Lese-Tipps
Dave Eggers: Die Parade (Kiepenheuer & Witsch/KiWi, 2020, 178 Seiten, 20 Euro);
DAVE EGGERS: Der größte Kapitän aller Zeiten (KiWi, 2020; 125 Seiten, 14 Euro)
Man würde Dave Eggers zu nahe treten, bezeichnete man ihn als Krisengewinner, trotzdem profitiert der amerikanische Autor vom in seiner Heimat tobenden Kulturkrieg. Zwei seiner Bücher über den Zustand der USA aus dem Jahr 2019 sind bei uns gerade zeitgleich auf den Markt gekommen. Man hat die Wahl und – anders als bei den Präsidentschaftskandidaten – kann man beide nehmen.
Zwar spielt die „Die Parade“in einem nicht näher genannten Staat, doch nach den jüngsten Entwicklungen scheint das von einem Bürgerkrieg gespaltene Land gar nicht so weit weg vom derzeitigen Zustand der Vereinigten Staaten. Im Roman soll eine Straße die Menschen zwischen dem reichen Norden und dem armen Süden verbinden – und vor allem dem Präsidenten eine Militärparade ermöglichen. Der Plot ist interessant aufgebaut und kann durchaus als Kapitalismuskritik gelesen werden; die beiden Hauptpersonen, genannt „Vier“und „Neun“, allerdings sind holzschnittartig angelegt. Trotzdem bietet die spannende Geschichte einige ungeahnte Wendungen.
Man benötigt nicht sehr viel Fantasie, um zu erahnen, wer sich hinter dem GröKaZ im Titel, dem größten Kapitän aller Zeiten, verbirgt. AmerikaChronist Eggers („Der Circle“) hat sich in seiner Satire treiben lassen vom Geschehen im Weißen Haus und im TwitterNetzwerk (hier „Wegwischtafel“genannt). Der operettenhafte „Kapitän“steuert die „Glory“durch schwere See und bringt die Passagiere an den Rand des Wahnsinns. Man kann es sich gut vorstellen. Das Buch der Parallelen und Andeutungen liest sich gut durch, wobei man kleine Pausen zur Erholung des Zwerchfells einplanen sollte.