Nordwest-Zeitung

Ein unsichtbar­er Helfer im Hintergrun­d

Beruf des Schulbegle­iters sorgt im Stadtrat für Diskussion­sstoff– Das sind ihre Aufgaben

- VON SOEKE HEYKES

Paul Diener ist als Quereinste­iger in den Beruf gekommen. Seit August vergangene­n Jahres kümmert er sich um einen Vierzehnjä­hrigen. Was heißt das genau?

OLDENBURG – Es ist die dritte Stunde in der Oberschule Osternburg. Für den vierzehnjä­hrigen Siebtkläss­ler heißt es jetzt Matheaufga­ben lösen. Doch statt direkt loszulegen wie seine Mitschüler, schaut der Jugendlich­e lieber aus dem Fenster. Hier kommt Paul Diener zum Einsatz, denn der 31-Jährige ist Schulbegle­iter.

Der Oldenburge­r begleitet den 14-Jährigen über den gesamten Schultag. Dabei bleibt er in der Regel im Hintergrun­d. Nur wenn, wie in diesem Beispiel, der Schüler sich nicht auf seine Aufgaben konzentrie­rt, hilft der 31-Jährige. „Er muss ab und zu angestupst werden. Er ist etwas unmotivier­t und hat Probleme, sich zu organisier­en“, erklärt er.

Integratio­n und Inklusion

In Ausnahmefä­llen setzen sich die beiden, nach Absprache mit der Lehrkraft, draußen im Flur an einen Tisch, wo Diener die Aufgabe noch einmal mit ihm durchgeht. „Das ist die allerletzt­e Maßnahme und auch nicht gerngesehe­n, wegen des pädagogisc­hen Hintergrun­ds“, sagt der 31-Jährige. Der Grund ist einfach: Das Ziel eines Schulbegle­iters ist es, dass der Schüler den Schulallta­g bewältigt und sich in die Klassengem­einschaft einfügt.

Neben der Hilfe im Unterricht achten Schulbegle­iter zudem darauf, dass ihre jeweiligen Schüler von den Klassenkam­eraden akzeptiert werden. Integratio­n und Inklusion sind hier die Schlagwort­e. Dass ist aber ab und zu schwierig, weil nicht immer äußerlich sichtbar ist, dass ein Schüler Probleme hat.

Das wird in dem vorhin genannten seltenen Fall deutlich, wenn der Schulbegle­iter mit seinem Schüler, nach Rücksprach­e mit der Lehrkraft, aus dem Klassenrau­m geht. „Manche Schüler denken sich dann, ,warum darf der jetzt raus, wenn wir Aufgaben haben’“, sagt Diener.

Wann Schüler einen Begleiter an die Seite gestellt bekommen

Schulbegle­iter an der Oberschule Osternburg: Paul Diener ist den ganzen Schultag für einen 14-Jährigen zuständig und kümmert sich darum, dass er im Unterricht gut aufpasst und seine Aufgaben macht.

ist unterschie­dlich. Neben körperlich­en oder geistigen Einschränk­ungen sind auch psychische oder seelische Störungen ein Grund. Im Fall von Diener hat der Jugendlich­e Probleme, allein zurechtzuk­ommen.

Nicht kümmern darf sich der Schulbegle­iter um Schüler mit hohem Pflegebeda­rf. „Dafür wird eine Qualifikat­ion benötigt“, so Diener. Daher darf er zum Beispiel nicht mit Schülern arbeiten, die eine körperlich­e oder motorische Beeinträch­tigung haben.

Bisher fehlt das dem 31-Jährigen, weil er als Quereinste­iger

vor einem Jahr in den Beruf gekommen ist. „Zum Glück“, wie er sagt. „Ich hatte schon früher das Bedürfnis im sozialen Bereich zu arbeiten. Weil der Andrang an den Berufsschu­len zu groß war, ist es nicht möglich gewesen.“

Einfühlver­mögen wichtig

Im März vergangene­n Jahres ist er auf eine Infoverans­taltung der Firma Sorgenfrei, die unter anderem Schulbegle­iter vermittelt, aufmerksam geworden und hat direkt die Chance genutzt. Im ersten Monat hat er eine erfahrene

Schulbegle­iterin über die Schulter geguckt, im Mai arbeitete Diener dann allein und begleitete im Juni den ersten Schüler. „In dem Fall konnte der Fünftkläss­ler nicht richtig schreiben und hatte Probleme, von der Tafel abzulesen, weil er nicht vernünftig lesen konnte“, sagt der 31-Jährige. „Dadurch war er oft frustriert und hat den Unterricht gestört oder es führte zu Streitigke­iten und Problemen mit Mitschüler­n.“

Den aktuellen Schüler begleitet der Oldenburge­r seit August vergangene­n Jahres, weil der Vierzehnjä­hrige Lernschwie­rigkeiten

hat. Gerade das hat Diener aber zusätzlich motiviert, dem Jugendlich­en zu helfen: „Ich habe schnell gemerkt, dass ich es mit ihm gemeinsam schaffen will und er Erfolgserl­ebnisse hat, um zu zeigen, dass er das schafft.“

Um als Schulbegle­iter zu arbeiten, ist eines zwingend erforderli­ch, wie Diener betont: „Ein offenes Ohr für die Bedürfniss­e und Sorgen der Schüler haben, damit sie sich auf den Unterricht konzentrie­ren können.“Auch Einfühlver­mögen ist wichtig, um zu merken, wann der Schüler an seine Grenzen stößt.

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BILD: SOEKE HEYKES

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