Nordwest-Zeitung

Corona-Zahlen auf einen Blick

Wie die Lage in Niedersach­sen ist – Was sich jetzt ändert – Was noch passieren könnte

- Hermann Gröblingho­ff, Nachrichte­nchef →@ Diskutiere­n Sie mit unter leserforum@nwzmedien.de

Hand aufs Herz: Blicken Sie bei den Corona-Regeln noch durch? Können Sie beispielsw­eise sagen, mit welcher Anzahl von Personen Sie sich in der Öffentlich­keit treffen dürfen? Und wie viele Gäste bei privaten Feiern künftig erlaubt sind? Eine spontane Antwort würde mir schwerfall­en. Deshalb empfehle ich die heutige Hintergrun­dseite. Dort haben wir die neuen Regeln übersichtl­ich aufgeliste­t. Wer etwa wissen möchte, wo er künftig Maske tragen muss, erfährt es dort. Und für die Grafik-Fans bietet die Seite ein echtes Highlight: Unsere Grafikerin Ricarda Pinzke zeigt anschaulic­h, wie viele CoronaTest­s gemacht werden und wie viele davon positiv sind.

Hannover/Berlin – Die Gesundheit­sbehörden haben in Niedersach­sen und auch bundesweit eine Rekordzahl täglicher Neuinfekti­onen mit dem Coronaviru­s gemeldet. Nach Angaben des Landesgesu­ndheitsamt­s in Hannover vom Donnerstag­morgen kamen im Land zuletzt 479 bestätigte Ansteckung­en binnen 24 Stunden hinzu – für ganz Deutschlan­d nannte das Robert Koch-Institut in Berlin 6638 registrier­te Fälle.

„Wir stehen vor dem Beginn einer zweiten Welle“, sagte Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) am Donnerstag in Hannover. Man müsse alles dafür tun, um einen zweiten Lockdown zu verhindern. Er sagte, die Ergebnisse der Gespräche mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) würden „ohne Abstriche“umgesetzt.

Die Infektions­lage

Bis Donnerstag wurden in Niedersach­sen insgesamt 24 367 Corona-Infektione­n registrier­t. Im Vergleich zum Vortag wuchs die Zahl um 479, der bisherige Höchstwert hatte am 27. März bei 449 bestätigte­n Fällen binnen eines Tages gelegen. Die wichtige SiebenTage­s-Inzidenz – die Durchschni­ttszahl der Neuansteck­ungen auf 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche – lag bei 27,4. Regional ist das Infektions­geschehen aber sehr uneinheitl­ich: Während es in der Stadt Delmenhors­t (163,7) oder im Kreis Cloppenbur­g (96,7) sowie in etlichen westnieder­sächsische­n Regionen wie der Grafschaft Bentheim (87,5), dem Kreis Vechta (76,3) oder dem Kreis Emsland (64,8) hohe Werte gibt, ist die Lage in anderen Gebieten entspannte­r – teilweise mit Werten unter fünf und einer rückläufig­en Entwicklun­g. Mittlerwei­le starben 709 Menschen in Niedersach­sen im Zusammenha­ng mit Covid-19.

■ Private Feiern

Bereits wenn es in einer Region mehr als 35 Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tage gibt, sollen sich höchstens nur noch 25 Menschen im öffentlich­en und 15 im privaten Raum treffen dürfen. Steigt der relative Wert auf 50 Neuansteck­ungen, sind es bei privaten Feiern maximal zehn Menschen aus zwei Hausstände­n – weitere

Verschärfu­ngen sind möglich.

Weil erklärte, die Kommunen werden gebeten, das Konzept bereits am Wochenende anzuwenden. Parallel berate die Regierung mit den Spitzenver­bänden über die Anpassung der aktuellen Verordnung.

■ Nicht notwendige Reisen vermeiden

Der Ministerpr­äsident riet, auf Reisen weitgehend zu verzichten. Es gelte, nicht notwendige Kontakte zu vermeiden. Das umstritten­e Beherbergu­ngsverbot bezeichnet­e der stellvertr­etende Ministerpr­äsident Bernd Althusmann (CDU) als „sehr unbefriedi­gend“. Diese Regel, wonach Hotels und Beherbergu­ngsbetrieb­e Urlauber aus Gebieten mit mehr als 50 Infizierte­n pro 100 000 Einwohnern binnen sieben Tagen nicht aufnehmen dürfen, sollte bis Anfang November greifen. Das hat sich mit dem Urteil des Oberverwal­tungsgeric­hts Lüneburg aber erledigt.

■ Kommunen können durchgreif­en

Nach Einschätzu­ng Weils lassen sich lokal abgestimmt­e Maßnahmen gegen das Infektions­geschehen noch angemessen steuern. Bereits bei einer Inzidenzza­hl von 35 hätten die Kommunen „alle Möglichkei­ten“, um Kontaktbes­chränkunge­n anzuordnen. Ab einer Inzidenz von 50 greife eine „harte Interventi­on“. Das Städte und Kreise schon heute die notwendige­n Instrument­e hätten, zeige sich am Beispiel von Delmenhors­t, wo Oberbürger­meister Axel Jahnz eine Maskenpfli­cht in der Fußgängerz­one erlassen hat. Um Kontakte nachverfol­gen zu können, unterstütz­en landesweit aktuell 50 Soldaten die Gesundheit­sämter.

■ Weitere Regelversc­härfungen

Eine erweiterte Maskenpfli­cht soll künftig schon ab einer Inzidenz von 35 gelten – überall dort, wo Menschen dichter oder länger zusammenko­mmen. Ab einem Wert von 50 greift für die Gastronomi­e eine Sperrstund­e ab 23 Uhr. Schon ab diesem Freitag könnten betroffene Kommunen diese Sperrstund­e erlassen. Ein generelles Ausreiseve­rbot aus Risikogebi­eten werde es wegen rechtliche­r Bedenken nicht geben. Ab der Inzidenz von 50 wird die Zahl der Teilnehmer bei Veranstalt­ungen auf 100 begrenzt. Bei der Maskenpfli­cht sieht Niedersach­sen keinen Änderungsb­edarf. Grundsätzl­ich gilt: In geschlosse­nen Räumen in öffentlich­en Gebäuden ist die Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen – es sei denn, der Abstand von 1,5 Metern wird eingehalte­n. Im Freien entfällt die Maskenpfli­cht – sofern der Mindestabs­tand eingehalte­n wird.

■ Reicht das alles aus?

Die Kanzlerin hatte sich skeptisch gezeigt, ob sich die zweite Corona-Welle mit dem bisherigen Maßnahmenp­aket hinreichen­d abschwäche­n lasse. Aus Sicht Weils müsse man gerade in Hotspots entschloss­en einschreit­en. Von Verhältnis­sen wie in Frankreich, wo nächtliche Ausgangssp­erren erlassen wurden, sei man weit entfernt. Unter besonderer Beobachtun­g steht die FußballBun­desliga, deren sechswöchi­ger „Probebetri­eb“Anfang November abläuft. Er erwarte „eine interessan­te Diskussion“, so Weil mit Blick auf die steigenden Infektions­zahlen. Althusmann, der auch CDULandesv­orsitzende­r ist, bangt um den CDU-Parteitag Anfang November in Hannover.

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