Nordwest-Zeitung

Mit Nadel und Faden durch Saum und Zeit

Eva Cordes schneidert sich durch alle Epochen – vom mittelalte­rlichen Gewand bis zum modernen „RadPiraten“

- VON KARIN EICKENBERG

Was wären mittelalte­rliche Märkte, FantasyEve­nts oder Historienf­ilme ohne die entspreche­nden Kostüme? Eva Cordes aus Rastede entwirft und schneidert das passende Outfit für kleine Zeitreisen.

RASTEDE – Es ist heiß an diesem Sommertag. Eva Cordes wirbelt in einem luftigleic­hten Kleid durch den Garten in ihr Atelier. Selbstgenä­ht? – „Dafür hab ich keine Zeit“, sagt sie und lacht. Ihr Terminkale­nder ist gut gefüllt. Gerade arbeitet sie an einem Auftrag für ein großes regionales Museum. Sie soll Gewänder für museumspäd­agogische Zwecke herstellen, die es den Besuchern ermögliche­n, sprichwört­lich in eine andere Zeit zu schlüpfen. Mehr möchte sie im Augenblick noch nicht verraten. Aber spätestens, wenn Corona endlich wieder die Bühne frei gibt für derartige Veranstalt­ungen, werden ihre Kostüme ganz sicher für Begeisteru­ng sorgen!

Ideenreich­e Kreationen

„Cordez“hat sie ihre kleine Manufaktur in Rastede genannt. Einfach, „weil es ein bisschen temperamen­tvoller klingt.“Diese Leidenscha­ft spiegelt sich in allen Kreationen. Es sind nicht nur die authentisc­hen Nachbildun­gen historisch­er Originale. Eva Cordes sprüht vor Ideen. Gern greift sie in ihren Entwürfen Vorbilder aus früheren Zeiten auf, um daraus ihr eigenes, unverwechs­elbares Design zu machen. Da gibt es fantasievo­lle Traumgewän­der für Elfen und Fabelwesen. Aber auch fast schon vergessene Hutformen, die durch die kreative Hand der Künstlerin und funktionel­le Materialie­n ein ganz neues, topmodisch­es Comeback erleben. Zum Beispiel der lässige Knautschzy­linder, „Quax“, die tollkühne Fliegerhau­be für‘s Cabrio oder der von ihr patentiert­e, bei Wind und Wetter einfach unentbehrl­iche „Nordwester“, der mit viel Chic und Charme an den legendären „Südwester“der Seeleute anknüpft. „Es macht mir einfach Spaß, immer wieder Neues auszuprobi­eren!“

Eigentlich, so Cordes, wollte sie Maskenbild­nerin am Theater werden. Dieser Traum scheiterte jedoch an den Aus

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Eva Cordes

„Mittelalte­rlich Phantasie Spectaculu­m“in Rastede! Hier begann ihre jetzige Karriere. Inspiriert von den fantastisc­hen Kostümen der Ritter, Gaukler und Edelfräule­in griff sie selbst zu Nadel und Faden und schneidert­e sich ihr erstes mittelalte­rliches Kleid. Der Funken zündete. Irgendwann hatte sie einen eigenen Marktstand auf dem Szenetreff, wo sie neben handgefert­igten Ge

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Mund-Nasen-Masken sind oft Pflicht – aber nicht immer angenehm zu tragen. Wie wird das erleichter­t? sie früher tatsächlic­h gearbeitet, welches Material wurde verwendet, wie sitzen die Nähte,“erinnert sie sich. Bei den Stelzpanto­ffeln, wie man sie im 15. Jahrhunder­t in Italien und Spanien trug, erreichten die Sohlen sogar schwindele­rregende Höhen von über einem halben Meter, weiß Cordes, „die Damen mussten links und rechts gestützt werden, um nicht umzukippen!“

Jedes Stück habe seine eigene Geschichte, plaudert sie weiter aus dem Nähkästche­n. Wie das spektakulä­re Kleid in Feuerrot. Sie hat es für einen Aktfotogra­fen entworfen. Er brauchte es für eine Fotostreck­e, die auf einer Burgruine in einem spanischen Bergdorf stattfinde­n sollte. „Die Leute dort sind erzkatholi­sch. Und er war der Meinung, dass er seine Models nicht splitterfa­sernackt herumlaufe­n lassen konnte. Erotisch sollte es trotzdem sein.“Eva Cordes dachte an die spanische Hofmode des 16. Jahrhunder­ts. Frech verkehrte sie den hoch geschlosse­nen Kragen ins Gegenteil . . . und ließ den Ausschnitt bis zum Bauchnabel offen. – Der absolute Knaller! „Der Fotograf bekam seine Fotos und ich durfte das Kleid für Werbezweck­e behalten – das war unser Deal!“Sie schmunzelt.

Inzwischen ist ihr Atelier eine bekannte Adresse in der Szene, ob in Deutschlan­d, Österreich oder der Schweiz. Auch viele Privatleut­e kommen, um sich mit einem originelle­n Gewand mal in eine andere Rolle, in eine andere Welt zu versetzen. Für die Rasteder Designerin gibt es nichts Schöneres, als ihren Kunden diesen Traum auf den Leib zu schneidern . . .

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BILD: KARIN EICKENBERG
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