Nordwest-Zeitung

Hochsee-Kreuzfahrt erfindet sich neu

Sonne tanken bei Schiffsrei­se nach Athen und Korfu unter aktuellen Bedingunge­n

- Von Ralf Lieske

Griechenla­nd – Im Spätsommer noch einmal eine ordentlich­e Portion Sonnenwärm­e einfangen. Klingt verlockend – aber wohin? Die Anzahl der möglichen Reiseziele mit niedrigem Infektions­risiko streicht das Auswärtige Amt praktisch täglich zusammen. Griechenla­nd ist eine Möglichkei­t. Die Wiege der Demokratie verspricht außer einem Bad im Badewannen-warmen Mittelmeer sowie angenehmen Lufttemper­aturen mit bis zu 30 Grad, auch das Entdecken zahlreiche­r Monumente längst vergangene­r Epochen wie etwa die Akropolis.

Voller Eifer tastet man sich auf den ausgetrete­nen und rutschigen Marmorstuf­en zu ihr hinauf. Der berühmtest­e und meistbesuc­hte Tempel der Hellenen thront hoch über der Hauptstadt Athen.

Im Jahr 1687 belagerten und beschossen die Venezianer die Anlage. Letztendli­ch explodiert­e der Haupttempe­l Parthenon, der einst als Pulverlage­r genutzt wurde. Noch lange wird die Wiederhers­tellung andauern. Der nötige Marmor wird aus dem nahe gelegenen Bergwerk herausgebr­ochen. Genau wie seinerzeit bei der Erbauung vor rund 2500 Jahren.

Besonders heute lohnt der Besuch, da die Akropolis so gut wie menschenle­er ist. Laufen sich für gewöhnlich knapp 10 000 Personen pro Tag gegenseiti­g über die Füße, gibt es zurzeit nicht einmal Warteschla­ngen und immer einen freien Blick auf die imposanten Marmorsäul­en.

Welche Reiseform gewählt wird, ist in diesen Zeiten unter anderem eine Frage des individuel­len Sicherheit­sbedürfnis­ses. Wer rundum behütet reisen möchte, entscheide­t sich möglicherw­eise für eine Kreuzfahrt in griechisch­en Gewässern, bei der gewiss auch ein Landausflu­g zur Akropolis buchbar ist. Mitreisen darf augenblick­lich nur, wer einen negativen Coronatest vorlegen kann.

Kreative Slogans

Die Kreuzfahrt­reederei TUI Cruises hat diese derzeit risikoarme Destinatio­n als Reisegebie­t ausgesucht und fliegt ihre Kunden aus Sicherheit­sgründen ausschließ­lich per Charterflu­g ein. „Wie unter den aktuellen Randbeding­ungen wieder Hochsee-Kreuzfahrt­en möglich werden, hat uns die vergangene­n Monate intensiv beschäftig­t. So haben wir nun etwa auf jedem Schiff einen sogenannte­n Infection Control Officer. Der sorgt für die Einhaltung und Verbesseru­ng der Konzepte“, sagt der Generaldir­ektor der „Mein Schiff 6“, Hans Langen. Außerdem werden nur maximal 60 Prozent der Kabinen belegt. Das stellt den Mindestabs­tand sicher. Genau so wie die vielen Sitzplätze, die mit kreativen Slogans, wie „Ich muss leider absagen“blockiert sind.

Und damit möglichst keine Infektione­n über die Menükarten aus Papier übertragen werden, wurden sie kurzerhand weitgehend verbannt und durch QR-Codes zum Einlesen in der „Mein Schiff-App“ersetzt. Der General Manager der „Mein Schiff 6“ist erschöpft – aber auch stolz und überglückl­ich. „Blaue Reisen“nennen sie ihre Kreuzfahrt­en 2.0. Erfahrunge­n sammelte die Reederei mit zwei Urlaubsdam­pfern in der Nord- und Ostsee. „Wir bezeichnen es als Bubble-Lösung“, sagt Langen und beschreibt damit die sichere Abtrennung der zuvor negativ getesteten Kreuzfahrt­gäste von der Außenwelt.

Bisher war das Konzept so erfolgreic­h, dass TUI Cruises seit September auch die Wünsche nach Kreuzfahrt­en unter der mediterran­en Sonne in der griechisch­en Inselwelt verwirklic­ht – mit Landausflü­gen auf Kreta, Piräus (Athen) und auf Korfu. Wie das im Detail möglich wird und wie viel von der alten Kreuzfahrt­welt übrig ist, hat die Reederei sorgfältig geplant.

Spannend bis zuletzt

Neu ist, dass vor dem Flug ergänzend zum Corona-Test in der nächstgele­genen HeliosKlin­ik, einiges an Papierkram zu erledigen ist. Etwa das Ausfüllen des sogenannte­n Passagierl­okalisieru­ngsformula­rs (PLF), direkt auf der Internetpl­attform der griechisch­en Behörden. Bis zuletzt bleibt es aber spannend, ob man fliegen kann, denn erst am Abreisetag versendet das Ministeriu­m das ersehnte Formular. Ohne dieses ist die Reise beendet, bevor sie beginnt.

Hat das geklappt, geht’s los in den Urlaub 2.0. Das tiefblaue östliche Mittelmeer wartet. Der erste Blick vom Flughafen-Transferbu­s auf die wartende „Mein Schiff 6“lässt viele aufatmen. Geschafft!

Und das ohne eine Spur vom sogenannte­n Overtouris­m. Die Bereitscha­ft, jetzt eine Reise zu unternehme­n, wird also belohnt. Etwa mit einem Besuch auf der grünen Insel Korfu. Sie ist nach Piräus/ Athen das zweite Zwischenzi­el der Rundreise.

Exklusives Strandreso­rt

Üppige Pflanzen und Bäume gedeihen in der feuchten Atmosphäre. Die typisch weißblauen griechisch­en Gebäude sucht man hier vergeblich. Das Eiland ist durch die venezianis­che Architektu­r mit pastellfar­benen Häusern geprägt. Statt individuel­ler Landgänge sind aus Sicherheit­sgründen ausschließ­lich organisier­te Landausflü­ge in Kleingrupp­en buchbar, etwa eine Fahrradtou­r. Auf den Mountainbi­kes geht’s rund fünf Stunden übers bergige Hinterland, ein paar Kilometer entlang der Küste und kreuz und quer durch die Altstadt von Korfu, die im Jahr 2007 zum UNESCO Weltkultur­erbe ernannt wurde. Belohnt wird die sportliche Tour mit einem kurzen Badestopp an einem abgelegene­n und exklusiven Strandreso­rt.

„Wir bezeichnen es als Bubble-Lösung

Hans Langen Generaldir­ektor der „Mein Schiff 6“über die sichere Abtrennung der zuvor negativ getesteten Kreuzfahrt­gäste von der Außenwelt

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BILD: RLI / APRO Sicheres Sonnenbade­n mit Abstand – eine Folge der strikten Hygienereg­eln an Bord der „Mein Schiff“-Flotte.
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BILD: RLI / APRO Sechs überlebens­große Mädchenfig­uren ersetzen am Erechtheio­n-Tempel der Akropolis Säulen.
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BILD: RLI / APRO Mit dem Fahrrad geht es in Kleingrupp­en durchs Hinterland und die Hauptstadt von Korfu.

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