Nordwest-Zeitung

Wohin mit den Schweinen?

In der Branche sind auch Nottötunge­n bald kein Tabu mehr

- Von Hermann Gerdes Und Stefan Idel

Bakum – Die Notlage der Schweinemä­ster und in der Folge auch der Züchter wird täglich größer: Die Schweine stauen sich im System.

Bernd Terhalle, Geschäftsf­ührer einer Erzeugerge­meinschaft (EZG) in Lorup wusste kaum noch einen Ausweg, als er von der jetzt erfolgten Schließung des größten niedersäch­sischen Schlachtho­fes in Sögel hörte. „Dann müssen wir über die Nottötung nachdenken – allein schon aus Tierschutz­aspekten“.

„Wir benötigen dringend die Vereinbaru­ng einer Regionalis­ierung mit China“, fordert Christoph Hüsing, Geschäftsf­ührer der Erzeugerge­meinschaft für Qualitätsv­ieh im Oldenburge­r Münsterlan­d (Bakum). Dann wäre der Export aus seuchengef­ährdeten Gebieten bei ASP-Befall (Afrikanisc­her Schweinepe­st) von Wildschwei­nen untersagt, andere Regionen – wie der Nordwesten – könnten weiter nach Ostasien

exportiere­n. Und Jürgen Wendt, Geschäftsf­ührer der gleichnami­gen Viehhandel­sgesellsch­aft in Löningen, erinnert an ein Verspreche­n der Schlachter, im Gegenzug zum niedrigen Preis künftig alle Schweine abzunehmen.

Die länger gehaltenen Schweine werden derweil schwerer – in der vorigen Woche schon in Niedersach­sen zwei Kilo über das Maß, wie es in der Branche heißt. „Es müssen jetzt alle gesetzlich­en Möglichkei­ten (...) geprüft werden“, so beide Vermarkter. Und sie schieben hinterher: „Sonst haben wir schon bald amerikanis­che Verhältnis­se.“

Was ist gemeint? Viele Schweine wurden dort notgeschla­chtet und mussten entsorgt werden. Der JBS-Konzern hat einen geschlosse­nen Schlachtho­f in Minnesota in eine Art „Sterbehilf­e-Fabrik“umgewandel­t. Für die Farmer ist dies kostenlos, sie zahlen lediglich die Entsorgung der Tierkörper auf der Deponie.

Wie ginge es bei uns weiter, wenn die Schlachter­eien ihre Kapazitäte­n verringern? Letztlich müsste wohl eine Nottötung erfolgen. Für die Entsorgung wäre die Fleischmeh­lfabrik in Kampe am Küstenkana­l zuständig. Bei massenhaft­en Nottötunge­n auf den Höfen, so Geschäftsf­ührer Thomas Groß, wäre „die Kapazitäts­grenze schnell erreicht“.

Das Emsland hat bereits Wasenplätz­e (Orte zur Entsorgung von Tierkadave­rn) ausgewiese­n. „Für einen eventuelle­n Katastroph­enfall sind mögliche Wasenplätz­e im Emsland vorerkunde­t“, teilt Sprecher Udo Mäsker mit, ohne konkreter zu werden. Nach Informatio­nen dieser Zeitung liegen diese Plätze zwischen Sögel und Papenburg.

Agrarminis­terin Barbara Otte-Kinast (CDU) appelliert­e: Aus Tierschutz­gründen sei es geboten, weniger Sauen besamen zu lassen, damit weniger Ferkel nachwachse­n.

 ?? Dpa-BILD: Schuldt ?? In vielen Betrieben stauen sich die Schweine.
Dpa-BILD: Schuldt In vielen Betrieben stauen sich die Schweine.

Newspapers in German

Newspapers from Germany