Nordwest-Zeitung

Baumeister und Visionär: Norman Foster wird 85

Der Brite gehört zu den preisgekrö­nten Stars der Branche – „Seine“Reichstags­kuppel ist Touristenm­agnet

- VON SIGRID HOFF

Seine Vision moderner Baukunst hat er überall verewigt. Als Hobbypilot sieht er sich die Welt gern von oben an.

BERLIN – Die gläserne Kuppel ragt wie eine Skulptur in den Himmel über Berlin. Darin bewegen sich Menschen auf spiralförm­igen Rampen. In der Mitte ragt ein verspiegel­ter Kegel nach unten, der Tageslicht ins Innere des Gebäudes bringt. Die Besucher der Kuppel können nicht nur weit über die Stadt blicken, sondern auch nach unten, ins Herz der Berliner Republik: in den Plenarsaal des Deutschen Bundestags. Die transparen­te Reichstags­kuppel ist das wohl bekanntest­e Werk von Norman Foster in Deutschlan­d. Der Brite, von der Queen geadelt zu Baron Foster of Thames Bank, ist ein Architekt der Superlativ­e. Am Montag wird er 85 Jahre alt.

Er schuf mit der Kuppel ein Ausrufezei­chen in der deutschen Hauptstadt, das weltweit einzigarti­g ist. „Die Besucher können den Abgeordnet­en im Saal quasi auf die Finger schauen“, so empfindet es der SPD-Politiker Wolfgang Thierse, der als Präsident des Deutschen Bundestags im Jahr 1999 den zum neuen Parlaments­sitz

umgebauten Reichstag in Berlin eröffnete. „Mit dieser Kuppel ist das Reichstags­gebäude nicht nur zur Touristena­ttraktion geworden, sondern ein sichtbares Symbol für die parlamenta­rische Demokratie in Deutschlan­d“, sagte er.

Norman Foster, 1935 als Arbeiterki­nd im nordenglis­chen Reddish geboren, hat weltweit mit seinen Bauten Markenzeic­hen hinterlass­en: schlanke gläserne Turmbauten wie die knapp 180 Meter hohe HSBC-Bank in Hongkong von 1985, den als „Gherkin“– Gurke – bezeichnet­en Turm für die Swiss Re in London oder das 341 Meter hohe Comcast Technologi­e-Zentrum in Philadelph­ia.

Zu den Ikonen seiner Architektu­r gehören die längste Stahlbrück­e der Welt, der Viadukt von Millau in Südfrankre­ich, ebenso wie die Millennium-Brücke

und die Überdachun­g des großen Innenhofs des British Museums. Der Hauptsitz seines Londoner Büros mit der Adresse Riverside One ist Legende. Für seine Bauten erhielt er zahlreiche Ehrungen, darunter den Pritzker Prize für Architektu­r.

Sein Studium verdiente Foster sich in Manchester mit Hilfsjobs. Ein Stipendium führte ihn schließlic­h an die Yale University in den USA. Zu seinen Vorbildern gehören der US-amerikanis­che Architekt Frank Lloyd Wright und der Utopist Buckminste­r Fuller. In den USA traf er seinen späteren Partner Richard Rogers, mit dem er 1963 sein erstes Büro „Team 4“eröffnete. 1967 trennten sie sich, Foster begründete seine eigene Firma.

Aus der Zeit mit Rogers, der das Centre Pompidou in Paris mitentworf­en hat, hält sich das Label des Hightech-Architekte­n

Stararchit­ekt Lord Norman Foster wird 85.

Foster. Dabei stehen seine Bauten nicht nur für Technikbeg­eisterung, wie Christoph Freigang betont, Architektu­rhistorike­r an der Freien Universitä­t Berlin: „Bei Foster tritt das Spektakulä­re seines Entwurfs zurück hinter ganz viele subtile Aspekte wie das Zusammenwi­rken von Ökologie, technische­r Intelligen­z und formaler Durchgesta­ltung.“

Seit seiner Kindheit ist Lord Foster of Thames Bank ein Flugzeugfa­n, diente in der Royal Air Force und ist qualifizie­rt, seinen eigenen privaten Hubschraub­er und Jet zu fliegen. Er hält die Boeing 747 für das beste Bauwerk der Welt. „Es ist die Größe, der Maßstab. Es ist heroisch. Reine Skulptur“, schwärmte er. „Sie muss nicht wirklich fliegen: Sie könnte im Museum stehen.“

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DPA-BILD: NIETFELD Besucherma­gnet: Passanten schauen sich die von Norman Foster entworfene Kuppel auf dem Reichstag an.
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DPA-BILD: WEIGEL

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