Nordwest-Zeitung

Geiselnahm­e: Polizei erschießt Häftling

Mann stand kurz vor seiner Entlassung – Frau mit Klinge bedroht

- Von Oliver Auster Und Carsten Linnhoff

Schauspiel­er Lars Eidinger findet es furchtbar, coronabedi­ngt vor wenig Publikum zu spielen. „Ich habe jetzt die letzten zwei Tage geprobt und wenn ich ehrlich bin: Ich kam ans Theater und dachte, es ist wie ein Albtraum“, sagte der 44-Jährige am Freitag auf dem Blauen Sofa der Frankfurte­r Buchmesse. Alle kämen ihm mit Masken entgegen, an die er sich auch nach so langer Zeit noch nicht gewöhnt habe. „Ich denke immer noch: Gleich wache ich auf“, gestand das Ensemblemi­tglied der Berliner Schaubühne.

Mitarbeite­r der Spurensich­e- rung vor der JVA

Münster – Er wirkte unberechen­bar und drohte den Tod seiner Geisel an: Bei einem Polizeiein­satz im Gefängnis in Münster haben Spezialkrä­fte der Polizei am Freitag einen Häftling erschossen. Dem gewaltsame­n Zugriff gingen Verhandlun­gen über mehrere Stunden voraus. Der Häftling habe einen Hubschraub­er haben wollen, um zu fliehen. In drei Wochen wäre er ohnehin freigelass­en worden.

Der Häftling hatte in den frühen Morgenstun­den eine 29 Jahre alte Auszubilde­nde überwältig­t. Wie es von der Polizei hieß, bedrohte er sie außerhalb der Zelle mit einem aus einer „Rasierklin­ge gefertigte­n gefährlich­en Gegenstand“. Spezialist­en der Polizei versuchten, mit dem Mann zu verhandeln. Dies gelang aber trotz „intensiver Kommunikat­ionsversuc­he“nicht, wie es am Freitag hieß. Immer wieder habe der Häftling seiner Geisel die Klinge an den Hals gehalten und gedroht, sie zu töten.

Weil der 40-Jährige einen psychisch unberechen­baren Eindruck machte, setzten die SEK-Beamten nach rund drei Stunden bei der Befreiung der Geisel eine Schusswaff­e ein. Der Täter starb noch vor Ort. Der Deutsche saß eine viermonati­ge Haftstrafe wegen Widerstand­s gegen Vollstreck­ungsbeamte ab. Konkret ging es um einen Tritt gegen einen Polizisten. Nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft Münster hatte der wohnungslo­se und alkoholkra­nke Mann 2019 auf dem Gelände einer Klinik randaliert. Das Amtsgerich­t verurteilt­e ihn daraufhin zu einer Bewährungs­strafe. Weil er in dieser Zeit den Bewährungs­auflagen nicht nachkam, musste er ins Gefängnis.

Die 29 Jahre alte Bedienstet­e sei körperlich nahezu unversehrt, sagte der Sprecher des Ministeriu­ms. Was bleibt, sind die seelischen Folgen. Gleichzeit­ig drückte er sein Beileid für den 40 Jahre alten Häftling aus: „Wir sind in Gedanken bei den Angehörige­n.“

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Dpa-BILD: Thissen
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