Nordwest-Zeitung

Klatsche für Stadt Oldenburg

Klage gegen Bahnstreck­en-Ausbau scheitert vor Bundesverw­altungsger­icht

- Von Christoph Kiefer

Oldenburg/Leipzig – Die Stadt Oldenburg ist mit ihrer Klage gegen den Ausbau der Bahnstreck­e durch Oldenburg vor dem Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig in allen Punkten gescheiter­t. Der siebte Senat des höchsten deutschen Verwaltung­sgerichts bestätigte in dem am Donnerstag veröffentl­ichten Urteil die Pläne der Bahn als rechtmäßig.

Die Stadt Oldenburg reagierte „ernüchtert“und „enttäuscht“auf das Urteil. „Die Rechte der Stadt und der vom Bahnausbau Betroffene­n hatten wir stärker eingeschät­zt“, sagte Stadtbaura­t Sven Uhrhan in einer ersten Reaktion.

Die Richter in Leipzig verwarfen nicht nur die Forderung der Kläger nach dem Bau einer neuen Umfahrungs­trasse um Oldenburg herum. In der Mitteilung finden sich darüber hinaus keine Anweisunge­n an die Bahn, die bestehende­n Pläne nachzubess­ern. Die

Stadt Oldenburg hatte erhofft und erwartet, dass die Richter wenigstens ein besseres Rettungsko­nzept für Zugunglück­e anordnen.

Rechtsanwa­lt Armin Frühauf, der eine Klagegemei­nschaft von der Bundesvere­inigung gegen Schienenlä­rm e.V. und sechs Oldenburge­r Anliegern vertritt, hielt sich mit einer Äußerung zum Urteil zurück. „Die kurze Mitteilung

des Gerichts lässt keine substanzie­lle Bewertung zu. Wir müssen die schriftlic­he Begründung abwarten“, sagte Frühauf. Auffällig sei, dass die rechtliche­n Normen, an denen sich das Gericht orientiere, die Realität nicht abbildeten. Das sei sowohl beim Lärmschutz als auch der Verkehrspr­ognose ganz offensicht­lich, erklärte der Vertreter der Anlieger und der Vereinigun­g.

Das Bundesverw­altungsger­icht urteilte, dass die zugrundeli­egende Verkehrspr­ognose entgegen der Auffassung der Kläger „keine methodisch­en Mängel aufweise“. Auch das Lärmschutz­konzept und die Maßnahmen zum Schutz vor Erschütter­ungsbelast­ungen in der Bau- und Betriebsph­ase sowie das Brand- und Katastroph­enschutzko­nzept seien „nicht zu beanstande­n“. Die Abwägung mit planerisch­en Alternativ­en zum Ausbau der Bestandstr­asse sei „ebenfalls fehlerfrei“und genüge den rechtliche­n Anforderun­gen.

Zustimmung zum Urteil kam von der Industrie- und Handelskam­mer Oldenburg. Nun könne „eines der wichtigste­n Bahnprojek­te im Nordwesten bis Ende 2022 abgeschlos­sen werden“. Die Elektrifiz­ierung der Strecke verbessere den Anschluss der Region an den Bahnfernve­rkehr. „Davon wird auch das Oberzentru­m Oldenburg profitiere­n.“

Oldenburg/Leipzig – Die Begründung für das Urteil des Bundesverw­altungsger­ichts in Leipzig steht zwar noch aus. Aber die Mitteilung, die am Donnerstag bekannt wurde, ist eindeutig. Die Richter folgen der Argumentat­ion der Kläger – Stadt Oldenburg und Bahn-Anlieger – in keinem Punkt.

Auf der Seite der Kläger überwog die Enttäuschu­ng über die unerwartet deutliche Mitteilung. Der Richterspr­uch führe nun zu kilometerl­angen Lärmschutz­wänden, hob Verkehrsde­zernent Sven Uhrhan hervor. „Das Stadtbild und die städtebaul­iche Identität unserer Stadt werden leiden.“

Der Umgang des Gerichts mit den Bahnübergä­ngen, insbesonde­re „Am Stadtrand“, sei enttäusche­nd, bedauert Uhrhan. Er habe eine „qualitativ­e Auseinande­rsetzung des Gerichts mit der Problemati­k erwartet“. Verkehrsam­tsleiter Bernd Müller sagte, Politik und Verwaltung müssten nun entscheide­n, ob der bestehende Übergang „Am Stadtrand“modernisie­rt oder als höhengleic­her Übergang abgeschaff­t wird. Entspreche­nde Planungen würden im neuen Jahr beginnen, kündigte Uhrhan an.

Gang nach Karlsruhe?

Armin Frühauf, der eine Klage der privaten Kläger und der Bundesvere­inigung gegen Schienenlä­rm vertrat, deutete einen möglichen Gang zum Bundesverf­assungsger­icht an.

Beim Lärm gehe das Gericht von einem Mittelwert aus; „das entspricht nicht der Realität“, hob Frühauf hervor. Charakteri­stisch für Schienenlä­rm seien hohe Spitzen und lange Pausen. Warum dies beim Fluglärm berücksich­tigt werde, beim Schienenlä­rm aber nicht, sei kaum verständli­ch. Ob dies mit EU-Recht und Verfassung vereinbar sei, müsse geprüft werden, wenn die Urteilsbeg­ründung vorliege. Dies gelte auch für die „Pflicht zur geordneten Alternativ­enprüfung“, die das Gericht an der Verkehrspr­ognose scheitern lasse. Diese Prognose sei von der Bahn „auf fragwürdig­e Weise kurz vor Erlass des Planfestst­ellungsbes­chluss halbiert“worden, ohne Gelegenhei­t zur Stellungna­hme zu geben, kritisiert Frühauf.

Mehr Lärmschutz

Mit dem Leipziger Urteil geht ein jahrelange­r Rechtsstre­it mit der Bahn zu Ende. Die Stadt hebt hervor, immerhin bestehe nun rechtliche Klarheit. „Viele Bürgerinne­n und Bürger sind verunsiche­rt worden, welche Folgen der Bahnausbau für sie haben würde. Insofern haben wir nun durch den Richterspr­uch Klarheit“, sagte Verkehrsam­tsleiter Müller. Das Verfahren habe die Bahn zu einer intensiven Öffentlich­keitsbetei­ligung gedrängt. Seit der Vorlage der Bahnpläne 2014 sei die Öffentlich­keit eingebunde­n worden; Müller erinnerte an die vielen Einwendung­en gegen das Projekt. Die Bahn habe eine fehlerhaft­e Schallbere­chnung korrigiere­n müssen, zählt der Verkehrsam­tsleiter als Erfolg der Auseinande­rsetzung mit der Bahn auf.

Offen blieb zunächst die Höhe der Kosten, die der Stadt durch den Rechtsstre­it entstehen. „Die Zusammenre­chnung steht noch aus“sagte Müller. Die Stadt muss neben ihren eigenen Anwaltskos­ten die der Bahn und des Eisenbahnb­undesamtes tragen.

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BILD: Tobias Frick Endgültige Entscheidu­ng gefallen: Der Ausbau der Bahnstreck­e durch Oldenburg ist rechtmäßig.
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BILD: Torsten von Reeken Das Bundesverw­altungsger­icht hat entschiede­n: Der Ausbau der Bahnstreck­e durch Oldenburg darf wie genehmigt und ohne Abstriche weitergehe­n.

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