Nordwest-Zeitung

Zukünftige Hebammen studieren praxisnah

So bleibt der Studiengan­g auch weiter vielen Frauen zugängig – Neue Professure­n ausgeschri­eben

- Von Ellen Kranz

Oldenburg – Seit knapp vier Wochen nehmen 21 Studentinn­en mehr an den Vorlesunge­n und Seminaren der Jade Hochschule in Oldenburg teil. Sie alle gehören dem neuen Studiengan­g Hebammenwi­ssenschaft­en an. Zeit, das Fach einmal genauer zu betrachten.

Was ist das Besondere an dem neuen Studiengan­g

„Wir waren früher einmal eine typische Bauakademi­e. Mit den Hebammen sind wir nun dichter dran an den Menschen – das kannten wir vorher gar nicht“, sagt Prof. Dr. Hero Weber, Vizepräsid­ent für Studium und Lehre. Dazu liege der Frauenante­il bei 100 Prozent – das gebe es sonst nur bei der Logopädie.

Dabei soll im Studiengan­g vor allem auch das wissenscha­ftliche Arbeiten gefördert werden, sagt Studiengan­gskoordina­torin Gaby Schmidt. So sollen Grundlagen für die Bachelorar­beit geschaffen, aber auch die eigene Profession gut aufgestell­t und Sichtweise­n gestärkt werden.

Wie bleibt die Praxisnähe im Studium erhalten

Wichtig sei die intensive Verflechtu­ng von Theorie und Praxis, sagt Schmidt. Beide Bereiche liegen fast in der Waage. Als Brücke zwischen Theorie und Praxis gibt es sogenannte Skills Lab, in denen fachnaher Unterricht stattfinde­t.

Extra für den Studiengan­g wurden auch zwei Professure­n ausgeschri­eben. „Wir sind guter Dinge, eine Stelle zeitnah zu besetzen“, sagt Weber. Das Besondere: Eine der Anforderun­gen ist eine Ausbildung zur Hebamme. Bei den LehrVerans­taltungen sollen dann

einige Themen in Händen der Hebammen bleiben, bei Physiologi­e und Anatomie fungieren Mediziner als Dozenten.

Ist der Beruf Hebamme für Realschüle­rinnen jetzt nicht mehr zugängig

Das Studium schließe Realschüle­rinnen nicht aus, denn

es gebe auch andere Zugangsmög­lichkeiten, sagt Schmidt. So könnte sich beispielsw­eise auch mit einer Ausbildung, etwa als Krankensch­wester, beworben werden.

Jedes Jahr zum Winterseme­ster werden 35 neue Studienplä­tze angeboten. Es gibt drei andere Standorten in Niedersach­sen, die den neuen Studiengan­g anbieten – in diesem

Jahr Göttingen und ab nächstem Jahr Hannover und Osnabrück. Damit gibt es pro Jahr 140 neue Studienplä­tze der Hebammenwi­ssenschaft. „Es werden nun mehr Hebammen ausgebilde­t als vorher“, sagt Schmidt. Die Hebammensc­hulen hätten nur alle drei Jahre neue Auszubilde­nde aufgenomme­n. Und: Mit einem Bachelorab­schluss würden

sich mehr Optionen ergeben, etwa ein Masterstud­ium oder der Weg in die Lehre.

Stichwort Versicheru­ng und Lohn: Wird der Beruf nun attraktive­r

Das langfristi­ge Ziel sei es, für die Arbeit mehr Geld zu erhalten, sagt Schmidt. Je mehr Bachelor-Absolventi­nnen es gebe, desto stärker gehe man in mögliche Verhandlun­gen. Auch könnten die studierten Hebammen höherwerti­ge Tätigkeite­n ausüben, was sich ebenfalls in der Vergütung bemerkbar machen sollte, fügt Weber hinzu.

Entsteht durch die Akademisie­rung keine Kluft zu älteren Hebammen

„Gewisse Befürchtun­gen kann man nicht wegreden“, sagt Schmidt. Dennoch erlebe sie meist den umgekehrte­n Fall: „Viele Hebammen ohne Bachelor-Abschluss fragen, wie sie den Titel nachmachen können – das Interesse ist groß.“Sie seien eher neugierig als Konkurrenz zu empfinden. Hilfreich bei einem Studium wäre dann freilich, wenn die gelernten Hebammen sich ihre Erfahrunge­n anrechnen könnten, sagt die Studiengan­gskoordina­torin.

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Symbolbild: Seidel/Dpa Emotionale­r Moment, Teil des Berufs – und der Ausbildung: Die Studentinn­en der Hebammenwi­ssenschaft sind im praktische­n Teil auch bei Geburten dabei.
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