Jetzt drückt Minister Scheuer aufs Gas
STRAßENVERKEHR CSU-Politiker weist Chaos zurück und fordert von Ländern schnelle Korrekturen
Die neue Verordnung enthielt Formfehler und wurde zurückgenommen. Jetzt will keiner schuld sein.
BERLIN – Plötzlich hat er es eilig. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer fordert von den Ländern eine schnelle Korrektur, weist die Verantwortung für das Chaos bei der neuen Straßenverkehrsordnung von sich. „Jetzt geht es um Lösungen und nicht um Rückblick“, will der CSU-Politiker den Blick nach vorn richten.
Doch eine schnelle Korrektur und ein Ende der Rechtsunsicherheit sind erst einmal nicht in Sicht. Die neue Verordnung liegt zunächst auf Eis und tritt wegen eines Formfehlers bis auf Weiteres nicht in Kraft. Der schärfere Bußgeldkatalog und die härteren Strafen gegen Raser gelten nicht mehr. Die neuen Pläne von Bund und Ländern im Zuge der Reform der Straßenverkehrsordnung hatten ein Fahrverbot vorgesehen, wenn man innerorts 21 Kilometer pro Stunde zu schnell fährt und außerhalb geschlossener Ortschaften 26 km/h über dem Tempolimit liegt.
Doch Verkehrssünder können zunächst aufatmen. Dazu kommt es erst einmal nicht. Weil die Juristen im Verkehrsministerium einen Formfehler bei der Einleitung der Verordnung begangen hatten, der auch dem Justizministerium nicht aufgefallen war, sind die neuen Vorschriften und Strafen unwirksam.
Wer trägt die Verantwortung für die peinliche Panne? Bundesverkehrsminister Scheuer, dessen Haus den schweren juristischen Formfehler gemacht hat, oder das Justizministerium, das bei der Prüfung die Panne zunächst nicht entdeckt hat? Beide Ressorts schieben sich gegenseitig die Schuld zu. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagt, das Verkehrsministerium habe eine extrem kurze Frist für die Prüfung der Novelle der Straßenverkehrsordnung gesetzt. Daher sei der Formfehler nicht entdeckt worden. In der Corona-Zeit habe es oft „ultra-verkürzte Fristen“gegeben, verteidigt Scheuer dagegen sein Vorgehen.
Von Bedauern oder Selbstkritik ist beim Verkehrsminister keine Spur: „Es gibt kein Chaos, keine Unsicherheit!“, erklärte er am Freitag gegenüber unserer Berliner Redaktion. „Die Verfahren zu den Verstößen vom Mai und Juni nach dem neuen Bußgeldkatalog werden – so zugesagt – von den Ländern ausgesetzt. Und jetzt gilt der alte Bußgeldkatalog und wird angewendet, so wie in den letzten Jahren auch“, sagte er. Es gebe also keine rechtlose Situation. Zudem verhandele er mit den Ländern.
Nicht nur das Land Niedersachsen will allerdings an den schärferen Regeln festhalten. „Raserei ist Todesursache Nummer Eins auf unseren Straßen“, erklärte Innenminister Boris Pistorius. „Wir sollten uns dem Wohle unserer Bevölkerung verpflichten und nicht dem einiger lauter Lobbyisten“, sagte der SPD-Politiker.