Nordwest-Zeitung

„Ich schaue nach vorn“

Die neue Wehrbeauft­ragte Eva Högl über ihre Pläne für das Amt

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

Frau Högl, mit welchen Erwartunge­n gehen Sie in das neue Amt? Welche Schwerpunk­te wollen Sie setzen?

Högl: Für mich ist es sehr wichtig, eine gute Anwältin der Soldatinne­n und Soldaten zu sein. Es ist entscheide­nd, was an Problemen aus der Truppe vorgetrage­n wird. Ich werde gut zuhören, Lösungen entwickeln und Diskussion­en anstoßen und habe mir bereits einen Überblick verschafft, was ansteht. Es geht darum, was die Truppe bewegt – eine gute Ausbildung, eine gute Ausrüstung, insbesonde­re für die gefährlich­en Auslandsei­nsätze. Viele Soldatinne­n und Soldaten beschäftig­t auch die Gefahr durch das Coronaviru­s, aber auch die Vereinbark­eit von Familie und Beruf, das Pendeln, der Aufstieg, die Verwendung. Das sind Themen, die vorgetrage­n werden und um die ich mich engagiert kümmern werde. Ich hoffe, dass ich das Vertrauen der Soldatinne­n und Soldaten erhalten werde.

Es gab Fälle von Rechtsextr­emismus in der Truppe, zuletzt in der Eliteeinhe­it KSK. Werden Sie da genauer hinschauen?

Högl: Mir ist wichtig, dass wir keinen Generalver­dacht ausspreche­n. Die überwiegen­de

Mehrheit der Soldatinne­n und Soldaten steht fest auf dem Boden des Grundgeset­zes und übt ihre Tätigkeit verantwort­ungsvoll und gewissenha­ft aus. Natürlich müssen wir das Thema Rechtsextr­emismus in der Bundeswehr grundsätzl­ich diskutiere­n. Mich hat positiv überrascht, dass der Weckruf aus dem KSK selbst kam. Der Kommandeur hat sich mit einem an Deutlichke­it nicht zu überbieten­den Schreiben zu Wort gemeldet. Aber auch die Beteiligun­gsgremien haben sich gemeldet und das Problem benannt. Das überzeugt auch diejenigen, die davon ausgegange­n waren, dass es kein Problem bei dem Thema Extremismu­s in der Truppe gibt. Wir müssen dies jetzt engagiert angehen. Ich werde viele Truppenbes­uche machen, aber auch zum KSK fahren, um mit Soldatinne­n und Soldaten aller Dienstgrup­pen zu sprechen. Jeder Einzelfall muss untersucht werden. Wir müssen aber auch über die Strukturen nachdenken. Antidemokr­atische Sichtweise­n dürfen in der Truppe keinen Platz haben und sich nicht verbreiten.

Die Bundeswehr ist in Teilen nur bedingt einsatzfäh­ig. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass es eine bessere Ausstattun­g gibt und das Zwei-Prozent-Ziel für den Etat erfüllt wird?

Högl: Mein Fokus liegt natürlich auf den Soldatinne­n und Soldaten. Sie müssen gut ausgestatt­et und ausgebilde­t sein, um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können. Das Zwei-Prozent-Ziel ist politisch vereinbart. Ich stelle das nicht in Frage. In den nächsten Jahren nach der Corona-Epidemie wird es darum gehen, im Bundeshaus­halt die richtigen

Schwerpunk­te zu setzen. Ich werde mich im Interesse der Soldatinne­n und Soldaten dafür einsetzen, dass wir gute Rahmenbedi­ngungen für die Bundeswehr haben.

Sie sind die zweite Frau als Wehrbeauft­ragte. Werden Sie sich besonders für die Soldatinne­n in der Truppe einsetzen? Högl: Selbstvers­tändlich. Das ist ein Blick, den eine Frau mitbringt. Bei der Situation der Soldatinne­n in der Truppe gibt es spezifisch­e Anliegen. Andere Themen, wie die Vereinbark­eit von Familie und Beruf, betreffen Männer und Frauen gleicherma­ßen. Als Frau ist mir auch eine Mischung von Männern und Frauen und ein gutes Miteinande­r wichtig. Darauf werde ich ein wachsames Auge haben.

Im Vorfeld hat es Diskussion­en, um Ihre Wahl gegeben. Sie sind keine Bundeswehr-Expertin. Wie gehen Sie mit der Kritik um?

Högl: Der Start war nicht optimal. Ich schaue nach vorn. Ich bin bisher keine Verteidigu­ngspolitik­erin gewesen, aber ich fühle mich gut gerüstet. Ich bin gelernte Juristin und kenne die Verwaltung, war elf Jahre lang direkt gewählte Bundestags­abgeordnet­e. Ich bringe auch einen frischen Blick mit und nehme die Herausford­erung an.

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