Die Angst vorm Atomklo
Gorleben ist als Endlager vom Tisch. Aber da gibt es ja noch ein „Atomklo“in Niedersachsen: Im ausgedienten Salzbergwerk Asse II im Kreis Wolfenbüttel wurden von 1967 bis Ende 1978 etwa 126 000 Fässer mit Atommüll eingelagert. Zum Inventar gehören 102 Tonnen Uran, 87 Tonnen Thorium, 28 Kilogramm Plutonium und erhebliche Mengen giftiger Stoffe wie Arsen. Durch das Deckgebirge dringt Wasser in die Schachtanlage ein. Nach Berechnungen der Betreiberin, der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), etwa 13 Kubikmeter pro Tag. Asse II droht abzusaufen, daher sollen die Fässer so schnell wie möglich zurückgeholt werden.
Doch wohin mit dem Zeug? Geplant ist ein Zwischenlager direkt an der Asse. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) will dort bauen lassen. Unterstützung erhält sie ausgerechnet von Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD). Seiner Meinung nach ist es besser, möglichst schnell Klarheit beim Zwischenlager zu schaffen, damit der schwach- und mittelradioaktive Atommüll geborgen werden kann. Auch weite Transporte würden entfallen.
Den Parteifreunden im SPD-Bezirk Braunschweig schmeckt dieser Cocktail aber gar nicht, den ihre Minister da angerührt haben. Der Vorstand fasste einen Beschluss, der für Druck auf Schulze sorgen soll. „Wir wollen eine Erklärung dafür haben, warum das Zeug hierher soll“, sagt der Landtagsabgeordnete Marcus Bosse (Wolfenbüttel), zugleich Beisitzer im SPD-Bezirksvorstand. Asse-ferne Standorte sollten zumindest geprüft werden. Sollte es dennoch zu einem Zwischenlager an der Asse kommen, stellen die Genossen klare Bedingungen: Es soll dort nur der Müll gelagert werden, der dort geborgen wird. Und das Lager soll zeitlich befristet genutzt werden.
Der Streit um Asse überschattete bereits die Atomdebatte im Landtag: Bosse warf der BGE eine „Basta-Politik“vor und warnte: „Das wird sich die Region nicht gefallen lassen!“Schützenhilfe bekam er von Björn Försterling, einst FDP-Obmann im Asse-Untersuchungsausschuss.
Der SPD-Bezirk Braunschweig mit zwölf Landtagsabgeordneten und zwei Bundestagsabgeordneten gilt parteiintern als sehr einflussreich. Hier hatte einst der frühere Parteichef Sigmar Gabriel seine Machtbasis. Heute ist Bundesarbeitsminister Hubertus Heil SPD-Bezirksfürst. Er hob für den Asse-Beschluss die Hand. Ob es in Berlin nun Zoff am Kabinettstisch mit Schulze geben wird, gilt als offen. Sicher ist: Nächstes Jahr sind Bundestagswahlen. Und da möchte Heil wieder das direkte Ticket nach Berlin lösen.
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