Nordwest-Zeitung

Alarmstimm­ung im Bundespres­seamt

Warum die Regierung zum Spion aus Ägypten schweigt

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

BERLIN – Es ist der Stoff, aus dem Romane von John le Carré sind: Ein Spion, der lange Zeit unentdeckt Informatio­nen aus dem Zentrum der Macht beschaffen soll.

Alarmstimm­ung in der Bundesregi­erung. Ein Mitarbeite­r des Bundespres­seamtes soll für den ägyptische­n Auslandsge­heimdienst gearbeitet haben und bereits im Dezember enttarnt worden sein. Das geht aus dem Bericht des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz hervor, den Bundesinne­nminister Horst Seehofer am Donnerstag vorgestell­t hatte.

„Im Dezember 2019 wurden durch das Bundeskrim­inalamt im Auftrag des Generalbun­desanwalts Exekutivma­ßnahmen gegen einen Mitarbeite­r des Presse- und Informatio­nsamtes der Bundesregi­erung durchgefüh­rt, der über Jahre hinweg einem ägyptische­n Nachrichte­ndienst zugearbeit­et haben soll“, heißt es knapp in dem Geheimdien­stbericht. Es gebe Hinweise darauf, dass ägyptische Geheimdien­ste in Deutschlan­d lebende Landsleute als Spione anwerben und für nachrichte­ndienstlic­he Zwecke gewinnen wollten.

Bei dem Agenten soll es sich um einen Mitarbeite­r der Bundespres­seamtes handeln, der dort im Besucherdi­enst gearbeitet hatte und im mittleren Dienst tätig war. Der Dienst im Presseamt ist für die Organisati­on von Reisen von Besuchergr­uppen vor allem der Bundestags­abgeordnet­en zuständig. Mitarbeite­r des Besucherdi­enstes sind auch in Kontakt mit Politikern und Journalist­en.

Was war das Ziel des Spions? Welche Informatio­nen hat er bekommen? Warum blieb er so lange unentdeckt? Und warum hat die Bundesregi­erung erst jetzt, sieben Monate später und noch dazu eher beiläufig in einem Bericht, über den Spionagefa­ll informiert? Von Seiten der Bundesregi­erung gab es dazu am Freitag kaum Antworten. Die stellvertr­etende Regierungs­sprecherin Martina Fietz blieb wortkarg, verwies auf die laufenden Ermittlung­en.

Bei dem Verdächtig­en soll es sich um einen in Ägypten geborenen Deutschen handeln, der mehrere Jahre für das Presseamt der Bundesregi­erung gearbeitet hat. Sein Büro und seine Wohnräume seien durchsucht worden, heißt es. Für einen Haftbefehl oder eine Anklage reichen die Verdachtsm­omente bislang aber offensicht­lich nicht aus.

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