Sein Vorbild hat noch mit 80 operiert
Oldenburger Ex-Chef-Chirurg Hans-Rudolf Raab mit neuen Aufgaben
Oldenburg/Leer – Gut ein Jahr ist es her, dass die Generalstaatsanwaltschaft Oldenburg die Akte Raab geschlossen hat. Abrechnungsbetrug und Behandlungsfehler hatte das Klinikum Oldenburg unter dem damaligen Vorstand Dr. Dirk Tenzer dem renommierten Chirurgen vorgeworfen.
Bewahrheitet hat sich keiner der Vorwürfe. Der Staatsanwalt stellte die Ermittlungen gegen Hans-Rudolf Raab ein; zur Anklage kam es nicht. Tenzers Versuch, mit einer Beschwerde weitere Schritte der Ermittler zu erzwingen, scheiterte im vergangenen Jahr am Generalstaatsanwalt.
„Keine leichte Zeit“
„Es war keine leichte Zeit für alle Beteiligten, aber ich war die ganze Zeit tief überzeugt, dass alles ein gutes Ende nimmt“, erinnert sich der 63Jährige an seine überraschende Freistellung durch Tenzer im Februar 2017. Zwei Jahre lang tauchte sein Name immer wieder auf im Zusammenhang
mit dem Klinikum, das durch den Pflegemordprozess Högel bundesweit in die Schlagzeilen geriet.
Raab arbeitete in dieser Zeit freiberuflich unter anderem in Hamburg und Bremen und seit Ende 2018 für das katholische Borromäus Hospital in Leer. Dort baut er maßgeblich ein Darm- und ein Pankreaszentrum mit auf.
Bereits in seiner Oldenburger Zeit hatte Raab eine entsprechende Zertifizierung erzielt, die das Klinikum in dem Niedergang, der auf sein Ausscheiden folgte, aber nicht halten konnte. Ob er Genugtuung darüber verspüre? „Nein, überhaupt nicht“, sagt Raab. „Mein Nachfolger Professor Bockhorn macht sehr gute Arbeit; ich hoffe, er gewinnt das Zertifikat bald zurück.“
Raab betont, wie sehr er die Arbeit und besonders die gesamte Arbeitsatmosphäre in Leer schätze. Komplett ausgelastet sieht sich der umtriebige Mediziner aber nicht. So entfaltet er zahlreiche weitere Aktivitäten. In China begleitet Raab den Aufbau eines großen Krankenhauses. In Kairo und
Abu Dhabi übernimmt Raab
Operationen und vermittelt chirurgisches Fachwissen. In
Berlin engagiert sich der Mediziner in einer jungen Firma, die klinische Studien voranbringt.
Mit der Vorstandsarbeit in Die Mitgliedschaft im Kuratorium einer Fachärztevereinigung der Freunde der Universitätsmedizin für Chirurgische Krebsbehandlung Nordwest beweist („Assoziation chirurgische Raabs Nähe zur Oldenburger Onkologie“) bringt Unimedizin, die er initiiert sich Raab auf fachlicher Ebene und maßgeblich mit aufgebaut ein. Der Wissenschaftliche Beirat beim Klinischen Krebsregister Niedersachsen wählte Raab 2019 zum Vorsitzenden.
Vorbild Oldenburg
hat, zum Beispiel als Prodekan. Dass sich neue staatliche Medizinstudiengänge, die aktuell unter anderem in Cottbus und Bielefeld entstehen, an der Oldenburger European Medical School orientieren, sieht Raab nicht ohne Stolz.
Wohin soll der berufliche Weg noch führen? Raab macht nicht den Eindruck, er wolle in absehbarer Zeit kürzer treten.
Konkrete Ziele nennt der 63Jährige nicht. Aber sein Weggang vom Klinikum Oldenburg soll nicht das Ende der Karriere markieren.
Mit Blick auf den Mitbegründer der Herzchirurgie, Michael Ellis DeBakey, kann sich Raab viel vornehmen. Der US-Amerikaner, der 2008 in seinem 100. Lebensjahr starb, stand noch im Alter von über 80 Jahren am OP-Tisch.