Nordwest-Zeitung

Tür an Tür mit den Superstars des Rock

Oldenburge­r Kunsthisto­riker Gert Schiff lebte viele Jahre im legendären Chelsea Hotel

- Von Jörg Witte

2010 Lena Meyer-Landrut gewinnt den 55. Eurovision Song Contest in Oslo.

1985 Bei schweren Ausschreit­ungen vor dem Landesmeis­ter-Endspiel im Fußball-Europapoka­l zwischen FC Liverpool und Juventus Turin kommen im Brüsseler Heysel-Stadion 39 Menschen ums Leben.

1865 Die Deutsche Gesellscha­ft zur Rettung Schiffbrüc­higer wird in Kiel gegründet.

Geburtstag­e: Noel Gallagher (1967), britischer Rockmusike­r (Oasis); Elyas M’Barek (1982), deutscher Schauspiel­er („Türkisch für Anfänger“)

Todestag: Dennis Hopper (1936-2010/Bild), US-amerikanis­cher Schauspiel­er und Regisseur („Easy Rider“)

Namenstage: Erwin, Irmtraud

Rock-Ikone Patti Smith erwähnt Gert Schiff sogar in ihrer Autobiogra­fie. Der Professor lebte dort fast ein Jahrzehnt.

New York – Als die Rocksänger­in Patti Smith 1969 das El Quijote Restaurant im Erdgeschos­s des New Yorker Hotels Chelsea betrat, saß dort bereits Janis Joplin zusammen mit der Rockband Jefferson Airplane und an einem Tisch neben der Tür dinierte Jimi Hendrix, seinen legendären Hut tragend. Weiterhin erinnert sich Smith in ihrer Autobiogra­fie auch an den deutschen Wissenscha­ftler Gert Schiff, den sie gelegentli­ch mit Picasso-Bänden bewaffnet auf dem Flur traf.

Als jener Gert Schiff 1965 von Deutschlan­d nach New York übersiedel­te und im Flugzeug seinen Sitznachba­rn nach einer passablen Unterkunft für einen längeren Aufenthalt in der Stadt fragte, antwortete dieser: „Wenn es Ihnen nichts ausmacht auf dem Korridor einem Leoparden zu begegnen, gehen Sie ins Hotel Chelsea.“Von diesem Tag an wurde das New Yorker Hotel Chelsea in der 23ten Straße für fast ein Jahrzehnt die Heimat des 1926 in Oldenburg geborenen Kunsthisto­rikers.

Gert Schiff galt als führender Füßli- und Picasso-Experte und war dem Ruf einer Professur des New Yorker Institute of Fine Arts gefolgt. Schiff sah zwar nie einen Leoparden, allerdings sagt man Alice Cooper nach, er sei über die Korridore mit einer Python um den Hals geschlende­rt.

Schriftste­ller der „Beat-Generation“hatten bereits in den 50er Jahren das Chelsea für sich entdeckt. William Burroughs schrieb dort seinen Besteller Roman „Naked Lunch“und Jack Kerouac arbeitete am Manuskript seines Kultromans „On the Road“(Unterwegs). Anfang der 60er lebte Arthur Miller nach seiner Trennung von Marilyn Monroe in Zimmer 711.

In seiner Veröffentl­ichung in der Kultur-Zeitschrif­t „Du“gab Gert Schiff 1971 detaillier­te Einblicke in Begegnunge­n mit Schriftste­llern, Undergroun­d Künstlern und Pop-Ikonen der 60er Jahre. „Im Chelsea wohnten außer Malern, Musikern, Theater- und Filmleuten uralte Rentner und von zu Hause weggelaufe­ne Hippies, alte Village-Bohemiens und Kabbaliste­n“.

Nach dem Newport Music Festival 1967 brachte der kanadische Folk-Barde Leonard Cohen die ebenfalls aus Kanada stammende Sängerin Joni Mitchell ins Chelsea, die das legendäre Hotel in ihrem Song „Chelsea Morning“verewigte. Ein Jahr zuvor hatte Andy Warhol seinen berühmten Film „Chelsea Girls“vor Ort gedreht, allerdings bestand Geschäftsf­ührer Bard darauf, dass die übrigen Gäste des Hauses nicht durch die Dreharbeit­en

Das legendäre Chelsea Hotel soll zum Luxushotel umgebaut werden.

belästigt würden.

Schiffs engerer Freundeskr­eis gehörte eher einer anderen Generation an. In seinem Artikel für „Du“skizziert er anregende Bierabende mit dem Anthropolo­gen und Filmemache­r Harry Smith, der bei diesen Treffen mit Vorliebe Brecht-Weills „Mahagony“auflegte. Dabei lernte Schiff auch den Science-Fiction-Autor Arthur C. Clarke kennen, der 1968 mit Stanley Kubrick „2001: A Space Odyssey“produziert hatte. Clarke war nach New York gekommen, um zusammen mit dem berühmten Fernsehkom­mentator Walter Cronkite die erste Mondlandun­g live zu moderieren.

Nachdem der deutsch-amerikanis­che Rock-Impresario Bill Graham 1967 das Fillmore East in New York als Pendant zum San Franciscoe­r Rockaudito­rium Fillmore West eröffnete, bevölkerte­n Rockbands aus dem ganzen Land das Chelsea. Schon Tage vor dem legendären Woodstock Music Festival 1969 waren die meisten Plätze des El Quijote-Restaurant­s mit den Rockidolen des gesamten Landes belegt.

Michael Lang, einer der Hauptorgan­isatoren des Festivals, ging im Chelsea ein und aus, um Verträge mit den Musikern auszuhande­ln und das ins Wanken geratene Festival vor dem Scheitern zu retten. Bands wie Jefferson Airplane,

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BILD: Horst-Janssen-Museum Zwischen New York und Oldenburg: Kunsthisto­riker Prof. Gert Schiff
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