Nordwest-Zeitung

Verantwort­liche sind nun gefordert

- Von Andreas Herholz

Diese Zahl macht den Ernst der Lage deutlich. Der drastische Anstieg auf 4058 neue Corona-Infektione­n pro Tag zeigt, dass Deutschlan­d bereits die zweite Welle der Pandemie erlebt und die Fallzahl in den nächsten Tagen und Wochen weiter steigen dürfte. Als Angela Merkel, die gelernte Physikerin, vor wenigen Tagen das Infektions­geschehen hochgerech­net und ihre Prognose von knapp 20 000 neuen Fällen pro Tag im Dezember abgegeben hatte, war sie noch milde belächelt worden. Jetzt scheint diese plötzlich durchaus realistisc­h zu sein.

Schon warnen Gesundheit­sminister Jens Spahn und das Robert-Koch-Institut vor einem Kontrollve­rlust. In Berlin ist man bereits auf bestem Wege dorthin. In der Hauptstadt, wie auch andernorts, sind es vor allem junge Menschen, die nicht länger mit Beschränku­ngen leben wollen, achtlos und unvorsicht­ig nicht nur ihre eigene Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel setzen, sondern auch andere gefährden. Und die politisch Verantwort­lichen schauen zu, greifen oft nicht entschloss­en genug ein, um die wichtigen Regeln durchzuset­zen und gegen Verstöße vorzugehen. Die Ballungsze­ntren entwickeln sich zu den Corona-Hotspots der Republik. Die Kanzlerin will bei einem weiteren Gipfel mit den Oberhäupte­rn der größten deutschen Städte die Notbremse ziehen. Wenn Gesundheit­sminister Spahn jetzt aber von einem Charaktert­est der Gesellscha­ft spricht, geht das zu weit. Der übergroße Teil der Bürgerinne­n und Bürger verhält sich korrekt und umsichtig. Die politisch Verantwort­lichen sind jetzt vor allem auch gefordert, dürfen sich nicht vorauseile­nd aus der Verantwort­ung stehlen. Bei der Ausstattun­g der Gesundheit­sämter, beim Schulbetri­eb und der Stärkung des Gesundheit­swesens ist noch viel Luft nach oben. Und der Bruch der Corona-Regeln darf nicht weiter einfach hingenomme­n werden.

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