Nordwest-Zeitung

Ukulele gegen Langeweile

Ð-Leser erzählen von ihren Corona-Aktivitäte­n

- VON CHELSY HAß

Lange blieben Geschäfte und Restaurant­s geschlosse­n, viele Oldenburge­r sind noch immer in Kurzarbeit. Wie vertreiben sie sich die Zeit?

OLDENBURG – Wie in den vergangene­n Monaten in den Sozialen Medien zu sehen war, wurde der Corona-Lockdown von vielen Menschen effizient genutzt. Home Workouts, das Lernen einer neuen Sprache oder Renovierun­gsarbeiten –

Im Lockdown hat Jutta Rudolf angefangen zu malen. „Mit Acrylfarbe­n auf ganz einfachen Leinwänden“, erklärt die 64-Jährige. Zeigen kann sie ihre Kunstwerke allerdings nicht. Denn die Umstände, unter denen die Bilder entstanden, sind alles andere als normal. Rudolf, die beim Diakonisch­en Werk in Wardenburg in der Migrations­beratung arbeitet, war bis Mitte

Eine Lücke im Lebenslauf – das kam für Philipp Hammerschm­idt (35) nicht in Frage. Mitten in der Corona-Krise steckte der Oldenburge­r in der Jobsuche. „Dann kamen auf Bewerbunge­n teilweise keine Antworten mehr oder es war die Rede von Einstellun­gsstopps“, sagt er. Bei WBS Training in Oldenburg hatte er schon vorher Weiterbild­ungskurse besucht, um am Ball zu

Fotos auf Instagram und Facebook nach zu urteilen, kam bei vielen keine Langeweile auf.

Die Autorin dieses Textes hat mehrere Monate im Home Office gearbeitet. Und weil außer langen Spaziergän­gen oder Radtouren nicht so viel zu tun war, musste eine sinnvolle Beschäftig­ung her. Warum also nicht ein Instrument? Sie entschied sich für die kleine, handliche Ukulele. Ein viersaitig­es Zupfinstru­ment mit unverwechs­elbarem Klang.

Nach anfänglich­en Koordinati­onsschwier­igkeiten

April in Afrika „gestrandet“. „Als mein Verlobter und ich nach Afrika geflogen sind, gab es keine offizielle­n Warnungen“, sagt die Oldenburge­rin. Als auch in Afrika der Lockdown kam, verbrachte­n die beiden knapp vier Wochen in einem Bauernhaus in Swasiland. „Da habe ich Freunde und kenne mich aus, weil ich schon früher viele Jahre in Swasiland gelebt habe“, erklärt bleiben. „Da ging es um SAP“, eine betriebswi­rtschaftli­che Software. Weil IT-Kenntnisse immer wichtiger werden, sei es die „logische Konsequenz“gewesen, auch im Lockdown mehr zu lernen und sich weiterzubi­lden.

Weil es also derzeit keine großen Aussichten auf einen neuen Job gibt, belegt er einen weiteren Kurs bei WBS. Noch bis Oktober macht er einen

– sie ist Linkshände­rin und versucht, das gitarrenäh­nliche Instrument wie eine Rechtshänd­erin zu spielen – und dutzenden Anleitungs­videos im Internet, kann sie schon die ein oder andere kleine Melodie spielen.

Doch womit haben sich andere Oldenburge­r die Zeit vertrieben, während sie mit Kinderbetr­euung beschäftig­t oder auf der Suche nach einer neuen Anstellung waren? Auf Nachfrage der Ð haben einige Leser von ihren Corona-Aktivitäte­n berichtet.

Rudolf. Eine Freundin besorgte ihr die Materialie­n und so verbrachte sie viel Zeit mit dem Malen. „Es gab kein Internet und kein Radio. Das war so ziemlich meine einzige Beschäftig­ung“, sagt sie. Am 17. April wurde das Paar dann ausgefloge­n. Die Leinwände mussten in Afrika bleiben. „Wenn ich in Rente bin, möchte ich weitermale­n und meinen Stil finden“, sagt Rudolf.

ABAP-Kurs und lernt die Programmie­rsprache. „Das ist fast so, als würde man ein Instrument oder eine neue Sprache lernen. Es ist mit viel Fleißarbei­t verbunden“, sagt Hammerschm­idt. Spaß mache das trotzdem. „Für mich habe ich die Zeit so optimal genutzt und das Beste draus gemacht“, erklärt der Oldenburge­r. Er sehe sich insofern auch als ein Gewinner der Corona-Krise.

Seit sieben Jahren spielt Peter Schreiber Shakuhachi – eine japanische Bambuslang­flöte, die als Meditation­sinstrumen­t genutzt wird. „Das ist ein komplexes Instrument, das mit der Zen-Kultur verwoben ist“, sagt der 43-Jährige, der den Evangelisc­hen Kindergart­en Blumenstra­ße in Oldenburg leitet.

Wie komplex das Shakuhachi ist, wird daran deutlich,

In Friedrichs­fehn wohnt Henrike Selig mit ihrem Mann und ihrem dreijährig­en Sohn. Vor fünf Jahren zog es die Familie von Oldenburg ins Ammerland. Hinter dem Einfamilie­nhaus haben sie einen großen Garten – und der will genutzt werden. „Das Gärtnern war immer Sache meines Mannes. Aber dieses Jahr hab‘ ich das übernommen“, sagt die 33-Jährige. Weil ihr Sohn dass Schreiber nach sieben Jahren „erst“sechs Stücke spielen kann. „Das braucht Zeit. Jeder Ton wird unterschie­dlich lang gespielt und die Noten geben darüber nicht immer Aufschluss“, sagt der Oldenburge­r. Weil er in der Corona-Krise mehr Zeit hatte, sich seinem Instrument zu widmen, konnte Schreiber ein neues Stück üben. „Es braucht Geduld und Beharrlich­keit nicht in den Kindergart­en durfte, blieb sie mit ihm zuhause. 20 Kubikmeter Erde wurden angefahren, um Beete aufzufülle­n und auch neu anzulegen. Kartoffeln, Rote Beete, Möhren, Weißkohl, Erdbeeren, Tomaten, Physalis, Melone, Gurke – die Liste ließe sich weiterführ­en. In ihrem Garten hat Henrike Selig dieses Jahr so einiges angebaut. „Ich hab‘ vieles neu gemacht und auch und die konnte ich mir jetzt in der Corona-Zeit eher nehmen“, erklärt der Japan-Fan. Die Shakuhachi-Musik beschreibt er als meditativ. „Oft sind es tiefe, ruhige und auch traurige Töne, die in der Musik eine große Rolle spielen“, sagt er. Am liebsten übe Schreiber in der Natur, beispielsw­eise an den Huntewiese­n. Dort hat er ab und zu auch den ein oder anderen Zuhörer. ein Gewächshau­s haben wir jetzt. Das wollte ich unbedingt haben“, erklärt sie. Die Obstund Gemüsebeet­e machten zwar viel Arbeit, aber auch Spaß. „Mittlerwei­le streiten wir uns schon darum, wie man richtig gärtnert und wer was macht“, sagt Selig. Und wenn mal eine Frage offen bleibt, dann gibt es „auch viele hilfreiche Tipps aus der Nachbarsch­aft“.

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BILD: MAX STOYKE Ð-Redakteuri­n Chelsy Haß übt Ukulele.
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BILD: CHELSY HAß;BILD (KLEIN): PRIVAT Hat im Lockdown in Swasiland gemalt: Jutta Rudolf (64)
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BILD: CHELSY HAß Spielt gerne Shakuhachi: Peter Schreiber (43)
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BILD: CHELSY HAß Lernt eine neue Programmie­rsprache: Philipp Hammerschm­idt (35)
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BILD: CHELSY HAß Hat dieses Jahr viele Obst- und Gemüsesort­en angebaut: Henrike Selig (33)
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