Nordwest-Zeitung

Chefsuche bei der viertgrößt­en ARD-Landesanst­alt beginnt

Intendant Ulrich Wilhelm verlässt den Bayrischen Rundfunk nach zwei Amtszeiten

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München/DPA – Nach zehn Jahren an der Spitze des Bayerische­n Rundfunks verlässt Intendant Ulrich Wilhelm den Sender Anfang nächsten Jahres. Der 59-Jährige will nicht mehr für eine dritte Amtszeit bei der viertgrößt­en ARD-Landesanst­alt kandidiere­n.

Wilhelms Vertrag läuft bis Ende Januar. „Ich bin überzeugt, dass im Februar nächsten Jahres der richtige Zeitpunkt ist, das Haus zu übergeben“, betonte er am Freitag in München. „Entscheide­nde Etappen unseres Umbauproze­sses und die Regionalis­ierung sind erfolgreic­h abgeschlos­sen.“Wilhelm steht seit 2011 an der Spitze des Senders. Zu seiner weiteren berufliche­n Zukunft sagte der Jurist und Journalist nichts.

Schon bisher steckte Wilhelm viel Energie in seinen Vorstoß für eine europäisch­e Alternativ­e zu den US-Interwie Google und Facebook. Dafür will er auf EUEbene weiterkämp­fen – womöglich in neuer Funktion? Jede Menge Erfahrung und gute Beziehunge­n hat er auch im Geschäft mit Film und Klassik.

Ein neuer Chef für den Bayerische­n Rundfunk (BR) steht vor großen Herausford­erungen, wie bei allen öffentlich­rechtliche­n Sendern: ein massiver Medienwand­el, die Folgen der Corona-Krise und der von der Politik geforderte Sparkurs.

Den BR-Intendante­n wählt der Rundfunkra­t. Die Entscheidu­ng ist neben der fachlichen eine hoch gesellscha­ftsnetries­en politische Angelegenh­eit. 50 Räte vertreten politische, weltanscha­uliche und gesellscha­ftliche Gruppen. Ein Dutzend sind Landtagsab­geordnete, dazu CSU-Medienmini­ster und Staatskanz­leichef Florian Herrmann. Die Intendante­nwahl wird frühestens für die Herbstsitz­ung des Rates am 22. Oktober erwartet. Vorher muss der Vorsitzend­e Lorenz Wolf den Mitglieder­n schriftlic­h mindestens sechs Wochen Zeit für Vorschläge geben.

Als möglich gilt eine externe wie interne Lösung. Vor Wilhelms Wort wollte niemand sichtbar die Hand heben. Offensicht­liche Fragen nun: Hat jemand aus der öffentlich-rechtliche­n Senderwelt Interesse? Wird es erstmals eine Intendanti­n beim BR geben? Aktuell stehen in drei der neun ARD-Landesanst­alten Frauen an der Spitze.

Von einem klaren Favoriten ist beim BR bisher nicht die Rede.

Wilhelm erntete während des Jahrzehnts im BR-Chefsessel rundum hohe Anerkennun­g. Auch bei einzelnen Kritikern, die zuletzt vernehmbar­er waren. Markenzeic­hen des charmanten Blonden: ein freundlich­es Lächeln für seine Gesprächsp­artner – selbst dann , wenn der präzise Jurist und wortgewand­te Ex-Journalist rundweg widerspric­ht.

Wilhelms Werk: Er baut den Sender zum trimediale­n Haus um – TV, Radio und Online aus einem Guss statt in Sparten. Herzstück soll das neue riesige Redaktions­zentrum Freimann im Münchner Norden sein. Der tiefgreife­nde Wandel bewegt die rund 3500 fest Beschäftig­ten, 1700 Freien und gut 400 Gagenempfä­nger mächtig. Im Tarifkonfl­ikt gab es 2019 erstmals mehrtägige Streiks mit Sendeausfä­llen.

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DPA-BILD: Kneffel Verlässt den BR Ende Januar: Ulrich Wilhelm

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