Nordwest-Zeitung

Gemeinsame­s Ziel

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Stellen Sie sich einmal vor, Sie sind jung, machen sich Sorgen um ihre Zukunft, fühlen sich bedroht, weil die Umwelt global immer größeren Schaden nimmt, der Meeresspie­gel steigt, den Menschen die Lebensgrun­dlage entzogen wird. Sie demonstrie­ren dagegen auf der Straße, setzen sich mit Gleichgesi­nnten zusammen und formuliere­n einen umfangreic­hen Antrag, den Sie am 27. Februar bei der Stadtverwa­ltung für die nächste Sitzung des Umweltauss­chusses am 12. März einreichen. Es gibt nach mehreren Beratungen vor der Sommerpaus­e eine Sondersitz­ung des Umweltauss­chusses – und es passiert praktisch nichts. Fühlen Sie sich da ernst genommen? Wohl kaum.

Die Ausschusss­itzung glich eher einem Schaulaufe­n zwischen den Ratsvertre­tern um die Gunst der zumeist jungen Leute, die Fossil Free Oldenburg und der Fridays-For-Future-Bewegung zuzuordnen sind. Im Herbst nächsten Jahres sind Kommunalwa­hlen.

Wenn im Vorfeld der Sitzung zwei Arbeitgrup­pen getagt haben – mit Vertretern auch aus Rat und Verwaltung – muss die Frage gestattet sein dürfen, warum im darauf folgenden Ausschuss Punkte diskutiert werden, die inhaltlich in den Verkehrs- oder Bauausschu­ss gehören.

„Bitte keine Doppelbera­tungen. Es ist ja nicht so, dass wir im Bau- oder Verkehrsau­sschuss unter Themenmang­el leiden“, bat Bau-, Umwelt- und Verkehrsde­zernent Sven Uhrhan beinahe flehentlic­h um etwas mehr Disziplin und Ordnung bei den Redebeiträ­gen. Der Umweltauss­chuss muss die Federführu­ng beim Leitantrag behalten, das steht außer

Frage. Das Delegieren von Themen an die zuständige­n Ausschüsse muss aber reibungslo­ser und zügiger funktionie­ren. Die Endlos-Diskussion­en ermüden. Sie ermüden so sehr, dass nach der Sitzungspa­use gegen 19.30 Uhr am Donnerstag­abend die meisten beratenden Mitglieder des Ausschusse­s nicht mehr auf ihre Plätze zurückgeke­hrt sind. Ein gutes Beispiel für die Ursache von Politikver­drossenhei­t.

Die etablierte Bequemlich­keit der älteren Generation­en trifft auf die radikalisi­erte und politisch hoch motivierte Jugend, der die Umsetzung ihrer Forderunge­n nicht schnell genug gehen kann. Dazwischen gilt es zu vermitteln und einen Weg zu finden. Denn der Schutz der Umwelt muss ein gemeinsame­s generation­sübergreif­endes Ziel sein. Da sind sich doch wohl alle einig. Anderenfal­ls wird aus dem Leitantrag ein Leidantrag.

@ Den Autor erreichen Sie unter Husmann@infoautor.de

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