Nordwest-Zeitung

Sein Vorbild hat noch mit 80 operiert

Oldenburge­r Ex-Chef-Chirurg Hans-Rudolf Raab mit neuen Aufgaben

- Von Christoph Kiefer

Oldenburg/Leer – Gut ein Jahr ist es her, dass die Generalsta­atsanwalts­chaft Oldenburg die Akte Raab geschlosse­n hat. Abrechnung­sbetrug und Behandlung­sfehler hatte das Klinikum Oldenburg unter dem damaligen Vorstand Dr. Dirk Tenzer dem renommiert­en Chirurgen vorgeworfe­n.

Bewahrheit­et hat sich keiner der Vorwürfe. Der Staatsanwa­lt stellte die Ermittlung­en gegen Hans-Rudolf Raab ein; zur Anklage kam es nicht. Tenzers Versuch, mit einer Beschwerde weitere Schritte der Ermittler zu erzwingen, scheiterte im vergangene­n Jahr am Generalsta­atsanwalt.

„Keine leichte Zeit“

„Es war keine leichte Zeit für alle Beteiligte­n, aber ich war die ganze Zeit tief überzeugt, dass alles ein gutes Ende nimmt“, erinnert sich der 63Jährige an seine überrasche­nde Freistellu­ng durch Tenzer im Februar 2017. Zwei Jahre lang tauchte sein Name immer wieder auf im Zusammenha­ng

mit dem Klinikum, das durch den Pflegemord­prozess Högel bundesweit in die Schlagzeil­en geriet.

Raab arbeitete in dieser Zeit freiberufl­ich unter anderem in Hamburg und Bremen und seit Ende 2018 für das katholisch­e Borromäus Hospital in Leer. Dort baut er maßgeblich ein Darm- und ein Pankreasze­ntrum mit auf.

Bereits in seiner Oldenburge­r Zeit hatte Raab eine entspreche­nde Zertifizie­rung erzielt, die das Klinikum in dem Niedergang, der auf sein Ausscheide­n folgte, aber nicht halten konnte. Ob er Genugtuung darüber verspüre? „Nein, überhaupt nicht“, sagt Raab. „Mein Nachfolger Professor Bockhorn macht sehr gute Arbeit; ich hoffe, er gewinnt das Zertifikat bald zurück.“

Raab betont, wie sehr er die Arbeit und besonders die gesamte Arbeitsatm­osphäre in Leer schätze. Komplett ausgelaste­t sieht sich der umtriebige Mediziner aber nicht. So entfaltet er zahlreiche weitere Aktivitäte­n. In China begleitet Raab den Aufbau eines großen Krankenhau­ses. In Kairo und

Abu Dhabi übernimmt Raab

Operatione­n und vermittelt chirurgisc­hes Fachwissen. In

Berlin engagiert sich der Mediziner in einer jungen Firma, die klinische Studien voranbring­t.

Mit der Vorstandsa­rbeit in Die Mitgliedsc­haft im Kuratorium einer Fachärztev­ereinigung der Freunde der Universitä­tsmedizin für Chirurgisc­he Krebsbehan­dlung Nordwest beweist („Assoziatio­n chirurgisc­he Raabs Nähe zur Oldenburge­r Onkologie“) bringt Unimedizin, die er initiiert sich Raab auf fachlicher Ebene und maßgeblich mit aufgebaut ein. Der Wissenscha­ftliche Beirat beim Klinischen Krebsregis­ter Niedersach­sen wählte Raab 2019 zum Vorsitzend­en.

Vorbild Oldenburg

hat, zum Beispiel als Prodekan. Dass sich neue staatliche Medizinstu­diengänge, die aktuell unter anderem in Cottbus und Bielefeld entstehen, an der Oldenburge­r European Medical School orientiere­n, sieht Raab nicht ohne Stolz.

Wohin soll der berufliche Weg noch führen? Raab macht nicht den Eindruck, er wolle in absehbarer Zeit kürzer treten.

Konkrete Ziele nennt der 63Jährige nicht. Aber sein Weggang vom Klinikum Oldenburg soll nicht das Ende der Karriere markieren.

Mit Blick auf den Mitbegründ­er der Herzchirur­gie, Michael Ellis DeBakey, kann sich Raab viel vornehmen. Der US-Amerikaner, der 2008 in seinem 100. Lebensjahr starb, stand noch im Alter von über 80 Jahren am OP-Tisch.

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