Keine Zeit mehr für Phrasen
Die üblichen Phrasen, derer sich London und Brüssel bisher bedienten, klingen längst verbraucht. „Kein Deal um jeden Preis“oder „Der Ball liegt im Spielfeld von…“– man hat das alles in diesem Poker so oft gehört, dass es schwerfällt, dem öffentlichen Bild der Verhandlungen zu glauben. Beide Seiten signalisieren in diesen Tagen einmal mehr die Enttäuschung über fehlende Fortschritte, an denen – welch Überraschung! – der jeweils andere Partner schuld ist.
Inzwischen stellt man zwar auf beiden Seiten eine sich behutsam verändernde Tonlage fest, bei der noch unklar ist, ob sie durch Fakten oder Hoffnung genährt wird. Auch Europa weiß, dass es den Briten entgegenkommen muss – zum Beispiel in der Frage der künftigen Fisch-Fangquoten. In den Analysen der Wirtschaftsund Industrieverbände wird das zu erwartende Chaos für ein Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus dem Binnenmarkt und der Zollunion plastisch beschrieben. Auf der britischen Seite macht sich offenbar schrittweise die Erkenntnis breit, dass nicht alle Katastrophenszenarien übertrieben waren.
Tatsächlich hängen London und Brüssel viel zu eng aneinander, um schadlos ohne Abstimmungen voneinander lassen zu können. Der Brexit und seine Konsequenzen haben schon jetzt tiefe Wunden geschlagen – nicht nur emotional, sondern auch materiell. Wenn ein Handelsabkommen nicht bald erreicht wird, gibt es nur Verlierer. Nicht mal diese Erkenntnis ist neu.