Mysteriöser Tod
Dass der Kleine Prinz bis heute regelrecht ein Populärphänomen ist – samt Hunderten Übersetzungen und Merchandise von Postern bis Tassen – habe natürlich mit den gut zu merkenden und prägnanten Phrasen und Zitaten zu tun, sagt JProf. Dr. Thomas Boyken vom Institut der Germanistik an der Uni Oldenburg. „Es sind allgemeine Sätze, die jeder Leser nachvollziehen kann – da steckt unglaublich viel drin.“Nicht nur im bekanntesten „Man sieht nur mit dem Herzen gut“, sondern auch etwa in „Alle großen Leute sind einmal Kinder gewesen (aber wenige erinnern sich daran)“.
Der Leser könne in diese Sätze „verdammt viel reinlesen“, erklärt Boyken die Popularität. Anders als etwa bei Erich Kästners „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“, welches wesentlich konkreter sei. Je nach Übersetzung des Kleinen Prinzen weichen die Zitate leicht voneinander ab, die Erstübersetzung sei aber prägend gewesen.
Anfang in Skizzen
Erschienen ist das Original schon 1943 in der US-Metropole New York, wo sich der Autor damals im Exil aufhielt. Mit ein paar Skizzen soll es angefangen haben. Einmal war es
Das Buch zaubert seit Jahrzehnten Menschen stets ein Lächeln auf die Lippen – vor 70 Jahren wurde der Kleine Prinz, geschrieben von Antoine de Saint-Exupéry, erstmals ins Deutsche übersetzt.
Autor Antoine de Saint-Exupéry
sein Verleger Curtice Hitchcock, der ihn ermutigt haben soll, dem kleinen Jungen, auf eine Serviette gezeichnet, eine Geschichte zu widmen. Eine andere Version schreibt dies seiner Frau Consuelo de SaintExupéry zu.
So prägnant das Bild des Kleinen Prinzen in unseren Köpfen ist, so schwammig lässt sich das Buch einem Genre zuordnen. Ist es ein Kinderbuch? Philosophie für Erwachsene? Eine Fabel – oder ein Märchen? Die ersten Kritiker des Buches waren sich 1943 uneinig. Für Erwachsene sei der Kleine Prinz zu kindlich, für Kinder aber zu kompliziert.
Weltberühmt: Prinz der
Kleine
„Sprechende Dinge und Tiere sind eigentlich typisch für Märchen“, ordnet es Boyken vorsichtig ein. Allerdings würde er das Werk eher als Kunstmärchen oder Parabel über Freundschaft, Liebe und Tod bezeichnen. Außerdem sei es schon für Kinder gesenheit
Prof. Dr. Thomas Boyken
schrieben – darauf deutet bereits das Vorwort hin – aber eben auch für Erwachsene.
Die Geschichte ist so simpel wie schön. Ein Pilot strandet mit seiner Maschine in der Wüste, als ihm der kleine Prinz begegnet. Es entspinnt sich ein Gespräch über das Leben des Prinzen, der seinen Planeten B612 verlassen hat, um die Welt zu entdecken. Dabei lernt er allerlei „große Menschen“kennen, die nichts vom Leben verstanden haben. Und der Prinz trifft Tiere wie den Fuchs, von dem das berühmte Zitat stammt. Der kleine Prinz merkt, dass er seinen Heimatplaneten sehr vermisst.
Bekannt für Romane
Antoine de Saint-Exupéry, eigentlich Berufspilot, war schon zu Lebzeiten durchaus bekannt und ausgezeichnet für seine Abenteuerromane wie „Südkurier“, „Nachtflug“oder „Wind, Sand und Sterne“. Dabei flossen immer wieder seine Erlebnisse und Erfahrungen als Pilot mit ein.
Auch im Buch „Der Kleine Prinz“hat der Franzose allem Anschein nach vieles aus seinem Leben literarisch verarbeitet. Etwa die Person des Erzählers (ein Pilot), ein Absturz in der Wüste oder das
Verlassen der Heimat (der Gang ins Exil). „Er changierte immer wieder zwischen Pilot und Schriftsteller, das kann man nicht trennen“, findet Thomas Boyken. Aber es sei auch nicht verkehrt, das Buch ohne den biografischen Hintergrund im Kopf zu lesen, um einen differenzierten Blick zu erhalten. Wie den Autor selbst umschwebt auch das Buch ein Mysterium. Der Kleine Prinz ist voller Melancholie, Zerris
Antoine de Saint-Exupéry Nach Ausbruch
des Zweiten Weltkrieges wurde SaintExupéry in die Aufklärungsstaffel aufgenommen. Am 31. Juli 1944 startete SaintExupéry vom korsischen Borgo aus zu seiner letzten Mission. Seither gilt er als vermisst. Es gibt Hinweise, dass seine Maschine ins Meer gestürzt ist. Als Ursache seines Verschwindens stehen Abschuss, technischer Defekt, aber auch Suizid im Raum. 1998 fand ein Marseiller Fischer Saint-Exupérys Silberarmband im Meer. Teile der Maschine wurden im Jahr 2000 auf dem Grund des Mittelmeers gefunden.
und Ambivalenz. Vieles lässt Saint-Exupéry offen. Etwa, was die Rose bedeutet, wie der kleine Prinz überhaupt umherreist – und ob er am Ende wirklich stirbt.
Auf den letzten Seiten etwa fällt dem Ich-Erzähler ein, dass er dem Kleinen Prinzen ein Schaf gezeichnet hatte, aber den Maulkorb vergaß, nun könnte das Schaf doch die Rose auffressen! Ob der Prinz das noch nachholt? „Man muss aushalten können, dass alles möglich ist“, sagt Thomas Boyken und schmunzelt.