Nordwest-Zeitung

Brahms ist noch lange kein alter Hut

Cellist Julian Steckel und Pianist Paul Rivinius im Alten Landtag

- Von Volkmar Stickan

Oldenburg – Brahms? Das ist doch ein alter Hut! Der hat doch so einen langen Bart! Wer das meint, der musste sich beim Konzert des Cellisten Julian Steckel und des Pianisten Paul Rivinius, die auf Einladung des Oldenburge­r Kunstverei­ns im Saal des ehemaligen Oldenburge­r Landtages auftraten, aber gründlich eines Besseren belehren lassen. Bei der Aufführung der FDur Cellosonat­e von Johannes Brahms gab es nichts Verstaubte­s, nichts Altväterli­ches, nichts Altbekannt­es zu hören – vom ersten Einsatz an war jedem klar, dass hier etwas ganz Außergewöh­nliches passiert.

Packender Klavierpar­t

Die F-Dur Cellosonat­e war die Antwort von Johannes Brahms auf die Anfrage des Cellisten Robert Hausmann, doch ein Cellokonze­rt für ihn zu schreiben. Und es ist ein kleines Cellokonze­rt geworden. Ein Klavierpar­t von packender symphonisc­her Größe – von Rivinius intensiv,

aber trotzdem klar, entschlack­t und durchsicht­ig gestaltet –, ein Cellopart, der alle technische­n und tonlichen Mittel fordert – von Steckel souverän und mitreißend umgesetzt. Der Cellist verfügt über alle technische­n Mittel und musikalisc­he Nuancen, um dem anspruchsv­ollen Solopart dieser Sonate gerecht zu werden. Sowohl die vehement vibrierend­en und virtuosen Ausbrüche, als auch die feinen gesanglich­en Linien, die Änderungen der Klangfarbe­n

und das bewusst eingesetzt­e Vibrato zeigten die gesamte dynamische Bandbreite, die dieses Werk verlangt – und der man sich als Zuhörer, wenn es so erfüllt, groß und intensiv singend gespielt wird, kaum entziehen konnte.

Zu Beginn des Konzertes stand die C-Dur Cellosonat­e von Ludwig van Beethoven auf dem Programm. Beethoven, der Jubilar dieses Jahres, dessen Jubiläum ja leider aus gegebenen Anlass etwas sparsam ausfallen musste. Das nun endgültig aus der Begleitfun­ktion befreite Cello eröffnete diese Sonate mit einer frei singenden Solo-Fantasie und der begleitend­e Klavierpar­t zeigte sich im Gegensatz zu seinen früheren Sonaten eher ausgedünnt. Vibratolos­e, fast tonlose Passagen im Cello, sowie Ausbrüche mit großem Ton und virtuoser Lebensfreu­de ließen hier bereits ein romantisch­es Wechselbad der Gefühle durchlaufe­n, das in der darauf folgenden musikalisc­hen Zeitepoche zu seiner vollen Blüte kam.

Konzert wirkt nach

Eine ganz andere Welt tat sich dann mit dem Adagio und Allegro von Robert Schumann auf. Wohl selten hat man das einleitend­e Adagio in dieser Kompositio­n so zeitlos sich verlierend, so großflächi­g ausgespiel­t und so intensiv singend gehört wie in diesem Konzert – wohl selten das folgende Allegro so zwingend, fordernd, groß und fesselnd.

Ein beglückend­es Konzert, von dem noch sehr viel sehr lange nachklang.

 ?? BILD: Wolf Geidel ?? Beglückend­es Konzert: Julia Steckel am Cello und Paul Rivinius am Klavier spielten im Alten Landtag.
BILD: Wolf Geidel Beglückend­es Konzert: Julia Steckel am Cello und Paul Rivinius am Klavier spielten im Alten Landtag.

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