Klatsche für Stadt Oldenburg
Klage gegen Bahnstrecken-Ausbau scheitert vor Bundesverwaltungsgericht
Oldenburg/Leipzig – Die Stadt Oldenburg ist mit ihrer Klage gegen den Ausbau der Bahnstrecke durch Oldenburg vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in allen Punkten gescheitert. Der siebte Senat des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts bestätigte in dem am Donnerstag veröffentlichten Urteil die Pläne der Bahn als rechtmäßig.
Die Stadt Oldenburg reagierte „ernüchtert“und „enttäuscht“auf das Urteil. „Die Rechte der Stadt und der vom Bahnausbau Betroffenen hatten wir stärker eingeschätzt“, sagte Stadtbaurat Sven Uhrhan in einer ersten Reaktion.
Die Richter in Leipzig verwarfen nicht nur die Forderung der Kläger nach dem Bau einer neuen Umfahrungstrasse um Oldenburg herum. In der Mitteilung finden sich darüber hinaus keine Anweisungen an die Bahn, die bestehenden Pläne nachzubessern. Die
Stadt Oldenburg hatte erhofft und erwartet, dass die Richter wenigstens ein besseres Rettungskonzept für Zugunglücke anordnen.
Rechtsanwalt Armin Frühauf, der eine Klagegemeinschaft von der Bundesvereinigung gegen Schienenlärm e.V. und sechs Oldenburger Anliegern vertritt, hielt sich mit einer Äußerung zum Urteil zurück. „Die kurze Mitteilung
des Gerichts lässt keine substanzielle Bewertung zu. Wir müssen die schriftliche Begründung abwarten“, sagte Frühauf. Auffällig sei, dass die rechtlichen Normen, an denen sich das Gericht orientiere, die Realität nicht abbildeten. Das sei sowohl beim Lärmschutz als auch der Verkehrsprognose ganz offensichtlich, erklärte der Vertreter der Anlieger und der Vereinigung.
Das Bundesverwaltungsgericht urteilte, dass die zugrundeliegende Verkehrsprognose entgegen der Auffassung der Kläger „keine methodischen Mängel aufweise“. Auch das Lärmschutzkonzept und die Maßnahmen zum Schutz vor Erschütterungsbelastungen in der Bau- und Betriebsphase sowie das Brand- und Katastrophenschutzkonzept seien „nicht zu beanstanden“. Die Abwägung mit planerischen Alternativen zum Ausbau der Bestandstrasse sei „ebenfalls fehlerfrei“und genüge den rechtlichen Anforderungen.
Zustimmung zum Urteil kam von der Industrie- und Handelskammer Oldenburg. Nun könne „eines der wichtigsten Bahnprojekte im Nordwesten bis Ende 2022 abgeschlossen werden“. Die Elektrifizierung der Strecke verbessere den Anschluss der Region an den Bahnfernverkehr. „Davon wird auch das Oberzentrum Oldenburg profitieren.“
Oldenburg/Leipzig – Die Begründung für das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig steht zwar noch aus. Aber die Mitteilung, die am Donnerstag bekannt wurde, ist eindeutig. Die Richter folgen der Argumentation der Kläger – Stadt Oldenburg und Bahn-Anlieger – in keinem Punkt.
Auf der Seite der Kläger überwog die Enttäuschung über die unerwartet deutliche Mitteilung. Der Richterspruch führe nun zu kilometerlangen Lärmschutzwänden, hob Verkehrsdezernent Sven Uhrhan hervor. „Das Stadtbild und die städtebauliche Identität unserer Stadt werden leiden.“
Der Umgang des Gerichts mit den Bahnübergängen, insbesondere „Am Stadtrand“, sei enttäuschend, bedauert Uhrhan. Er habe eine „qualitative Auseinandersetzung des Gerichts mit der Problematik erwartet“. Verkehrsamtsleiter Bernd Müller sagte, Politik und Verwaltung müssten nun entscheiden, ob der bestehende Übergang „Am Stadtrand“modernisiert oder als höhengleicher Übergang abgeschafft wird. Entsprechende Planungen würden im neuen Jahr beginnen, kündigte Uhrhan an.
Gang nach Karlsruhe?
Armin Frühauf, der eine Klage der privaten Kläger und der Bundesvereinigung gegen Schienenlärm vertrat, deutete einen möglichen Gang zum Bundesverfassungsgericht an.
Beim Lärm gehe das Gericht von einem Mittelwert aus; „das entspricht nicht der Realität“, hob Frühauf hervor. Charakteristisch für Schienenlärm seien hohe Spitzen und lange Pausen. Warum dies beim Fluglärm berücksichtigt werde, beim Schienenlärm aber nicht, sei kaum verständlich. Ob dies mit EU-Recht und Verfassung vereinbar sei, müsse geprüft werden, wenn die Urteilsbegründung vorliege. Dies gelte auch für die „Pflicht zur geordneten Alternativenprüfung“, die das Gericht an der Verkehrsprognose scheitern lasse. Diese Prognose sei von der Bahn „auf fragwürdige Weise kurz vor Erlass des Planfeststellungsbeschluss halbiert“worden, ohne Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, kritisiert Frühauf.
Mehr Lärmschutz
Mit dem Leipziger Urteil geht ein jahrelanger Rechtsstreit mit der Bahn zu Ende. Die Stadt hebt hervor, immerhin bestehe nun rechtliche Klarheit. „Viele Bürgerinnen und Bürger sind verunsichert worden, welche Folgen der Bahnausbau für sie haben würde. Insofern haben wir nun durch den Richterspruch Klarheit“, sagte Verkehrsamtsleiter Müller. Das Verfahren habe die Bahn zu einer intensiven Öffentlichkeitsbeteiligung gedrängt. Seit der Vorlage der Bahnpläne 2014 sei die Öffentlichkeit eingebunden worden; Müller erinnerte an die vielen Einwendungen gegen das Projekt. Die Bahn habe eine fehlerhafte Schallberechnung korrigieren müssen, zählt der Verkehrsamtsleiter als Erfolg der Auseinandersetzung mit der Bahn auf.
Offen blieb zunächst die Höhe der Kosten, die der Stadt durch den Rechtsstreit entstehen. „Die Zusammenrechnung steht noch aus“sagte Müller. Die Stadt muss neben ihren eigenen Anwaltskosten die der Bahn und des Eisenbahnbundesamtes tragen.