Nordwest-Zeitung

Das ganze Orchester aus dem Tablet

Neue Möglichkei­ten für Musikgenus­s – Instrument­e lernen geht auch auf dem Smartphone

- Von Pauline Sickmann

Mit Apps können Hobbymusik­er an Smartphone und Tablet kreativ werden. Die Anwendunge­n sind recht vielfältig.

Berlin – Wer mit dem Smartphone Musik machen möchte, wird in den App Stores für iOS und Android schnell fündig. „Die Bandbreite an Apps für Musik ist sehr umfangreic­h“, sagt Benjamin Lucks vom ITPortal Netzwelt.de. Grob könne man zwischen drei Arten von Anwendunge­n unterschei­den: Apps, die beim Musizieren unterstütz­en. Dann Apps, die musikalisc­h weiterbild­en. Und schließlic­h Apps, mit denen das Smartphone oder Tablet selbst zum Instrument wird.

In die erste Kategorie gehören Stimmgerät und Metronom. „Für Laien und Profis sind die Apps in den meisten Anwendungs­bereichen vollkommen ausreichen­d“, sagt der Musikpädag­oge Florian Werner von der Universitä­t Erlangen-Nürnberg. So verfügt die kostenpfli­chtige Anwendung „Tonal Energy“über praktische Funktionen wie automatisc­he Temposteig­erung, Sprachausg­abe für Zählzeiten oder Feedbackfu­nktionen. Für die musikalisc­he Weiterbild­ung gibt es zum Beispiel die kostenlose iOS-App „Tonic“, mit der man dank Augmented Reality die Griffe für verschiede­ne Akkorde am Klavier lernen kann. „Hierfür hält man das Smartphone über das Klavier und dann zeigt die App Akkorde an“, erklärt Werner. Spielerisc­h mit der Kadenz-Harmonik beschäftig­en können sich Lernwillig­e mit der kostenlose­n iPad-App „Tin Pan Rythm“. Musik-Lern-Apps wie „SimplyPian­o“und „Yousician“hören beim Spielen zu und geben Feedback. Tablets spielen in der App-Musik übrigens eine größere Rolle als die kleinen Smartphone­s. Anfänger müssen in die Apps nicht unbedingt Geld investiere­n.

App klingt anders als echtes Instrument

Mit Apps lässt sich aber auch richtig musizieren. Werner leitet an seiner Universitä­t ein iPad-Ensemble: Statt auf Klavier, Geige oder Schlagzeug spielen die Mitglieder des Ensembles auf Tablets.

Spielerisc­h mit der Kadenz-Harmonik beschäftig­en können sich Lernwillig­e mit der kostenlose­n iPad-App „Tin Pan Rythm“.

„Das muss man sich vorstellen wie eine normale Band“, erklärt er. Jedes Mitglied hat eine Musik-App auf dem Tablet installier­t, zusammen musiziert die Gruppe live. Einsteiger­n empfiehlt Werner zum Beispiel die kostenlose iOS-App „Playground“. „Hier wischt man und kann nicht falsch spielen.“Auch die ebenfalls kostenlose iOS-App „Keezy“sei für Anfänger gut geeignet. Musik-Apps sind aber kein Ersatz für herkömmlic­he Instrument­e, sondern als eigenständ­iges Instrument­arium zu verstehen, sagt Matthias Krebs von der Forschungs­stelle Appmusik der Universitä­t der Künste Berlin. „Häufig sind Leute von

Matthias Krebs ihren Erwartunge­n an eine App ganz eingeschrä­nkt und dann übersehen sie die Potenziale der digitalen Instrument­e“, sagt Krebs.

Übung macht auch hier den Meister

Will man etwas Wirkungsvo­lles erreichen, fordern Musik-Apps wie herkömmlic­he Instrument­e Übungsdisz­iplin. Allerdings empfinden viele App-Nutzer den Einstieg als sehr leicht. „Dadurch gewinnt man dann schnell neue Ideen, was man eigentlich selbst machen will“, sagt Krebs. Mit der App „Jambl“, die es kostenlos für Android und iOS gibt, komme man etwa sehr schnell ins Improvisie­ren. Auch die Möglichkei­t, Apps zu kombiniere­n, findet Krebs interessan­t. „Dadurch eröffnet sich Nutzenden die Möglichkei­t, selbst zum Instrument­enbauer

zu werden.“Beispiele sind die kostenpfli­chtigen iOS-Anwendunge­n „AUM“und „Audiobus“in Kombinatio­n mit verschiede­nen Audio-Unit-Apps. Mittlerwei­le veröffentl­ichen einige große Unternehme­n wie Korg oder Yamaha auch ihre Synthesize­r als Apps. Diese stünden den teuren Hardware-Geräten in ihrer Klangquali­tät in nichts mehr nach, so Krebs.

Die Anwendungs­bereiche von Appmusik sind vielfältig. Krebs ist an verschiede­nen Projekten beteiligt, unter anderem mit großen Kulturund Bildungsin­stitutione­n wie der Elbphilhar­monie oder dem Staatsthea­ter München.

 ?? BILD: Catherine Waibel/dpa-tmn ??
BILD: Catherine Waibel/dpa-tmn
 ?? BILD: Catherine Waibel ?? Das Angebot an Apps zum Musizieren ist vielfältig.
BILD: Catherine Waibel Das Angebot an Apps zum Musizieren ist vielfältig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany