Daten und Fakten
Nach einer wechselvollen Geschichte im 20. Jahrhundert kehrt die „Peking“nun zurück. Frisch restauriert und aufbereitet als Museumsschiff macht die Viermastbark für immer fest in Hamburg.
Wewelsfleth/Hamburg – Im August endet in Hamburg eine mehrfache Weltreise, deren Beginn 110 Jahre zurückliegt. Damals wurde in der Hansestadt auf der Werft Blohm & Voss der Kiel gelegt für die „Peking“, einem der legendären Flying P-Liner, die unter der Flagge der Hamburger Reederei F. Laeisz als Frachter um die Welt segelten.
Das Schiff, das in der Wewelsflether Peters Werft zwischen Glückstadt und Brunsbüttel in den vergangenen drei Jahren instandgesetzt wurde, ist nicht irgendein Kahn. Der Segler mit dem Stahlrumpf in den deutschen Reichsfarben Schwarz-WeißRot, den gelben Masten und den braunen Oregon-Pitchpine-Deckplanken steht sowohl für die frühe Globalisierung der Wirtschaft als auch für eines der letzten Kapitel der Frachtsegler.
Die „Peking“und ihre sieben Schwesterschiffe konnten es zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch aufnehmen mit den Dampf- und Motorschiffen, bevor diese die Segler endgültig aus der Frachtschifffahrt verdrängten. Die Flying P-Liner der Laeisz-Reederei, die über 80 Schiffe in Auftrag gegeben hat, galten als sicher, zuverlässig und besonders schnell. Die „fliegenden“Segelschiffe, auch „Hamborger Veermaster“genannt und als solche besungen, schrieben Schifffahrtsgeschichte.
Die 115 Meter lange „Peking“mit einer über 50 Meter hohen Großmastspitze und etwa 4600 Quadratmetern Segelfläche wurde nach dem 1911er Stapellauf eingesetzt auf der Route zwischen Europa und Südamerika. Mit dem Frachter wurde der hiesige Dünger-Bedarf an Salpeter und Guano gedeckt.
5000 Tonnen Fracht
In den kirchenschiffgroßen Frachtraum passten 5000 Tonnen, die dort in Säcken verstaut wurden, was mehrere Wochen dauern konnte. Von und zu den Ladehäfen in Chile nahm das Schiff jeweils den stürmischen und gefährlichen Kurs über Kap Hoorn. Für die 9150 Seemeilen, das sind fast 17000 Kilometer, vom englischen Lizard am Ärmelkanal nach Chile benötigten die gut 30 Mann an Bord etwa zweieinhalb Monate.
Die Karriere des Frachtseglers endete nach zahlreichen
Reisen 1932. Der Panama-Kanal galt längst als die sicherere Passage, und die Erfindung des Kunstdüngers hatte die Salpeter-Fahrten zunehmend überflüssig gemacht. Überdies verhagelte die Weltwirtschaftskrise die Geschäfte. F. Laeisz verkaufte die „Peking“für 6250 Pfund Sterling nach Großbritannien, wo sie umgebaut und in den nächsten Jahrzehnten als stationäres Schul- sowie Internatsschiff diente.
Unter dem Namen „Arethusa“. Mitte der 1970er Jahre legten Amis für das Schiff 70 000 Pfund Sterling auf den Tisch. Als Eigentum des New Yorker South Street Seaport Museums wurde der Segler in die USA geschleppt und 1975 auf dem East River festgemacht, wo er seinen alten Namen zurückerhielt.
Der Viermaster lag als Museumsschiff fortan fotogen unweit der Brooklyn Bridge. Da sich nach der aufwendigen Sechseinhalb-Millionen-USDollar-Restaurierung jedoch niemand um die Instandhaltung kümmerte, verrottete die einst stolze Bark zusehends.
Abwracken verhindert
Das scheinbar unvermeidliche Abwracken verhinderten einige Hamburger, konkret die Mitglieder der Stiftung Hamburg Maritim sowie die Freunde der Peking durch ihren unermüdlichen Einsatz, das Schiff zurück in seinen Heimathafen zu holen und zu restaurieren. Vor fünf Jahren gab es endlich grünes Licht, und der Deutsche Bundestag stellte Geld bereit. 2017 wurde die „Peking“auf einem Dockschiff von New York nach Wewelsfleth in Schleswig-Holstein gebracht, wo im Mai die Instandsetzung abgeschlossen wurde.
Joachim Kaiser, Vorstandsmitglied in der Stiftung Hamburg Maritim und verantwortlich für die Restaurierung, erklärte das Projekt „Peking“einmal so: „Wir wollen, dass alles intakt wirkt. Aber es soll erkennbar sein, wo repariert und verändert wurde.“Auf diese Weise wird die abwechslungsreiche Geschichte des Schiffes nachvollziehbar. Man sieht etwa die Schweißnähte für die Bullaugen, die zur Wiederherstellung des ursprünglich nachtdunklen Frachtraums verschlossen wurden.
Der Rumpf, der zu einem Drittel erneuert werden musste, ist übersät mit weiteren Nähten, Reparaturblechen, kleinen und großen Nieten. Das Holz auf dem Oberdeck wurde komplett ausgetauscht. Und die Nietköpfe auf den silbergrauen Spanten im Laderaum halten dort nichts mehr zusammen, wo sich der Rost zu sehr ins Metall gefressen hatte und dies ebenfalls ersetzt werden musste.
Die „Peking“wurde für 38 Millionen Euro, drei Millionen mehr als veranschlagt, als Museumsschiff hergerichtet und weitestgehend in den Originalzustand versetzt. Fahroder gar seetüchtig ist der Frachtsegler nicht mehr. Dafür werden Fahrstühle und barrierefreie Türen eingebaut. Die
Buchcover
Die „Peking“ Technische Daten:
Viermastbark, Rumpf, Masten und Rahen aus Stahl; Höchstgeschwindigkeit 17 Knoten; Gesamtlänge 115 m, Breite 14,40 m, Tiefgang 7,24 m; 32 Segel
Im Oceanum Verlag
(Wiefelstede) ist ein Magazin über die „Peking“erschienen; 192 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, 19,90 Euro
@ www.oceanum.de
Macher wünschen sich, dass künftige Besucher beim Gang übers und durchs Schiff nacherleben können, wie Seefahrt und Hafenumschlag vor 100 Jahren ausgesehen haben.
Neben der „Peking“haben es drei weitere Flying P-Liner bis in die Gegenwart geschafft. Das Quartett komplettieren die Museumsschiffe „Pommern“und „Passat“im finnischen Mariehamn und in Travemünde sowie die Ex-„Padua“, die als einzige Viermastbark noch über die Meere segelt als russisches Segelschulschiff „Kruzenshtern“.
Ins neue Hafenmuseum
Die „Peking“ist nach dem Abschluss der Restaurierung in den Besitz der Stiftung Historische Museen Hamburg übergegangen. Sprecher Matthias Seeberg kennt die nächsten Liegeplätze des Schiffs. „Geplant ist aktuell, die ,Peking’ Ende August nach Hamburg zu überführen. Sie soll dann erst mal im Hansahafen am schon bestehenden Hafenmuseum Hamburg liegen. Der finale Liegeplatz wird allerdings am Kleinen Grasbrook sein, wo das Deutsche Hafenmuseum entstehen wird.“