Sie sind meilenweit voneinander entfernt
So liefen die beiden Konkurrenz-Shows von Präsident Donald Trump und Herausforderer Joe Biden
Miami/Philadelphia – Nach der Absage ihres TV-Duells haben sich US-Präsident Donald Trump und Herausforderer Joe Biden zeitgleich in zwei Fernsehsendern Fragen von Wählern gestellt. Die Amerikaner mussten am Donnerstagabend (Ortszeit) entscheiden, ob sie Trump im Sender NBC oder Biden im Sender ABC verfolgen. Beide traten in Swing States auf, also in umkämpften Bundesstaaten, die bei der Präsidentenwahl am 3. November entscheidend sein könnten: der Republikaner Trump in Miami im Bundesstaat Florida, der Demokrat Biden gut 1600 Kilometer entfernt in Philadelphia im Bundesstaat Pennsylvania.
■ Hartnäckige Fragen
Moderatorin Savannah Guthrie nahm Trump in die Zange, der reagierte darauf mitunter gereizt. „Lassen Sie uns die ganze Show vergeuden“, sagte Trump, als ihn Guthrie auf die Verschwörungstheoretiker von QAnon anspricht, die auch unter seinen Republikanern Unterstützer haben. „Es ist diese Theorie, dass die Demokraten ein satanischer Pädophilenring sind und dass Sie der Retter davor sind“, sagte Guthrie. Ob Trump sich davon „ein für alle Mal“distanziere? „Ich weiß nichts über QAnon“, antwortete Trump genervt. „Lassen Sie mich Ihnen nur sagen: Was ich darüber höre, ist, dass sie sehr entschieden gegen Pädophilie sind, und dem stimme ich zu.“
■ Biden räumt Fehler ein
Im weitgehend leeren Auditorium in Philadelphia beantwortete Biden in aller Ruhe die Fragen der Wähler – es ging um den Kampf gegen die Co
rona-Pandemie, die umstrittene Polizeiarbeit, die Ungleichheit in der amerikanischen Gesellschaft. Die Wähler konfrontierten ihn auch mit Themen, die ungemütlich für Biden sind: Zum Beispiel mit einem Gesetz zur Kriminalitätsbekämpfung aus den 1990er Jahren, das Biden unterstützte und was viele für die Diskriminierung von Minderheiten verantwortlich machen. Biden räumte ein, es sei ein Fehler gewesen, das Gesetz zu unterstützen.
■ Millionen-Schulden
Anders als bei Auftritten vor Anhängern musste Trump sich kritische Fragen gefallen lassen – etwa zu seinen finanziellen Verhältnissen. Seine Schulden beliefen sich nur auf „einen winzigen Prozentsatz meines Nettovermögens“, sagte er. Die von der „New York Times“berichtete persönliche Schuldenhöhe von 421 Millionen Dollar schien er in etwa zu bestätigen. Er wollte sich zwar erst nicht festlegen, sprach dann aber selbst von „400 Millionen Dollar“.
■ Verpasste Gelegenheit „Er hat enorme Gelegenheiten verpasst und sagte immer wieder Dinge, die nicht wahr waren“, warf Biden dem Republikaner mit Blick auf dessen Umgang mit der Corona-Pandemie vor. „Wenn ein Präsident keine Maske trägt oder sich über Leute wie mich (...) lustig macht, dann sagen die Leute: Es wird schon nicht so wichtig sein‘“, sagte Biden. „Ich denke, es ist wichtig, was wir sagen.“
■ Erinnerungslücke
Präsident Trump wiederum wollte sich wieder nicht darauf festlegen, wann er vor seiner Covid-Erkrankung zuletzt negativ getestet worden war. „Ich erinnere mich gar nicht daran“, sagte er. Diese Frage ist wichtig, um zu klären, ob Trump womöglich noch bei Veranstaltungen war, obwohl er von einer Infektion wusste.
■ Zweifel an Ausdauer
Trump warf NBC vor, Biden zuletzt nur Fragen gestellt zu haben, die sogar Kinder beantworten könnten. Er sagte zudem, er hätte den Auftritt Bidens gern angeschaut, „weil ich sehen wollte, ob er es durch die Sendung schafft“. Der 74-Jährige unterstellt seinem 77-jährigen Herausforderer – den er als „schläfrigen Joe“verunglimpft – immer wieder mangelnde körperliche und geistige Fitness.
■ Biden überzieht
Dabei war Bidens Auftritt sogar länger als der von Trump. Während der Präsident sich eine Stunde lang Fragen stellte, waren es bei Biden 90 Minuten – in beiden Fällen gab es mehrere kurze Werbepausen. Biden überzog, weil ein Wähler erst nicht mit seiner Antwort zufrieden war.