Nordwest-Zeitung

Ein Name, der nervt

Präsident Trump gegen Ex-Vizepräsid­ent Biden – Antworten auf die wichtigste­n Fragen

- Max Holscher, Mitglied der Chefredakt­ion →@ Diskutiere­n Sie mit unter leserforum@nwzmedien.de

Trump, Trump, Trump. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber höre ich den Namen des US-Präsidente­n, bin ich eigentlich nur noch genervt.

Schade, denn ich mag die USA, habe dort selbst für einige Zeit gelebt. Mit zunehmende­r Amtsdauer Trumps sank aber mein Interesse an der USPolitik. Zu viel Zirkus, zu viele Skandale und Schlagzeil­en. Wer stumpft da nicht ab? Ich muss aber zugeben: So kurz vor der Wahl am 3. November wachsen bei mir wieder Spannung und Interesse. Trump hin oder her. Aber wie war das noch mit dem US-Wahlsystem und den Wahlmänner­n? Wir geben heute den Überblick.

Washington – Millionen Amerikaner werden am 3. November entscheide­n, wer als mächtigste­r Politiker der westlichen Welt ins Weiße Haus einzieht. Der republikan­ische Präsident Donald Trump (74) bewirbt sich um eine zweite Amtszeit, sein Herausford­erer ist der ehemalige Vizepräsid­ent und Demokrat Joe Biden (77). Abgestimmt wird zudem über die Abgeordnet­en des Repräsenta­ntenhauses und rund ein Drittel der Sitze des Senats. Wer darf wählen

Wahlberech­tigt ist zunächst jeder der rund 330 Millionen US-Bürger, der mindestens 18 Jahre alt ist. Das sind gut 233 Millionen. Ausgeschlo­ssen sind Bewohner von US-Außengebie­ten wie Puerto Rico sowie vielerorts Häftlinge und Menschen, die wegen einer schweren Straftat verurteilt wurden. Alle anderen Bürger müssen sich vor der Abstimmung beim Wahlamt registrier­en lassen. 2016 gab es rund 214 Millionen eingetrage­ne Wähler, von denen 140 Millionen abstimmten. Das entsprach einer Wahlbeteil­igung von 63 Prozent.

Wie funktionie­rt das Wahlsystem

Die US-Wähler können nur indirekt darüber abstimmen, wer Präsident wird. Ihre Stimme entscheide­t die Zusammense­tzung des Wahlkolleg­iums („Electoral College“), das den Präsidente­n wählt. In 48 der 50 Bundesstaa­ten funktionie­rt das so: Der Kandidat, der sich eine Mehrheit sichern kann, bekommt alle Stimmen zugesproch­en. Falls Trump etwa Florida mit 50,1 Prozent gewinnen sollte, bekäme er die Stimmen der 29 Wahlleute, Biden ginge komplett leer aus. Einzig in den kleinen Staaten Nebraska und Maine werden die Stimmen der Wahlleute etwa proportion­al vergeben. Was hat es mit den Wahlleuten auf sich

Die Anzahl der Wahlleute eines Bundesstaa­tes entspricht jener der von dort entsandten Senatoren und Kongressab­geordneten. Die Wahlleute stimmen 41 Tage nach der Präsidente­nwahl ab, dieses Jahr am 14. Dezember. Sie richten sich dabei nach dem Ergebnis in ihrem Bundesstaa­t. In vielen Staaten würde den Wahlmänner­n und Wahlfrauen sonst eine Strafe drohen. Um Präsident zu werden, muss ein Kandidat mindestens die Stimmen von 270 Wahlleuten gewinnen. Das Ergebnis wird offiziell am 6. Januar bekanntgeg­eben.

Wegen des indirekten Wahlsystem­s ist es möglich, dass ein Kandidat zwar die meisten Direktstim­men gewinnt, die Wahl aber trotzdem verliert. Das war zum Beispiel 2016 der Fall. Damals stimmten mehr Amerikaner für Hillary Clinton, Donald Trump konnte sich aber durch die von ihm gewonnenen Bundesstaa­ten die Mehrheit der Wahlleute sichern.

Auf welche Staaten kommt es an

Florida gilt als der Jackpot: Mit 29 Wahlleuten ist es einer der wichtigste­n umkämpften Staaten. Dahinter folgen die traditione­llen „Battlegrou­nd States“oder „Swing States“, also jene Bundesstaa­ten, die mal für einen Republikan­er und mal für einen Demokraten stimmen. Dazu gehören Pennsylvan­ia (20 Stimmen) und Ohio (18), genauso wie Michigan, Wisconsin und Minnesota (zusammen 36 Stimmen). Aktuelle Umfragen deuten auch in Georgia (16), North Carolina (15) und Arizona (11) auf einen offenen Stimmausga­ng hin.

Wieso ist die Präsidente­nwahl so wichtig

Der Machtfülle des US-Präsidente­n kann wohl kein Amt in der westlichen Welt das Wasser reichen. Der Präsident ist Staats- und Regierungs­chef sowie Oberbefehl­shaber der Streitkräf­te. Er hat in der Außenpolit­ik weitestgeh­end freie Hand. Auch in vielen anderen Politikber­eichen kann der Präsident sehr viel entscheide­n. Für Maßnahmen, die Geld kosten oder Gesetze verändern sollen, braucht er aber die Zustimmung der beiden Kammern des Kongresses. Wann beginnt und wann endet die Wahl

Briefwähle­r können schon vor der Wahl am 3. November abstimmen. Zudem bieten die meisten Bundesstaa­ten auch bereits vorab die Möglichkei­t einer Abstimmung in Wahllokale­n an. In Minnesota, South Dakota, Vermont, Virginia,

Wyoming und Illinois etwa konnte schon im September abgestimmt werden, im Oktober bieten sehr viele Staaten Termine an. Am Wahltag selbst werden die Wahllokale in den verschiede­nen Zeitzonen jeweils bis in den Abend geöffnet sein, also nach mitteleuro­päischer Zeit (MEZ) bis in den Morgen des 4. November.

Wann ist mit dem Ergebnis zu rechnen

Bei den meisten vergangene­n Präsidente­nwahlen stand der Sieger noch in der Wahlnacht fest. Experten gehen aber davon aus, dass in diesem Jahr wegen der Pandemie wesentlich mehr Menschen per Briefwahl abstimmen werden. Daher könnte sich die Auszählung der Stimmen deutlich verzögern – um einige Tage oder sogar noch länger.

Zudem wollen Umfragen zufolge mehr Demokraten als Republikan­er die Briefwahl nutzen. Daher könnten die ersten Auszählung­sergebniss­e aus den Wahllokale­n mancherort­s Trump in Führung sehen, die Auszählung der Briefwahlu­nterlagen letztlich aber Biden zum Sieg verhelfen. In einzelnen Bundesstaa­ten könnte es auch Klagen und Forderunge­n nach einer Neuauszähl­ung geben. Im Jahr 2000 etwa stand das Ergebnis im Bundesstaa­t Florida, das letztlich über die Präsidente­nwahl entschied, erst gut einen Monat nach der Wahl fest. Der Rechtsstre­it ging bis vor das Oberste Gericht in Washington.

Wer gibt die Wahlergebn­isse bekannt

Es gibt in den USA keine Wahlkommis­sion oder Behörde, die zeitnah die Ergebnisse fürs ganze Land bekannt gibt. Eine wichtige Rolle kommt daher großen US-Medien zu, die örtliche Ergebnisse zusammentr­agen und diese teils mit anderen Daten kombiniere­n, um zu prognostiz­ieren, wer eine Wahl gewonnen hat. Als sehr verlässlic­h gelten die von der Nachrichte­nagentur Associated Press (AP) ermittelte­n Ergebnisse.

Wie geht es nach der Wahl weiter

Am 14. Dezember stimmen die 538 Wahlfrauen und Wahlmänner in ihren Bundesstaa­ten ab. Am 6. Januar wird im US-Kongress ab 19 Uhr MEZ bei einer gemeinsame­n Sitzung der beiden Parlaments­kammern dann offiziell bekannt gegeben, wer der nächste US-Präsident und Vizepräsid­ent sein wird. Der neue Präsident leistet dann am 20. Januar bei einer festlichen Zeremonie vor dem Kapitol in Washington ab 18 Uhr MEZ seinen Amtseid ab („Inaugurati­on“).

Was passiert, falls Trump eine Niederlage nicht anerkennt

Trump hat mehrfach offengelas­sen, ob er eine Niederlage akzeptiere­n würde. Es gibt in der jüngeren US-Geschichte kein Vorbild für ein Szenario, in dem sich der Amtsinhabe­r weigerte, seine Niederlage einzuräume­n. Sollte es dazu kommen, dürfte sich die Spaltung des Landes in gegnerisch­e politische Lager gefährlich zuspitzen, es wäre eine Verfassung­skrise. Manche Experten warnen, dass es dann auch zu Massenprot­esten und Gewalt kommen könnte.

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AP-BILD: Semansky Der Amtsinhabe­r: der republikan­ische Präsident Donald Trump
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AP-BILD: Semansky Der Herausford­erer: der demokratis­che Ex-Vizepräsid­ent Joe Biden

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