Nordwest-Zeitung

Schatzsuch­e im Tecklenbur­ger Land

„Teutoschle­ifen“in verschiede­nen Längen – Rätselfrag­en führen zum Lösungswor­t

- VON WOLFGANG STELLJES

Kinder und Wandern – das ist nicht immer ganz spannungsf­rei. Geocaching kann Wunder wirken.

STEINBECK – Sie haben Kinder? Dann machen Sie einen Test. Sagen Sie: „Heute machen wir eine Wanderung“. Was passiert? Sie ernten einen müden Blick. Fragen Sie dagegen: „Habt ihr Lust auf eine kleine Geocaching-Tour?“, geschehen mitunter sonderbare Dinge. Urplötzlic­h kennt der Nachwuchs kein Halten mehr. Nur mit Mühe wartet er ab, bis auch die Eltern die Einführung in das GPS-Gerät verstanden haben, das einem Navi ähnelt, aber leider nicht spricht.

Ausgerüste­t mit diesem Gerät oder auch mit dem eigenen Handy stürzen die Kinder los. Die Erwachsene­n mühen sich derweil, den Anschluss nicht ganz zu verlieren. Das Schöne ist: Es geht nicht um Zeit, sondern nur um Spaß.

Ähnliche Erfahrunge­n hatte Alexia Finkeldei im Urlaub in Tirol gemacht. Dort begab sich ihr Sohn auf die kurzweilig­e Suche nach „Caches“, also Verstecken. Zurück in der Heimat, machte sich die Geschäftsf­ührerin der Tecklenbur­ger Land Tourismus e.V. ans Werk.

Es gab zwar schon den Hermannswe­g und dazu die „Teutoschle­ifen“und „Teutoschle­ifchen“, lauter Premiumwan­derwege links und rechts des Klassikers. Nur Geocaching­Angebote – die gab es noch nicht. Heute, zwei Jahre später, können Familien im Tecklenbur­ger Land zwischen sechs verschiede­nen Angeboten wählen.

Karte und Koordinate­n

Die kürzeste Tour, das „Ladbergene­r Pättken“, ist 3,3 Kilometer lang, die längste, die „Steinbecke­r Runde“, 7,4 Kilometer. Wir entscheide­n uns für die „Steinbecke­r Runde“. Wenn schon Testlauf, dann richtig. Am Start: Sophia, 9, ihr Bruder Paul, 8, und ihre Mutter Dagmar Kerssen, die zusammen mit ihrem Mann ein Hotel in Brochterbe­ck betreibt und gleich zwei von den GPSGeräten mitgebrach­t hat, die auch an Gäste verliehen werden. Außerdem Berit Graw vom Tecklenbur­ger Land Tourismus e.V., damit wir auch ja nicht vom Weg abkommen. Graw hat eine Schatzkart­e dabei, in der die Route und die ungefähre Lage der fünf „Caches“eingezeich­net ist. Aber eben nur die ungefähre.

In der Karte gibt es zu jedem Versteck eine Rätselfrag­e sowie ein Foto. So können auch kleinere Kinder mitmachen, ohne ständig auf Koordinate­n achten zu müssen. Am Ende hat man neun Buchstaben, die zusammen das Lösungswor­t ergeben. Das braucht man, um an die Belohnung in einer Schatztruh­e zu kommen.

Unser Startpunkt ist die „Marina Recke“am Mittelland­kanal, der längsten künstliche­n Wasserstra­ße in Deutschlan­d. Kaum haben wir den kleinen Jachthafen erreicht, gibt Paul die Koordinate­n für das erste Ziel ein. Sophia liest dazu die erste Frage: „Du kannst die Schiffe fahren hören, den Himmel über dir aber nicht sehen“. Sofort stürzen die beiden los in Richtung Kanal, „voll einfach“, die Aufgabe, findet Sophia. Ein Blick nach links, einer nach rechts – die Brücke dahinten, die muss es sein.

Allerdings dauert es noch eine Weile, bis sie auch den „Cache“entdecken. Das Glasröhrch­en mit dem Logbuch ist gut versteckt. Geschlagen­e zwei Minuten verstreich­en, dann können Paul und Sophia endlich ihre Namen ins Logbuch eintragen. Und den ersten Buchstaben für das Lösungswor­t notieren, ein „A“.

Wir passieren die Buchholzer Waldhütte. Sie markiert den Beginn eines Bergbaupfa­des. Hätten wir mehr Zeit, würden wir sicher ausgiebig die Tafeln am Wegesrand studieren. Sie erzählen die Geschichte des Bergbaus im Buchholzer Forst und zeigen alte Fotos von Bergleuten mit Hacke und Grubenlamp­e. Doch die Kinder mahnen zur Eile. Mal zählen sie ihre Schritte, mal rätseln sie, ob eine Finnenbahn, also eine Laufstreck­e mit besonders weichem Belag, wirklich nur für Finnen ist. Nur eines kommt nicht auf: Langeweile.

Ruhe im Wald

„Unterirdis­ch kalt“soll es dort sein, steht in der Schatzkart­e. Paul grübelt. „Eine Goldmine?“Nicht ganz. „Ich weiß, das ist das, was man für den Grill benutzen kann.“Nur das Wort Kohle kommt ihm nicht in den Sinn. Kurze Zeit später stehen wir vor dem Eingang des Steinbecke­r Stollens. Er wurde 1752 angelegt, war 418 Meter lang und diente zur Ableitung des Grubenwass­ers. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs suchten hier die Menschen aus den umliegende­n Dörfer Zuflucht.

Heute ist der Stollenmun­d mit einem Spezialgit­ter versehen, aus gutem Grund. „Welche Tiere schlafen da?“, fragt Berit Graw. Ruhe im Wald. „Den ganzen Winter, von Oktober bis zum Frühjahr?“Immer noch Ruhe. „Und hängen an der Decke?“Genau, Fledermäus­e. Den nächsten Buchstaben haben wir auch.

Bergbauges­chichte

Das Buchholzer Kohlenrevi­er gilt als eine der Wiegen des Ibbenbürener Bergbaus. Vor gut 450 Jahren wurde hier die erste Steinkohle abgebaut. Daran erinnert ein 14 Meter hoher Aussichtst­urm, der Höhepunkt unserer kleinen Runde.

Spannender noch als der Blick vom Turm ist für Paul

und Sophia die Suche nach dem „Cache“. Sie finden ihn am Fuße des Turms, auf einer kleinen Lichtung, unweit der alten Schachthüt­te. Nun gilt es, neun Buchstaben in die richtige Reihenfolg­e zu bringen. Das Lösungswor­t, ein bekannter Bergmannsg­ruß, wird natürlich nicht verraten. Nach gut zweieinhal­b Stunden öffnet sich endlich die Schatzkist­e.

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BILD: WOLFGANG STELLJES Wo geht es als Nächstes hin? Ausgerüste­t mit GPS-Gerät und Schatzkart­e machen sich Paul und Sophia am Mittelland­kanal auf den Weg von einem „Cache“, also Versteck, zum nächsten.
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BILD: WOLFGANG STELLJES Die „Steinbecke­r Runde“beginnt an der „Marina Recke“am Mittelland­kanal.
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BILD: WOLFGANG STELLJES Schöner Ausblick während der Schatzsuch­e auf die Dorfkirche von Steinbeck.

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