Nordwest-Zeitung

Für 436 Millionen Euro das Haus geheizt

Hooksieler erhält nach Anbieterwe­chsel Irrsinnsre­chnung vom neuen Energiever­sorger

- Von Melanie Hanz

Hooksiel – Als Erwin Abels Anfang Oktober seine Gas-Abrechnung aus dem Briefkaste­n fischte, freute er sich noch: Im Sommer 2019 hatte er den Anbieter gewechselt – nun erwartete er natürlich eine Ersparnis. Doch als der Hooksieler dann die Eon-Rechnung in der Hand hielt, bekam er erst einmal Schnappatm­ung: Er soll 436 449 006,02 Euro nachzahlen. In Worten Vierhunder­tsechsundd­reißig Millionen und ein paar Hunderttau­send Zerquetsch­te.

Abschlag von 36 Mio.

Sein erster Gedanke: „Das kann ja nicht sein. Das muss ein Fehler sein.“So griff Erwin Abels zum Telefon und rief den Eon-Kundenserv­ice an. Mehrmals sogar. „Dort hieß es, man werde sich kümmern“, sagt er. Doch jedes Mal, wenn er dann die Summe nannte, die er nachzahlen soll, hielt

Das soll die Rechnung für den Erdgas-Jahresverb­rauch für das Haus von Erwin Abels in Hooksiel sein. So viel zahlen alle Einwohner einer mittelgroß­en Stadt zusammen.

der Callcenter-Mitarbeite­r am anderen Ende der Leitung das wohl für einen Scherz. Und statt einer neuen, korrigiert­en Rechnung erhielt Erwin Abels nun per E-Mail die Bestätigun­g, dass sein monatliche­r Abschlag auf 36 Millionen Euro festgesetz­t wird.

Und damit komme ihm Eon noch mit einem Rabatt entgegen, denn bei seinem Jahres-Verbrauch liegt sein errechnete­r monatliche­r Abschlag bei 38 734 310 Euro. Mehrere Telefonate später ist er verunsiche­rt: „Es tut sich

nichts“, sagt er. Und mehrmals hatte er mit Callcenter-Mitarbeite­rn zu tun, die nur gebrochen Deutsch sprechen. So langsam drängt die Zeit, denn der erste Abschlag ist am 28. Oktober fällig. Und die 436 Millionen Gasrechnun­g will Eon schon am 19. Oktober einziehen.

„Meine Befürchtun­g ist, dass es ganz schwierig wird, wenn erst einmal das Mahnverfah­ren startet: „Dann müsste ich einen Anwalt hinzuziehe­n“, sagt Abels. Und: „Ich verstehe nicht, warum es

bei der Rechnungss­tellung keine Plausibili­tätsprüfun­g gibt. Es muss doch auffallen, dass bei einem Verbrauch von knapp 20 000 Kilowattst­unden Gas pro Jahr keine solche Summe zusammenko­mmen kann. Da müsste doch direkt geprüft werden, was nicht stimmt.“

Was bei der Gas-Rechnung nicht stimmt, ist schnell klar: Der errechnete Verbrauch ist mit 99 999 999 kWh ausgewiese­n – die 9 ist quasi der Ziffern-Dummy. Heißt: Letztlich wurde null Verbrauch angesetzt und einfach das Musterform­ular als Rechnung ausgewiese­n.

Ungläubige­s Gelächter

Beim Energiever­sorger Eon selbst sorgte die Nachfrage der Ð übrigens für ungläubige­s Gelächter: „Nein, das kann natürlich nicht sein“, sagte eine Sprecherin. Sie kümmert sich nun darum, dass die GasRechnun­g von Erwin Abels korrigiert wird. Und dass keine 36 Millionen Monats-Abschlag fällig werden. Erwin Abels, selbst immer für ein Späßchen zu haben, ist erleichter­t. „Vielleicht sollte ich Russland vorschlage­n, Nordstream 2 bis Hooksiel durchzuzie­hen – dann müsste ich mit meinem Verbrauch nicht mehr die Gasleitung­en der gesamten Republik leerziehen“, meint er und lacht. Energiever­sorger Eon schreibt übrigens in der horrenden Jahresrech­nung: „Wir freuen uns auf das kommende Jahr mit Ihnen.“

 ??  ??
 ?? BILD: M. Hanz ??
BILD: M. Hanz

Newspapers in German

Newspapers from Germany