (46) glaubt nicht daran, dass der Kulturbetrieb nach Corona so sein wird wie vor der Pandemie. „Ich glaube, es wird nie eine richtige, komplette Rückkehr zur Normalität geben“, sagte der Stargeiger bei einer Online-Pressekonferenz von Arte. Der Spartensender streamt seit dem Lockdown in der Corona-Krise das Format „Hope@Home“. Teilweise seien in den USA Öffnungen erst für September 2021 im Gespräch. Auch in England stünden die ersten Theater vor dem Aus. Für Deutschland malt Hope hingegen dank staatlicher Unterstützung kein so düsteres Bild.
Der gewaltsame Tod des renommierten Berliner Arztes sorgte bundesweit für Entsetzen. Wie aus dem Nichts wurde der Mediziner mit einem Messer angegriffen.
BERLIN – Bedauern? Schuldgefühle? Reue? Eher das Gegenteil wird deutlich, als der 57 Jahre alte Angeklagte vor dem Berliner Landgericht gesteht, den jüngsten Sohn des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker erstochen zu haben. „Ich bin froh, dass er tot ist. Für mich war es notwendig“, liest der Mann aus Andernach sein Geständnis vor. Er bezeichnet sich als Zwangsneurotiker, Ex-Nazi und verkrachte Existenz.
Für seine Aussage darf der schmächtige Mann mit Brille seine Panzerglas-Box verlassen und zwischen seinen Anwälten Platz nehmen. Zuvor hat er den Fotografen bereitwillig sein Gesicht gezeigt. Fast im Plauderton schildert der einstige Packer in einem Logistikzentrum dann, wie er den Angriff auf den ihm persönlich unbekannten Mediziner plante. Wie er vorher noch Wäsche wusch, zum Friseur ging und dann Fahrkarten nach Berlin und in Koblenz ein Messer kaufte.
Dem mutmaßlichen Mörder gegenüber sitzen im Saal 700 die Schwester des Getöteten,
Aus seiner Sicht sei Richard von Weizsäcker durch seine frühere leitende Tätigkeit für das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim mitverantwortlich für die Produktion von „Agent Orange“. Er habe ein Zeichen gegen unmoralisches Verhalten setzen wollen. „Weil ich nicht an den Bundespräsidenten kam, habe ich die Familie ins Visier genommen“, sagt der Angeklagte emotionslos. Laut Anklage wollte er als „Kollektivschuld“Tote in Vietnam rächen.
Publikum genossen
Es scheint, als würde es der Angeklagte genießen, Zuhörer zu haben. Die Tat habe er sich komplizierter vorgestellt, schildert der 57-Jährige. Er habe sich gefragt, „ob ich das hinkriege“. Er sei vom Hauptbahnhof mit dem Bus zum Vortrag gefahren, den er sich im Internet herausgesucht habe. Aus der letzten Zuhörerreihe sei er dann nach vorn gegangen und habe auf halber Strecke das Messer aus der Jacke gezogen. Erst habe er nicht gedacht, den Professor schwer getroffen zu haben, dann sei dieser zusammengesackt. „Ich wollte, dass es gelingt“.
Ein Polizist, der privat bei dem Vortrag war, habe ihn zu Boden gedrückt. Ihm habe er das Messer „durch die Hand gezogen“, heißt es im Geständnis des Angeklagten. Der Prozess wird am 4. Juni fortgesetzt. Dann soll der verletzte Polizist als Zeuge aussagen.