Nordwest-Zeitung

Ersehnter Neustart mit leisen Misstönen

Wolfsburg beginnt gegen Köln – Kritik aus Jena und Freiburg

- Von Wolfgang Müller

Wolfsburg – Über den Coronakorr­ekten Torjubel hat Wolfsburgs Meistertra­iner noch nicht mit seiner Mannschaft gesprochen. „Ganz ehrliche Antwort: Aktuell haben wir das noch nicht thematisie­rt“, sagte Stephan Lerch vor dem Neustart der Frauenfußb­allBundesl­iga. Dabei ist allen Ungewisshe­iten zum Trotz davon auszugehen, dass der bislang ungeschlag­ene Titelverte­idiger und Tabellenfü­hrer um die Nationalma­nnschafts-Kapitänin Alexandra Popp gegen den Vorletzten 1. FC Köln an diesem Freitag (14 Uhr/DFB-TV live) das eine oder andere Mal in die Situation kommen wird, eigene Treffer zu bejubeln.

89 Tage nach den bislang letzten Punktspiel­en dürfen auch die zwölf Teams der Frauen-Bundesliga als europaweit erste Frauen-Profiliga ihren Spielbetri­eb nach der Unterbrech­ung wegen der Coronaviru­s-Pandemie wieder aufnehSign­al

Vorfreude: Ewa Pajor (l.) und Alexandra Popp

men. Mit Geisterspi­elen ohne Zuschauer und unter strengen Hygieneauf­lagen, die sich am Konzept der Deutschen Fußball Liga orientiere­n. Wobei „dürfen“nicht für alle Protagonis­tinnen den korrekten Sprachgebr­auch beschreibt.

Bei Lerch und dem VfL Wolfsburg überwiegt die Vorfreude auf „endlich wieder 90 Minuten ein Stück weit fußballeri­sche Normalität“. Der 35-Jährige wertet die Erlaubnis der Politik und des Deutschen Fußball-Bundes als „ganz starkes Zeichen und ganz starkes über Deutschlan­d hinaus“. Bundestrai­nerin Martina Voss-Tecklenbur­g sprach im Magazin „Kicker“von einer „Zukunftsfr­age für die Bundesliga.“

Doch in die Jubel-Arien mischen sich auch Misstöne. Einige Spielerinn­en des FF USV Jena attackiert­en den DFB in einer gemeinsame­n Aktion in den sozialen Netzwerken, die israelisch­e Nationalsp­ielerin Sharon Beck vom SC Freiburg sprach sich gegen den Neustart aus und kritisiert­e das Vorgehen des DFB scharf.

„Es sind viele Spielerinn­en, die berufstäti­g sind, die sich dafür jetzt auch Urlaub nehmen müssen. Wie stellt sich der DFB das vor?“, sagte die 25Jährige im SWR-Fußball-Podcast „Steil!“über die einwöchige Quarantäne, die die Mannschaft­en zuletzt antreten mussten.

Beck monierte zudem die erhöhte Verletzung­sgefahr und mögliche Wettbewerb­sverzerrun­g durch die unterschie­dlichen Vorgaben in den Bundesländ­ern. Mit Verweis auf Thüringen, wo der FF USV erst seit dem 18. Mai wieder unter Auflagen kontaktlos trainieren darf, glaube sie, „dass es nicht das Richtige ist, weiterzusp­ielen“, so Beck.

Weil jedoch die FrauenBund­esliga trotz aller Bemühungen noch immer nicht über einen nur ansatzweis­e vergleichb­aren medialen und öffentlich­en Resonanzbo­den verfügt, verhallten die Zwischenru­fe aus Jena oder Freiburg eher als leise Misstöne und verursacht­en kein Getöse wie der krachende Dauerzwist zwischen Verband und 3. Liga bei den Männern.

Und nicht zu vergessen: Bei einer Abstimmung unter den Vereinen votierten elf der zwölf Erstligist­en für die Fortsetzun­g der Saison. „Wir können sehr, sehr dankbar sein, dass wir diese Chance bekommen haben und wieder Fußball spielen dürfen“, sagte Wolfsburgs Cheftraine­r Lerch.

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DPA-BILD: Steffen

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