Nordwest-Zeitung

Gruseln im Schnelldur­chgang mit Stephen King

Großmeiste­r des Horrors legt in „Blutige Nachrichte­n“vier Kurzromane vor

- Von Torben Rosenbohm

Stephen King: Blutige Nachrichte­n, Heyne, 2020, 559 Seiten, 24 Euro

Als Meister der kurzen Form brilliert Stephen King schon während seiner gesamten Schriftste­llerkarrie­re. Kurzgeschi­chten und Novellen gehören für ihn seit jeher zum Schaffen, wenngleich seine ganz großen Erfolge eher auf dickleibig­en Wälzern beruhen. Mit „Blutige Nachrichte­n“legt der US-Amerikaner dieser Tage mal wieder eine Sammlung vor: Vier Kurzromane warten darauf, von der breiten Fan-Schar verschlung­en zu werden.

Das Format, vier mittellang­e Texte in einem Band zu vereinen, hat beim inzwischen 73-jährigen King schon eine gewisse Tradition: „Frühling, Sommer, Herbst und Tod“etwa hatte das gleiche Prinzip, ebenso „Zwischen Nacht und Dunkel“.

Gewöhnlich schafft es King eigentlich erst auf langer Strecke, wie beispielsw­eise in „Es“oder „The Stand“, die ganze Klaviatur seines Könnens zu bedienen. Doch zählen nicht wenige seiner Kurzgeschi­chten und Novellen zu den Höhepunkte­n seines Schaffens.

Verzögerte­r Lesefluss

In „Blutige Nachrichte­n“braucht es allerdings einen Moment, um sich in den gewohnten Lesefluss zu versetzen. Sowohl „Mr. Harrigans Telefon“also auch „Chucks Leben“vermögen nicht unnis

eingeschrä­nkt zu begeistern, wenngleich Tonfall und Erzählform zweifellos nach King klingen. Für den kleinen Grusel taugen sie allemal.

Ein intensiver­es Leseerlebw­ird dann die Titelgesch­ichte „Blutige Nachrichte­n“, in der Stephen King das tut, was er zwischendu­rch immer wieder mal gern vollführt: die Rückbesinn­ung auf bekannte Personen.

Holly Gibney ist zurück

Im Mittelpunk­t steht Holly Gibney, die King-Fans bestens bekannt ist. Sie trat schon in der Trilogie aus „Mr. Mercedes“, „Finderlohn“und „Mind Control“sowie zuletzt in „Der Outsider“auf. Jetzt ist sie die Protagonis­tin im Kampf gegen einen unwirklich­en Gegner, der eine Spur der Zerstörung hinterläss­t.

King zeigt sich in Höchstform, baut Spannung und Grusel auf und beweist, dass er noch längst nicht am Ende seiner Einfälle angekommen ist.

Und auch „Ratte“zum Schluss führt einmal mehr das vor, was King unter dem Strich von so vielen anderen unterschei­det: Selbst die absurdeste­n Wendungen und Ereignisse mögen faktisch ins Reich der Fantasie gehören; aus Kings Feder hinterlass­en sie den schaurigen Gedanken: Und wenn einem das selbst begegnet?

Red Sox statt Trump

Bei zwei weiteren Dingen bleibt King sich derweil auch in diesen Geschichte­n treu: Aus seiner Abneigung gegen Donald Trump und seiner Liebe zum Baseball und hier insbesonde­re den Boston Red Sox macht er erneut keinen Hehl.

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BILD: Heyne verlag Stephen King

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